Initiative für Denkmalschutz: Kritik einer Initiative: Römisches Theater, Drususstein und Römersteine sind nur drei Beispiele dafür, dass Mainz zu wenig auf seine Denkmäler achtet.

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Am Römerlager, Germanikus- und Trajanstraße, Augustusplatz, Kästrich und Drususwall: Bei der Benennung ihrer Straßen haben die Mainzer einst aus dem Vollen geschöpft, um an ihre glanzvolle römische Vergangenheit zu erinnern. Schließlich entfaltete das um 13 vor Christus an der Mainmündung gegründete Mogontiacum mit seinem auf einer Anhöhe geschaffenen Legionärslager über Jahrhunderte hinweg große Strahlkraft – als Zentrum der Provinz Germania superior. Vom einstigen Glanz ist beim Spaziergang durch die am Rhein gelegene Stadt heutzutage allerdings nicht mehr viel zu erkennen. Das bis ins nächste Jahr hinein geschlossene Römerschiffmuseum, das völlig umstrukturiert werden soll, und der im Untergeschoss einer Einkaufspassage eingepasste Isis-Tempel sind unstrittig jene beiden Mainzer Orte, an denen römische Geschichte am anschaulichsten vermittelt werden kann. In den Sammlungen und Magazinen des Landesmuseums und des Leibniz-Zentrums für Archäologie lassen sich zwar durchaus weitere Schätze entdecken, in der Stadt selbst sucht man danach jedoch meist vergeblich.

Das römische Erbe besser zu pflegen, stärker herauszuputzen und so für Touristen begreifbar zu machen ist denn auch die zentrale Forderung der Initiative Römisches Mainz (IRM), die gemeinsam mit einigen Verbündeten ein Gesamtkonzept verlangt und dabei vor allem die Stadt, also etwa Kultur-, Bau- und Umweltdezernat, in der Pflicht sieht. Mainz brauche sich vor anderen Römerstädten wie Trier und Köln nicht zu verstecken, sagte der frühere Landesarchäologe Gerd Rupprecht am Freitag im Gespräch mit Medienvertretern. Man sei nicht schlecht aufgestellt, müsse aber daran arbeiten, herausragende Funde, wie das Ende der Neunzigerjahre unterhalb der Zitadelle teilweise freigelegte antike Bühnentheater, sichtbar und auch wieder nutzbar zu machen.

Ein weiterer Hotspot könnten und sollten aus Sicht derjenigen, die ein "Update für das römische Mainz" fordern, die Pfeilerstümpfe einer antiken Wasserleitung sein, die einst von den Quellen bei Finthen bis zum Castrum auf dem heutigen Kästrich führte. Zwar werden die Reste des Aquädukts schon seit geraumer Zeit gereinigt und konserviert. Allerdings lasse es die Stadt zu, dass wild wachsendes Grün und viel zu nahe an den Römersteinen stehende Bäume die Erhaltungsarbeiten voraussichtlich rasch wieder zunichtemachen dürften. Auf diesen Missstand und auch darauf, dass ein mobiles Toilettenhäuschen viel zu nahe an den bedeutenden Relikten aufgestellt worden sei, hätten die Initiative Römisches Mainz und der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz schon im Dezember 2023 in einem Schreiben an Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) hingewiesen, erklärte der IRM-Vorsitzende Christian Vahl. Auf eine Antwort aus dem Rathaus warte man allerdings bis heute.

Zwischenzeitlich haben jene, die sich Sorgen um das römische Erbe der mehr als 2000 Jahre alten Stadt machen, eine Liste mit 32 herausragenden Orten und Fundstücken zusammengestellt. Von denen seien aber die allermeisten derzeit nicht in dem Zustand, der wünschenswert wäre. Neben Römersteinen und Römischem Theater sei der Drususstein in der Zitadelle, der sich schon seit Jahren "in der Sanierung" befinde, ein weiteres Sorgenkind. Aktuell sehe es so aus, als wolle die Stadt die ursprünglichen Pläne aufgeben, zumindest eine Ecke des Steinturms zu rekonstruieren. Doch genau das, was nun womöglich eingespart werde, hätte künftigen Betrachtern vermittelt sollen, wie das seinerzeit zu Ehren des jung verstorbenen Feldherrn Drusus erbaute Grabdenkmal früher einmal ausgesehen haben dürfte. Die am Bauzaun angebrachten Visualisierungen zeigten inzwischen aber nur mehr einen etwa 20 Meter hohen Steinturm, so Hartmut Fischer, der ehemalige Leiter des Mainzer Denkmal- und Sanierungsamts. Alle Hinweise auf die anfangs geplante Teilrekonstruktion einer Turmecke seien auf den Infotafeln getilgt worden.

Mainz ist reich an Geschichte

Neben diesen drei Großbaustellen gebe es auch an anderen Orten Grund zum Klagen: etwa an der Abtsgasse, wo zwei römische Steinsarkophage achtlos abgelegt worden seien; oder im Gonsbachtal, wo man aktuell fast nichts mehr von der freigelegten römischen Reitanlage erahnen könne. Anderswo seien Infotafeln verdreckt oder mit Farbe besprüht worden. Oftmals fehlen laut Fischer an Fundstellen und Denkmälern auch nur Hinweisschilder oder wichtige Aktualisierungen.

Die 32 von ihm und seinen Mitstreitern ausgewählten römischen Orte in Mainz sollen in einer Broschüre, die noch in diesem Jahr erscheinen soll, aufgelistet und beschrieben werden, um an der Römerzeit interessierten Bürgern etwas an die Hand geben zu können. Dank Sponsoren werde es möglich sein, das Booklet mit dem Titel "Mainzer Kulturdenkmäler aus römischer Zeit" unentgeltlich unters Volk zu bringen, ließ der frühere Kulturdezernent Peter Krawietz wissen.

Die Stadt sei zweifellos reich an Geschichte und ein Teil davon, wie die Zeit der Mainzer Republik und das jüdische Mainz, seien mittlerweile recht gut erforscht und dokumentiert, sagte Krawietz. Mit der Initiative, ein Gesamtkonzept für das römische Mainz zu schaffen, wolle man einerseits rasch, günstig und unkompliziert kleinere Mängel beseitigen lassen. Andererseits wolle man hinweisen auf die großen Herausforderungen, wie eine angemessene Präsentation des einst größten römischen Bühnentheaters nördlich der Alpen sowie der bis zu 25 Meter hohen Römersteine. So wäre es schon eine Überlegung wert, ob es sich nicht doch lohnen könnte, im Zaybachtal wenigstens zwei oder drei Bögen des einstigen Aquädukts nachzubauen, um so die einstige Größe des Bauwerks deutlich zu machen.

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Beim Römischen Theater, für das es erste konzeptionelle Überlegungen gibt, warnt die Initiative jedoch vor "frühen Vorfestlegungen" seitens der Stadt. Besser wäre es, noch einmal grundsätzlich über das Vorhaben zu sprechen. Genügend gute Ideen gebe es: zum Beispiel jene, die oberhalb der Grabungsstelle gelegene und selbst unter Denkmalschutz stehende evangelische Lutherkirche künftig nur mehr für Hochzeiten und Taufen zu öffnen und das 1949 errichtete Gebäude ansonsten als Ausstellungsraum und Infozentrum für Besucher des Römischen Theaters zur Verfügung zu stellen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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