Schwalbach: Wenn ein großer Gewerbesteuerzahler wie Samsung fortzieht, belastet das den Stadthaushalt stark. Der Haushalt sieht daher einige schmerzhafte Einschnitte vor.
Die Stadt muss sparen. Nach dem Verlust der Samsung-Zentrale am 30. September und vor dem Wegzug von Continental und dem Perückenhersteller Ellen Wille im Jahr 2026 bleibt der Stadt keine andere Möglichkeit. Immerhin kam der Umzug der Samsung-Zentrale mit Ansage, die Stadt konnte sich darauf vorbereiten. Im Fall von Continental war das anders, hier wurde selbst der Magistrat kalt erwischt. Doch allein der Verlust von Samsung bedeutet harte Einschnitte: 2024 sind die Erträge der Stadt mit 58,2 Millionen Euro eingeplant, für 2025 geht der Plan nur noch von 40 Millionen Euro aus. Das ist ein Rückgang von 19,6 Millionen Euro binnen eines Jahres, und diese knapp 20 Millionen fehlen auch in jedem nächsten Jahr.
Ein solcher Rückgang bei gleichbleibenden Ausgaben hätte ein negatives Jahresergebnis von mehr als 23 Millionen Euro bedeutet. Bis 2028 würde sich dieses Defizit im Ergebnishaushalt auf 70 Millionen auftürmen, im Finanzhaushalt auf 35 Millionen. Zwar hat die Stadt noch einiges auf der hohen Kante, doch ohne Einsparungen und mit dem Griff ins Ersparte wäre die Liquidität von 2027 an gefährdet. "Es fühlte sich an, als würde ein zu kleines Tischtuch über ein viel zu großes Buffet gespannt", sagte Kämmerer Thomas Milkowitsch (CDU) in seiner Haushaltsrede über die Verhandlungen. "Jeder hat an seiner Ecke gezogen – manchmal mit Nachdruck –, und dabei wurde klar: Der Umfang des Buffets war das zentrale Problem."
Vorhaben mit Einmaleffekt geplant
Was ist also zu tun? Zunächst erhöht die Stadt den Gewerbesteuerhebesatz auf 395 Prozent, das bringt pro Jahr 885.000 Euro. Die Erhöhung der Grundsteuer B auf 900 Prozent führt jährlich zu weiteren 1,42 Millionen Euro Mehreinnahmen.
Dann geht es an die Ausgaben. 45 Prozent der Aufwendungen im Haushalt 2025 sind Umlagen, darauf hat die Stadt keinen Einfluss. Zudem senken sich die Umlagen erst mit Verzögerung – der Gewerbesteuerzahler ist schon weg, die Einnahmen fehlen, doch im nächsten Jahr zahlt Schwalbach erst die Kreisumlage für die noch einkommensträchtigen Jahre 2023/24. Dazu kommt ein gerade auf 3,1 Millionen Euro erhöhter Zuschuss für die Regionaltangente West.
Daher plant die Stadt zum einen Vorhaben mit Einmaleffekt. Das Wohnhaus Am Erlenborn 2 wird nicht saniert und stattdessen veräußert, ebenso zwei weitere Häuser in städtischem Besitz. Gut zwei Millionen Euro bringt die Streichung des Investitionszuschusses für den Neubau der Kita St. Pankratius. Zwei weitere Bauprojekte, Feuerwehr und Bauhof, müssen günstiger werden. Dazu will die Stadt ihre Forderungen an die Greensill-Bank verkaufen, das könnte 4,5 Millionen Euro einbringen. Insgesamt soll der Haushalt um 12,49 Millionen Euro durch diese Aktionen entlastet werden.
Büchereien und Kitas werden kostenpflichtig
Andere Änderungen sind von dauerhafter Natur, und sie sollen dauerhaft einsparen helfen. Bislang mussten Schwalbacher weder für Kitas noch für Büchereiausweise etwas zahlen, das wird sich nun ändern. Moderate zwölf Euro pro Jahr soll künftig der Leseausweis kosten. Bei Vereinen und der Kulturkreis GmbH sollen 6,5 Millionen Euro in vier Jahren eingespart werden. 9,63 Millionen sollen dadurch zusammen gespart werden.
Die Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen, das heißt bei Kinder- und Jugendarbeit, bei Seniorenarbeit, Behinderten- und Integrationsarbeit sowie der Kultur, werden sich auf das Angebot auswirken. Im Gegenzug möchte der Kämmerer die Rahmenbedingungen für Ehrenamt und Eigeninitiative verbessern. "Mit unserem Ehrenamtsbeauftragten und der Unterstützung der Vereine haben wir schon viel erreicht. Aber klar ist auch: Jede und jeder Einzelne ist gefragt. Wenn wir gemeinsam anpacken, bleibt Schwalbach eine Stadt, die nicht nur glänzt, sondern auch anderen ein Vorbild ist", sagt Milkowitsch.
Bis Ende 2028 fehlen dann zwar immer noch fünf Millionen Euro, diese sollen durch Kredite gedeckt werden. Immerhin zeichnen sich auch neue Zuzüge in Schwalbach ab, für weitere soll die Wirtschaftsförderung sorgen, die entgegen dem Trend mit einer neuen Stelle verstärkt wurde. Zwei Rechenzentrumsbetreiber planen, sich mitsamt Zentrale in Schwalbach anzusiedeln, das Bauantragsverfahren dafür läuft. Die Abwärme soll genutzt werden und für stabile Heizkosten sorgen. Das könnte auch Start-ups anlocken, hofft der Kämmerer. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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