Rechtsextreme Chatgruppen: Die Chatgruppe "Itiotentreff", in der sich Frankfurter Polizeibeamte rassistische und antisemitische Inhalte zugeschickt hatten, beschäftigt weiter die Gerichte.
Das Polizeipräsidium hat eine Disziplinarklage eingereicht, um die Beamten aus dem Dienst zu entfernen.
Im Fall der Chatgruppe "Itiotentreff", die aus mehreren Beamten des 1. Polizeireviers in Frankfurt bestand, hat das Frankfurter Polizeipräsidium nun Disziplinarklage beim Verwaltungsgericht Wiesbaden eingereicht. Sie zielt darauf ab, die Polizisten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Das teilte das hessische Innenministerium am Dienstag mit. Gegen die Beamten war unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt worden.
Innenminister Roman Poseck (CDU) sagte, er sei dem Polizeipräsidium Frankfurt "für das entschlossene und konsequente Handeln dankbar". Rassismus und Menschenverachtung hätten in der Polizei keinen Platz. Daher gehe man "mit allen Möglichkeiten des Rechtsstaats gegen die vier Beamten und ihre unerträglichen Chatnachrichten vor".
"Schwer erträgliche Inhalte"
Das disziplinarrechtliche Verfahren war, wie es in solchen Fällen üblich ist, während des Strafverfahrens ausgesetzt. Nachdem dieses jedoch mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 15. Juli 2024 beendet wurde, hat das Polizeipräsidium die disziplinarrechtliche Bewertung wiederaufgenommen. Wie das Innenministerium mitteilte, hat einer der Polizisten inzwischen von sich aus beantragt, aus dem Beamtenverhältnis entlassen zu werden.
Strafrechtlich wurden die Beamten nicht belangt. Das Oberlandesgericht hatte damals entschieden, dass eine Strafbarkeit der Chatinhalte nicht vorliege, weil der in Betracht kommende Tatbestand des "Verbreitens" von Inhalten in diesem Fall nicht gegeben sei. Es habe sich um einen geschlossenen Chat weniger Beamter gehandelt.
Gleichwohl hatte das Oberlandesgericht damals konstatiert, dass es sich in der Chatgruppe "Itiotentreff" um "in erheblichem Umfang teilweise nur schwer erträgliche menschenverachtende, rechtsextreme, gewaltverherrlichende, antisemitische, ableistische und rassistische Inhalte" gehandelt habe. "Dies begründet erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue der im Polizeidienst tätigen Angeschuldigten und erfordert dienstrechtliche Konsequenzen."
Innenminister Poseck sagte weiter, er halte es für "richtig, dass hier die schwerwiegendste Maßnahme, die das Disziplinarrecht bereithält, zur Anwendung kommt. Die widerwärtigen Inhalte der Chats machen diesen Schritt notwendig. Über das Weitere wird nun das Verwaltungsgericht Wiesbaden zu entscheiden haben."
Die Chatgruppe "Itiotentreff" war Ende 2018 vor allem deshalb bekannt geworden, weil sie im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Drohbriefserie NSU 2.0 stand. Das erste Schreiben der Serie war damals an die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz geschickt worden. Als die Polizei daraufhin Ermittlungen aufgenommen hatte, kam heraus, dass ihre privaten Daten, die in dem Schreiben verwendet wurden, von einem Computer im 1. Polizeirevier in Frankfurt abgerufen worden waren.
Die Polizei durchsuchte daraufhin die Räumlichkeiten und stellte unter anderem Mobiltelefone von Beamten sicher, die Zugang zu dem Computer hatten. Darüber erlangten sie Kenntnis von der Chatgruppe. Später wurde ein Mann aus Berlin als Verfasser der Drohbriefserie verurteilt. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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