Multimedikation: Nicht nur ältere Menschen nehmen so viele Medikamente ein, dass ihre Wirkstoffe einander schaden können.

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Wie sich das vermeiden lässt, erklärt die Gesundheitswissenschaftlerin Marjan van den Akker in der F.A.Z.-Reihe "Wissenschaft im Dialog".

Es gibt Medikamente, die stehen sich gegenseitig im Weg. Johanniskraut verträgt sich oft nicht gut mit Antidepressiva, Ibuprofen kann die Wirkung von Entwässerungstabletten aufheben. So weit, so übersichtlich. Was aber, wenn regelmäßig nicht nur zwei Medikamente, sondern fünf miteinander kombiniert werden?

Eindeutige Antworten kann die Wissenschaft darauf bisher kaum geben. Bei fünf oder mehr Wirkstoffen seien Wechselwirkungen kaum vorhersehbar, meint Marjan van den Akker, Gesundheitswissenschaftlerin und Epidemiologin an der Universität Frankfurt. In der Veranstaltung "Wissenschaft im Dialog", die von der Polytechnischen Gesellschaft, dem Kunstgewerbeverein Frankfurt und der F.A.Z.-Vorteilswelt organisiert wird, spricht sie am Montagabend mit F.A.Z.-Redakteur Sascha Zoske über Risiken der Multimedikation.

Immer mehr junge Menschen betroffen

Von der ist in der Wissenschaft die Rede, wenn ein Patient regelmäßig mehr als vier Medikamente einnimmt. Einer Multimedikation liege oft eine Vielzahl chronischer Erkrankungen zugrunde, sagt van den Akker: "Ab einem Alter von 65 Jahren rechnen wir damit, dass mindestens drei Viertel der Menschen mehrfach erkrankt sind." Und doch zeige sich auch unter jungen Menschen eine steigende Multimorbidität, also eine Mehrfacherkrankung, die über mehr als sechs Monate andauere. "Bei Jugendlichen und im Kindesalter sehen wir Diabetes Typ 2, was bis vor einigen Jahrzehnten noch als Alterserkrankung bekannt war", sagt die Professorin. Hinzu kämen oft psychische Krankheiten wie Depressionen oder ADHS.

Wird jede Erkrankung von einem anderen Arzt begleitet, steigt laut van den Akker das Risiko einer gesundheitsschädigenden Multimedikation. Der Gesamtüberblick über die Arzneimittel gehe verloren, etwaige Wechselwirkungen würden wahrscheinlicher. Gerade, wenn im Krankenhaus die medikamentöse Therapie verändert würden, fehle oft die Absprache mit dem Hausarzt. Manchmal nähmen Patienten die neuen Arzneien ergänzend zu alten, eigentlich abzusetzenden, und dosierten damit im schlimmsten Fall doppelt.

Medikamentenplan sollte präzise geführt werden

Große Hoffnungen setzt die Gesundheitswissenschaftlerin daher in die elektronische Patientenakte, die im Januar flächendeckend für gesetzlich Versicherte eingeführt werden soll. Hausärzten könne der Überblick über Verschreibungen anderer Ärzte damit erheblich erleichtert werden, sagt sie.

Bis dahin sei es jedoch umso wichtiger, dass Medikamentenpläne präzise geführt würden. Verschreibungspflichtige Arzneimittel, die eingenommen würden, gehörten ebenso aufgelistet wie frei verkäufliche, meint van den Akker. Jede Salbe, jedes Kraut oder Vitaminpräparat sollte im Idealfall vom Hausarzt notiert werden: "Besser es steht zu viel drauf, als zu wenig."

Künstliche Intelligenz hilft in der Forschung

Doch dafür braucht es auch die Mithilfe des Patienten. Mehr als die Hälfte aller Dauermedikamente werde nicht richtig eingenommen. Oft seien Patienten überfordert. "Die einzige Strategie, die helfen kann, ist es, das offenzulegen", sagt van den Akker. Gerade dann sei es wichtig, dass Patienten einen Medikamentenplan einforderten und ihn gemeinsam mit ihrem Hausarzt durchgingen.

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Dringend vermeiden sollten Kranke es hingegen, Chatbots um Rat zu fragen. Das gehe oft schief, sagt sie. An anderer Stelle könnte Künstliche Intelligenz jedoch durchaus hilfreich sein. In der Forschung kann sie laut van den Akker dazu beitragen, bisher unerkannte Wechselwirkungen zu identifizieren. Gefahren, die von einer Multimedikation ausgehen, könnte damit künftig besser vorgebeugt werden.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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