U-Bahnbau in Frankfurt: Die Stadt Frankfurt will die U-Bahn-Linie U4 in Richtung Norden verlängern. Dazu muss ein Tunnel am Grüneburgpark vorbei oder mitten durch ihn hindurch gebaut werden. Eine Studie zeigt nun, was das für den Park und die Bäume hieße.

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Drei Trassenvarianten sind für die Verlängerung der U-Bahn-Linie 4 von ihrer bisherigen Enhaltestelle Bockenheimer Warte weiter nach Ginnheim überprüft worden. 14 Monate und damit über eine Vegetationsperiode hinweg wurden die Varianten im Auftrag des Frankfurter Verkehrsdezernats auf ihre Machbarkeit hin überprüft. Jetzt liegen die Ergebnisse vor.

Bürger, Initiativen und der BUND Frankfurt haben es längst befürchtet: Nach den erarbeiteten Kriterien schneidet die Trassenvariante am besten ab, die in einem rund 2,2 Kilometer langen Tunnel zunächst den nördlichen Palmengarten und in einem großen Bogen den gesamten Grüneburgpark unterfährt. "In der Summe ist es sehr, sehr eindeutig", sagte Verkehrsdezernent Wolfgang Siefert (Die Grünen) bei der Präsentation der Studie. Die Parkvariante könne als nachhaltigste und damit beste Lösung gelten.

Auch, weil nur diese Trasse die Chance bietet, den Campus Westend der Goethe-Universität mit seinen 30.000 Studenten und Mitarbeitern durch eine neue, zentrale Haltestelle am Theodor-W.-Adorno-Platz mitten auf dem Campusgelände anzubinden.

Die Stadt will die Lücke im Frankfurter U-Bahn-Netz vor allem endlich schließen, um die bisher einzige und stark befahrene Nord-Süd-Verbindung unter der Eschersheimer Landstraße zu entlasten und im Fall einer Störung eine Alternativstrecke zu haben. Vor allem könnte die neue Verbindung viele Stadtteile wie die Nordweststadt, Niederursel und den Riedberg direkt mit dem Hauptbahnhof verbinden.

In jeder Hinsicht die beste Lösung

Für die Machbarkeitsstudie hat der Verkehrsdezernent das Ziel ausgegeben, einen möglichst nachhaltigen Streckenabschnitt bauen zu wollen. Nachhaltigkeit versteht er dabei nicht nur in ökologischer Hinsicht, also mit Blick auf Klima- und Umweltschutz, Biodiversität und Ressourcenschutz.

Auch der Standort Frankfurt, städtebauliche Aspekte, etwa die Förderung der Mobilitätswende, sollten einbezogen werden ebenso wie Baukosten, Fördermittel, Fragen des Schallschutzes und der Sicherheit. Frankfurt gehe bei dieser Machbarkeitsstudie neue Wege, um die in jeder Hinsicht nachhaltigste, umweltschonendste und wirtschaftlichste Lösung zu finden, heißt es.

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Die anderen beiden Varianten, die den Park nicht unterqueren würden, verlaufen in direkter Linie von der Bockenheimer Warte in Richtung Norden zum Miquelknoten mit einer dort geplanten U-Bahn-Haltestelle "Botanischer Garten". Sie folgen der Straßenführung der Zeppelinallee, die später in Höhe des nördlichen Palmengartens in die Miquelallee mündet.

Diese sogenannte Variante 1a (siehe Grafik) ist eine der ersten Routenführungen, die ins Spiel gebracht wurden, als vor mehr als zehn Jahren die Diskussion um die Verlängerung der U4 wieder aufgenommen wurde. Sie schließt einen rund 900 Meter langen Tunnel ein, der von der Bockenheimer Warte bis zum Botanischen Garten in traditioneller, offener Bauweise errichtet würde. Am oder vielmehr im Botanischen Garten müsste der lange Tunnelausgang liegen, um die Miquelallee als vierspurige Bundesstraße zu erhalten. Auch für die neue Haltestelle "Botanischer Garten" wären starke Eingriffe in das Grün des Parks unvermeidbar.

Die Variante mit der Nummer 1d, die erst spät von den Planern in die Machbarkeitsstudie aufgenommen wurde, entspricht in weiten Teilen dem Verlauf der ersten Straßenvariante. Der Tunnel würde jedoch mit einer modernen Tunnelbohrmaschine unterirdisch gebaut, genau so, wie dies die Machbarkeitsstudie für die gesamte Grüneburgpark-Variante (3i) vorsieht. Diese Bauweise bietet für die Variante 1d den Vorteil, dass der Tunnel, da er unter dem Palmengarten geführt werden könnte, etwas kürzer wäre als bei der Variante 1a und damit insgesamt deutlich weniger Beton verbaut würde.

Woher kriegen die Bäume im Park ihr Wasser?

Die zentralen Fragen, die Bürger beschäftigen, seit 2019 der Vorschlag gemacht wurde, den unter Denkmalschutz stehenden Grüneburgpark zu untertunneln, sind für die Machbarkeitsstudie in Gutachten betrachtet worden: Welchen Schaden nehmen die Bäume im historischen Grüneburgpark, wenn darunter ein U-Bahn-Tunnel geführt wird? Haben die alten und damit wertvollen Bäume dann noch ausreichend Wasser, um sich zu versorgen? Wird die Fließrichtung des Grundwassers beeinträchtigt? Und wie viele Bäume müssen für das Vorhaben gefällt werden? Schließlich braucht es auch Notausstiege.

Die Frage nach dem Eingriff in den Wasserhaushalt im Boden hat ein hydrologisches Gutachten beantwortet, und zwar für alle drei Trassenvarianten. Ein Baumgutachten legt dar, wie viele Gehölze zu fällen sind und wie viele gefährdet werden durch die Eingriffe. Das hydrologische Gutachten zeigt, der Tunnel unter dem Grüneburgpark würde "allenfalls geringe Veränderungen des Bodenwasserhaushalts" auslösen. Das Tunnelbauwerk, das in bis zu 25 Meter Tiefe gebohrt würde, hätte "keinen Einfluss auf die Wurzelzone der Grünanlagen", so die Gutachter.

Tunnel am Park schadet Palmengarten

Ganz anders sieht es für die von Initiativen bevorzugte Variante 1a entlang von Zeppelinallee und Miquelallee aus: Durch die offene Bauweise müssten Spundwände aus Beton in den Boden gerammt werden, um die Tunnelröhren zu bauen. Das würde die vollständige Abriegelung der oberflächennahen Schichten bedeuten, so die Gutachter. Das könnte für den Bodenwasserhaushalt des Palmengartens problematisch werden.

Auch das Baumgutachten lässt keinen Zweifel, dass die Untertunnelung von Palmengarten und Grüneburgpark im Vergleich zu den anderen beiden Varianten "empfehlenswert" sei. Denn der teils sehr wertvolle Baumbestand würde durch diese Trasse am wenigsten reduziert. Insgesamt 2200 Bäume wachsen derzeit dort, wo die Trasse verlaufen soll.

Im Gutachten werden 713 Bäume aufgeführt, die gefällt werden müssten, und weitere 174 Bäume, die durch den Eingriff gefährdet seien. Wobei, wie Verkehrsdezernent Siefert anmerkte, bei dieser Variante die meisten Bäume nicht im Palmengarten oder im Grüneburgpark, sondern in der Miquelanlage neben der Bundesbank, also nördlich der A 66, von den Fällungen betroffen wären. Dort würden sich Startbaugrube und Tunnelausgang befinden.

Hunderte Bäume stehen im Weg

Für die Variante 1a müssten dagegen mehr als 3000 Bäume und für die Variante 1d knapp 3000 Bäume gefällt werden. Für die Tunnelröhre in offener Bauweise stünde die alte Kastanienallee an der Zeppelinallee vollständig im Weg. Mehr als 400 weitere Bäume seien jeweils gefährdet. Der größte Eingriff stellt für beide Varianten (1a und 1d) der lange Tunnelausgang am Botanischen Garten dar. Dafür müsste tief in dessen Baumbestand eingegriffen werden. Von dem einstigen Universitätsgarten bliebe nur ein Teil erhalten.

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Eine Bürgerinformationsveranstaltung zu den Ergebnissen der Studie findet am 26. September von 18.30 bis 21 Uhr in den Mainarcaden, Kurt-Schumacher-Straße 10, statt. Alle Informationen und Gutachten zum Projekt "Verlängerung U 4" sind unter sbev-frankfurt.de zu finden.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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