Geschichte einer Straße: Über den Taunuskamm führt eine Chaussee, in der viel Geschichte steckt. Einst diente sie im Winter als Rodelbahn. Heute ist die B 456 immer wieder ein Ort schwerer Unfälle.
Wer vom Vorder- in den Hintertaunus will, nimmt die Saalburgchaussee über den Mittelgebirgskamm. Und umgekehrt genauso. Die Bundesstraße 456, wie sie heute heißt, führt von der A 661 bei Oberursel über Bad Homburg durch den Hochtaunuskreis nach Norden, über Usingen und Grävenwiesbach bis in den Landkreis Limburg-Weilburg. Die Strecke gibt es schon viel länger als das Netz der Bundesautobahnen.
1817 begann der Bau der Usinger Chaussee. So wurde sie genannt, weil sie den Vordertaunus und das Usinger Land verbinden sollte, als Teil einer Straße zwischen Frankfurt und Köln. Auf der Höhe eines verfallenen ehemaligen Römerkastells am Limes nahmen die Arbeiter dessen Steine als Baumaterial. Schon seit dem Mittelalter diente die Saalburg als Steinbruch. Erst 1897 kündigte Kaiser Wilhelm II. an, das Kastell wiederaufbauen zu lassen, um dort das zentrale Limesmuseum Deutschlands einzurichten.
Doch das ist eine andere Geschichte. Zur Historie der Saalburgchaussee gehören nur die Ruinen, von denen Hunderte Wagenladungen Steine abtransportiert und verbaut wurden. Nachzulesen ist das in einem Text von Ulrike Koberg im aktuellen Jahrbuch des Hochtaunuskreises, das von Wirtschaft, Arbeit und Verkehr handelt. Die Autorin hat eine Beschreibung der Bauarbeiten in der Chronik von Dornholzhausen gefunden. Heute ist der Ort ein Stadtteil von Bad Homburg.
"Bahn frei!" auf der Rodelbahn
Die Dornholzhäuser hofften auf Profit. Weil die neue Straße durch ihr Dorf verlief, durften sie Chausseegeld kassieren. Und zwar von jedem, der über die Chaussee auf die andere Seite des Taunus fuhr, ob Fremder oder Einheimischer. Dafür war eigens ein Mitarbeiter abgestellt.
Aber die Erwartung, einen erheblichen Teil der Maut für andere Vorhaben nutzen zu können, erfüllte sich nicht. Denn die Straße musste alle paar Jahrzehnte neu gepflastert werden – und die Gemeinde hatte nach einer Abmachung mit der Landgrafschaft einen ordentlichen Anteil aus der eigenen Kasse zu zahlen.
Im Winter verwandelte sich die Chaussee nach 1900 mehrfach in eine Rodelbahn. Zwar waren jetzt außer Kutschen und Fuhrwerken auch Automobile auf der Strecke unterwegs, aber insgesamt hielt sich der Verkehr in Grenzen. So konnten die Verantwortlichen einen Abschnitt tagelang sperren und den Verkehr umleiten. Die Rodelbahn war so beliebt, dass die Rodler nach einem neuen Regelwerk seit 1913 beim Überholen "Bahn frei!" rufen mussten.
1972 wurde eine Ampelanlage gebaut
Spätestens in den Fünfzigerjahren waren die Dornholzhäuser von der Straße und den Blechlawinen genervt. Im Jahr 1958 kam die ersehnte Umgehungsstraße, Anfang der Sechzigerjahre wurde die Strecke dreispurig ausgebaut. Zu dieser Zeit wurde die Saalburgchaussee auch von einer Landes- zu einer Bundesstraße und erhielt die Ziffer 456.
Wer regelmäßig zwischen Vordertaunus und Usinger Land pendelt oder in Bad Homburg lebt, kennt wahrscheinlich die PPR-Kreuzung. So nennen die Leute in der Gegend die Stelle am Ortseingang von Dornholzhausen, die durch den Ausbau Anfang der Sechzigerjahre entstanden ist.
Die Abkürzung steht für Peters Pneu Renova. Das Unternehmen gibt es nicht mehr, aber für alteingesessene Bad Homburger ist es noch ein Bezugspunkt. Der Großbetrieb für Reifenrunderneuerung hatte seinen Sitz genau an der Stelle, die für viele bis heute die Peters-Pneu-Kreuzung ist. Seit 1972 regelt dort eine Ampelanlage den Verkehr.
Immer wieder schwere Unfälle
Das Unternehmen ist noch auf andere Weise mit der Geschichte der Straße verbunden. Im Dezember 1971 starb der 77 Jahre alte Mitinhaber Emil Pauly im Abschnitt zwischen Wehrheim und Usingen, als er auf den Anhänger eines Lastwagens auffuhr. Auch heute wissen alle, die oft auf der Strecke unterwegs sind oder Verkehrsnachrichten aus Hessen verfolgen, dass auf der B 456 immer wieder schwere Unfälle geschehen.
Das zeigt auch ein Blick in die Nachrichtenarchive der vergangenen Monate. So starb dort Ende Juli ein 41 Jahre alter Autofahrer, sein Beifahrer wurde schwer verletzt und mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht. Der VW Golf der beiden war frühmorgens bei Wehrheim frontal mit einem Jeep zusammengestoßen. Nach dessen Fahrer wurde zunächst gefahndet, weil er sich zu Fuß vom Unfallort entfernt hatte. Er meldete sich dann am Abend über einen Anwalt bei der Polizei.
Anfang November kam auf der Strecke abermals ein Autofahrer ums Leben. Das Fahrzeug des 69 Jahre alten Mannes geriet bei Usingen in den Gegenverkehr und prallte mit einem entgegenkommenden Wagen zusammen. Dessen Fahrer wurde im Auto eingeklemmt, musste von der Feuerwehr befreit werden und kam wie seine ebenfalls verletzte Beifahrerin ins Krankenhaus. Wieder war die B 456 für mehrere Stunden gesperrt.
Ulrike Koberg erinnert auch an den Jungbullen Udo, der 2014 auf Höhe der Saalburg aus einem Anhänger ausbüxte und verschwand. Nachts kehrte er an dieselbe Stelle zurück, wo er von einem Auto erfasst wurde und starb. Der Fahrer blieb unverletzt.
Das Jahrbuch des Hochtaunuskreises 2025, 33. Jahrgang, Wirtschaft, Arbeit, Verkehr, enthält auch Texte etwa zur Geschichte der Taunus Sparkasse, zum Pendlerwesen und zu Schmitten als Luftkurort. Es kostet 15 Euro. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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