Buch & Wein: Einem engagierten Buchhändler ist es im Frankfurter Nordend gelungen, sich ein junges Publikum zu erschließen. Poetry-Slam und Weinverköstigungen helfen dabei.

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Sobald das Wetter es zulässt, sind die Türen weit geöffnet. Dann steht, wer vorbeigeht, schon fast mitten im Laden von Timo Wiegand. Vor zwei Jahren hat der gebürtige Offenbacher "Buch & Wein" an der Berger Straße in Frankfurt übernommen. Die Vorbesitzerin kannte er gut, hatte den Kontakt auch dann nicht abreißen lassen, als er als Assistent an die Hamburger Universität pendelte und nicht mehr im Laden aushelfen konnte. So kam es, dass der Sozialwissenschaftler, der kein Interesse an einer akademischen Laufbahn hatte, wie er sagt, Buch- und Weinhändler wurde.

In der kurzen Zeit, in der Wiegand seitdem wirbelt – und nebenbei mit seiner Frau drei Kinder großzieht, das jüngste ist ein Jahr alt – ist viel passiert. Er baute um und sortierte aus: nicht nur bei den Büchern, sondern auch bei Geschenkartikeln und Feinkost. Sortiment und Einrichtung sind jetzt klarer strukturiert.

Poetry-Circle und dazu regionaltypische Weine

Bei den Büchern, von denen er und seine drei studentischen Aushilfen ausgewählte Werke für den Onlineshop besprechen, konzentriert er sich auf Gegenwartsliteratur, Kinder- und Jugendbücher, besondere Koch- und Kunstbücher sowie Sachbücher. Dabei ist dem Buchhändler wichtig, dass nicht nur im Regal steht, was in die eigene Denkblase passt. "Man muss wissen, wie die andere Seite argumentiert."

Buch & Wein ist ein Ort, an dem regelmäßig vorgelesen und diskutiert wird. Möglich macht es ein Raum im Hinterhof, der schon unter der Vorbesitzerin beliebt war. Der Nachfolger hat mit guten Einrichtungsideen und trotz schmalem Budget noch mehr herausgeholt aus dem "Studio Pompette" (im Französischen: beschwipst), wie der Raum jetzt heißt. Hier trifft man auch ein junges Publikum, etwa einmal im Monat beim Poetry-Circle oder bei Chansonabenden, Blues und Satire gibt es ebenfalls.

Während der Buchmesse ist jeden Abend Programm im Pompette. Am Freitag etwa hat Wiegand mit Markus Thielemann einen Autoren zu Gast, dessen Debütroman ("Von Norden rollt ein Donner") auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis steht, am Donnerstag liest die Frankfurter Autorin Sabine Börchers aus "101 Frauenorte".

Es trifft sich gut, dass Wiegand, der viel von Wein versteht, wie er sagt, an solchen Abenden – sie kosten acht Euro Eintritt – die Tropfen ausschenken kann, die er neben den Büchern in seinem Laden verkauft. Dabei handelt es sich um regionaltypische Weine kleiner Familienbetriebe in Österreich, Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland, die nicht jeder kennt, zum Beispiel das Weingut Frauwallner in der Steiermark.

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Etwa ein Drittel des Umsatzes macht Wiegand mit dem Wein. Als Buchhändler ist es ihm wichtig, jenseits aller Buchromantik auch über Zahlen zu sprechen. "Wir sind auch Einzelhändler, wir müssen verkaufen", sagt er. Das funktioniere an der Berger Straße. Wiegand hält die Lage aufgrund der vielen Akademiker im Nordend für "sehr privilegiert". Gleichwohl, für ein Leben mit drei Kindern in der Stadt werfe das Geschäft nur ein halbes Familiengehalt ab.

Buch & Wein, Berger Straße 122, Frankfurt; montags bis samstags 10 bis 20 Uhr; www.buchundwein-ffm.de   © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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