Geldverschwendung: Einmal im Jahr wirft der Bund der Steuerzahler einen kritischen Blick auf öffentliche Ausgaben. Gut so, auch wenn man über die im Buch vorgenommenen Bewertungen im Einzelfall streiten mag.

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Vielleicht sollte man das alljährlich vom Bund der Steuerzahler vorgelegte Schwarzbuch künftig besser als "Weißbuch" bezeichnen. Denn der gemeinnützige Verein – Robin Hood der Besteuerten, Rächer der vom Fiskus Enterbten und Beschützer aller hilflos einer anonymen Staatsbürokratie ausgelieferten Individuen – prangert nach dem Motto "Ich weiß da mal was" immer wieder auch Fälle an, in denen es bei genauerem Hinsehen gar nicht um die unverantwortliche Verschwendung öffentlicher Gelder geht. Nicht selten werden auch gut begründete demokratische Entscheidungen von Kommunalpolitikern kritisiert.

Ob die Ausgaben für ein neues Bürgerhaus, eine Sporthalle, einen Theater- oder Opernbau objektiv unverantwortlich oder lediglich vom persönlichen Standpunkt des Betrachters aus gesehen exorbitant sind, lässt sich eben nur in den wenigsten Fällen sagen. Wenn zum Beispiel die Mehrheit der Frankfurter Stadtverordneten einen Neubau der Städtischen Bühnen – Schauspiel und Oper – favorisiert und dafür, Stand jetzt, rund 1,3 Milliarden Euro auszugeben bereit ist, dann mag man das ungeheuer teuer oder für eine lohnende Investition in die kulturelle Bildung halten. Für beide Einschätzungen gibt es überzeugende Argumente.

Und wenn dann, irgendwann gegen Ende des nächsten Jahrzehnts, die Neubauten für Schauspiel und Oper in Frankfurt eröffnet werden und die Kosten das Zwei- bis Dreifache der jetzt angesetzten Summe erreichen, war das dann Verschwendung von Steuermitteln oder die demokratisch legitimierte Konzentration öffentlicher Ausgaben? Für die 2016 in Hamburg fertiggestellte Elbphilharmonie waren ursprünglich weniger als 100 Millionen Euro eingeplant, am Ende kostete das imposante Gebäude fast das Achtfache. Dafür ist es allerdings auch zu einer Sehenswürdigkeit geworden, deren ideeller Wert für die Hansestadt sich kaum in Euro bemessen lässt.

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Dennoch muss es erlaubt sein, Milliardenprojekte wie in Frankfurt und Hamburg infrage zu stellen. Und genau deshalb ist und bleibt der Bund der Steuerzahler unter dem Strich ein wichtiger Mahner für einen zurückhaltenderen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Die schrillen Alarmrufe des Bundes, wie sie sich in dessen Schwarzbuch manifestieren, verhallen zwar leider allzu oft ungehört. Trotz allem sind die selbsternannten "Wächter der Finanzpolitik" ein geachteter und manchmal auch gefürchteter Partner der Politik.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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