Aufräum-Tipps vom Profi: Zu Jahresbeginn dominieren die guten Vorsätze – viele Menschen wollen sich neu und vor allem besser strukturieren. Das kann auch am Arbeitsplatz nützlich sein.
Das neue Jahr animiert zu guten Vorsätzen: Auch der Arbeitsalltag könnte ein wenig flotter von der Hand gehen, alles sollte künftig klarer strukturiert sein, kein Chaos mehr jegliche Kreativität im Keim ersticken, keine Zettelwirtschaft ewige Suchen in Gang setzen. Doch wie setzt man das um, ohne gleich wieder die Lust zu verlieren?
Ordnungscoaches wie Sabine Nietmann helfen dabei, den inneren Schweinehund nicht nur kurzfristig zu besiegen, sondern dauerhaft an die Leine zu legen. Aus ihrer Wohnung im Frankfurter Nordend heraus hat sie vor sechs Jahren das Unternehmen The Organicer gegründet und sorgt dafür, dass in Kellern, Kleiderschränken und Küchen sowie im Büro Ordnung und Struktur einkehren.
Nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmen von Banken bis hin zur Kita heuern sie dafür an. Mehr als 500 Menschen hat sie bereits dabei geholfen, mit System mehr Ordnung zu schaffen – und das auch noch auf ästhetisch ansprechende Weise.
Alles rausholen für den Überblick
"Ordnung hat aber nicht nur mit Ästhetik und mehr Wohlbefinden bei der Arbeit zu tun, sondern spart in Unternehmen auch oft bares Geld", sagt die Siebenunddreißigjährige. Jeder Mitarbeiter habe zwar ein eigenes Ordnungsbedürfnis – deshalb dürfe in einem Unternehmen auch ein Schreibtisch chaotischer aussehen als der andere –, aber ein übergeordnetes Gemeinschaftssystem gehöre zwingend dazu.
"Auch der nach außen so perfekt wirkende
In Firmen versucht sie, vor allem die Mitarbeiter für ein allgemeines Ordnungssystem zu gewinnen, die daran auch Freude haben, und baut auf den ansteckenden Effekt. Sie systematisiert beispielsweise die Bestellung von Büromaterial und schafft zentrale Orte, wo dieses gelagert und verteilt wird. Dadurch ließe sich schnell einiges einsparen. Auch im heimischen Büro kennt jeder die vielen Schubladen, in denen sich von Blocks über Stifte bis hin zu Mappen schnell vieles ablagert.
Der Profitipp lautet hier: alles rausholen für den Überblick – und Gleiches zu Gleichem sortieren. Dabei stellt man schnell fest, dass der Bedarf an Büro- und Heftklammern für die nächsten Jahrhunderte gesichert ist, aber kaum noch einer der fünfzig Kugelschreiber wirklich schreibt. Was absehbar nicht benötigt wird, wird umgehend entsorgt.
Nach dem Motto "Arbeitszeit ist Lebenszeit" rät Nietmann, nach gründlichem Ausmisten den Arbeitsplatz nicht nur effektiv, sondern auch schön zu gestalten: "Frische Blumen, ein schöner Stift, die Lieblingstasse oder eine schöne Karaffe mit Wasser, eine Duftkerze und Fokus-Musik im Hintergrund." An Duft und Musik dürften sich die Geister im Großraumbüro scheiden. Persönliche Gegenstände am Arbeitsplatz sollten zudem minimiert werden, um Ablenkungen zu vermeiden. "Pflanzen oder Blumen steigern aber nachweislich Motivation und Stimmung."
Nietmann, die im Hauptberuf als Flugbegleiterin arbeitet, rät zu einheitlicher und sinnvoller Farbgebung, Benennung und Beschriftung bei Ordnern, um möglichst wenig visuelle Ablenkung zu schaffen. "Man sollte immer hübsche und zugleich smarte Ordnungshelfer verwenden und vor allem für die Papierflut ein individuell passendes System finden in Form von Ablage, Hängeregister oder Dokumentenbox, das Ordnung halten erleichtert." Auch Schubladenboxen seien sinnvoll. "Alles muss seinen festen Platz haben, und Stapel von Dingen müssen möglichst vermieden werden." Selbst Briefumschläge oder Dokumentenmappen lagert sie deswegen hochkant.
"Wenn Ordnung geschaffen ist, sollte man Routinen einführen und sie auch strikt einhalten." Dabei helfen Fotos mit dem optimalen Ordnungszustand an der Wand, auch wenn sich mehrere Personen einen Arbeitsplatz teilen. Der Schreibtisch und der Computer sollten jeden Tag zum Feierabend aufgeräumt werden.
Im Homeoffice helfe es zudem, sich immer "bürofertig" zu machen, also ordentlich angezogen und eventuell auch geschminkt zu sein. "Bitte nicht der Versuchung nachgeben und vom Sofa oder Bett aus im Schlaf- oder Jogginganzug arbeiten." Um Papierberge einzudämmen, rät Sabine Nietmann dazu, nur auszudrucken, was unbedingt nötig ist, und zu überlegen, welche Newsletter oder andere Dauerberieselungen abbestellt werden können, weil sie wenig Erkenntnis bringen, aber Aufmerksamkeit abziehen.
Expertin rät zu multifunktionalen Möbeln
Was digital versendet und gespeichert werden kann, solle man auch so verwalten – aber eben auch für ein Backup sorgen. "Jeglicher Papierkram muss zudem regelmäßig ausgemistet werden, wobei Lagerfristen von drei bis zehn Jahren beachtet werden müssen." Zehn Jahre etwa müssen Steuerunterlagen von Selbständigen und Unternehmen aufbewahrt werden, Privatleute sind mit drei bis vier Jahren besser dran.
Jedem rät Nietmann, im häuslichen Büro einen sogenannten "Feuer-Ordner" anzulegen – mit allen wichtigen Dokumenten (Geburtsurkunde, Versicherungsscheine), für den Fall, dass es tatsächlich einmal brennt. "Dann hat man mit einem Griff alles bereit", was auch ohne Brand das Leben erleichtere.
Im Büro rät sie zu multifunktionalen Möbeln. "Schreibtische mit integriertem Stauraum, Modelle mit Schubladen, Fächern oder versteckten Ablagen bieten Platz für Arbeitsmaterialien." Wer zusätzlich Boxen, Kisten und Körbe, Wandregale, schwebende Borde oder Kabelverstecke benötigt, wird nicht nur bei Einrichtungshäusern oder dem gehobenen Bürobedarf fündig.
In einer großen Auswahl hat Nietmann auf ihren Internetseiten zusammengestellt, was sie als besonders gut und nützlich empfindet und bei ihren Kunden einsetzt. Wenn man über den jeweiligen Link bestellt, bekommt sie eine geringe Provision. Das gehört ebenfalls zum professionellen Teil ihres Jobs, macht die Produkte für den Verbraucher aber nicht teurer. Die Übersicht ist kostenlos für jeden zugänglich.
Pausen einplanen
Durch Fernsehsendungen mit dem Hessischen Rundfunk ist Nietmann bekannt geworden als die Frau, die unter den Dächern des Rhein-Main-Gebiets Ordnung schafft – mit charmantem Lächeln, aber rigoros. Was sie bei anderen ausmistet, lässt sie meist karitativen Organisationen zukommen. Ihre Tipps sind so gefragt, dass sie die Warteliste für persönliche Termine zwischenzeitlich geschlossen hat und nur noch Stammkunden hilft.
"Die Nachfrage ist einfach zu groß, und die meisten Menschen, die mich aus Zeitungsberichten oder dem Fernsehen kennen, wollen eben nicht von Mitarbeiterinnen betreut werden, sondern von mir selbst." Doch auch ihr Tag hat nur 24 Stunden, auch wenn ihr eigener Schreibtisch beispielhaft organisiert ist. Ihren Job als Flugbegleiterin will sie nicht aufgeben. "Klare Zonen schaffen", ihre Devise für die Büroorganisation, gilt eben auch im täglichen Leben.
Im Homeoffice ist laut Nietmann wichtig, dass man unbedingt einen festen Arbeitsplatz einrichtet und nicht vom Küchentisch auf das Sofa oder die Terrasse umziehen sollte. Arbeiten sollte vom Wohnen getrennt sein. "Falls das nicht möglich ist, schafft man sich einen möglichst abgeschirmten Arbeitsbereich, den man abends aber immer freiräumt, damit man auch wirklich Feierabend machen kann." Hilfreich seien dabei ebenfalls Körbe, in denen man die Arbeitsmittel organisieren und wegräumen kann. "Nutzen Sie hübsche, ästhetische und vor allem sinnvolle Ordnungshelfer."
Durch die Belastung von Job und eigenem Unternehmen hat sie schnell gelernt, dass man immer auch Pausen einplanen muss im Arbeitsalltag. "Eine Trinkflasche auf den Schreibtisch stellen und bis zum Ende des Tages leeren", lautet Nietmanns Tipp. Für eine laute Umgebung empfiehlt sie Kopfhörer, die Geräusche ausblenden, Benachrichtigungen auf dem Smartphone und PC schaltet sie während der Arbeitszeit konsequent aus.
"Bewegung und Frischluftpausen sollten alle 60 bis 90 Minuten eingebaut werden, um Verspannungen vorzubeugen." In der Mittagspause hilft schon ein kurzer Spaziergang – sie selbst macht Yoga oder Meditation. Und öffnet das Fenster weit, um neue Energie zu tanken. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.