Cold Case in Lindesfels: Das Landgericht Darmstadt hat einen heute 63 Jahre alten Mann für den Mord an einer Fünfzehnjährigen im Jahr 1986 schuldig gesprochen. Die Bundesrichter bestätigen nun dieses Urteil.

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Das Urteil des Landgerichts Darmstadt wegen Mordes an einem Mädchen bei Lindenfels im Jahr 1986 hat Bestand. Im Dezember 2023 hatte die Schwurgerichtskammer einen heute 63 Jahre alten Deutschen in einem Indizienprozess schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung nun bestätigt, wie der Gerichtshof am Mittwoch mitgeteilt hat. Nach seinen Angaben hatte die Verteidigung Revision eingelegt, die nun verworfen wurde. Die Bundesrichter haben in der Urteilsbegründung des Landgerichts keinen Fehler gefunden. Damit wird das Urteil rechtskräftig.

Der Angeklagte Peter F. hatte im Prozess zu den Vorwürfen geschwiegen, sein Verteidiger hatte einen Freispruch verlangt. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, zusätzlich zu der lebenslangen Strafe die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Damit ist eine Entlassung auf Bewährung, die sonst nach 15 Jahren im Gefängnis geprüft wird, zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Dem schloss sich die Strafkammer nicht an.

Der Verurteilte ist schon wegen einer Reihe anderer Sexualstraftaten vorbestraft und seit 2012 in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik in Schleswig-Holstein untergebracht. Dort muss er nach der Entscheidung der Bundesrichter bleiben.

Richter rekonstruieren Details der Bluttat

Das 15 Jahre alte Mädchen war im Juni 1986 in einem Wald bei Lindenfels in Südhessen getötet worden, wie das Landgericht festgestellt hatte. Nach Überzeugung der Richter hatte Peter F. das Mädchen auf dem Rückweg vom Schwimmbad in den Wald gezerrt, mit einem Messer bedroht und vergewaltigt. Obwohl die Tat Jahrzehnte zurücklag, rekonstruierten die Richter anhand der Befunde aus der Untersuchung der Leiche in der Rechtsmedizin und den Spuren am Tatort Details: Etwa dass der Gürtel der Jugendlichen zweimal um ihren Hals geschlungen worden war und dass der Mann sie mit dem Messer erstochen hatte.

Ein sexuelles Motiv sahen die Richter der Strafkammer auch deshalb als bewiesen an, weil der Täter zweimal in die Bikinihose geschnitten hatte – und zwar an der Stelle, wo sich das Geschlechtsteil befand. Schon frühere Taten haben erkennen lassen, dass dieser Mann sich mit einer Vergewaltigung über eine Frau erheben will, wie es in Urteilsbegründung hieß.

Der Fall blieb jahrzehntelang unaufgeklärt, auch nachdem im Jahr 1988 die Leiche entdeckt worden war. Eine neue Cold-Case-Einheit des Landeskriminalamt nahm sich der Sache vor einigen Jahren noch einmal an. Die Spuren, die am Tatort gesichert worden waren, wurden auf DNA untersucht. Diese Methode gab es in den Achtzigerjahren noch nicht.

Einsatz eines verdeckten Ermittlers

Eine Spur führte zu dem Angeklagten, dessen Erbgut wegen anderer Taten in einer Datenbank der Behörden abrufbar war. Die Kriminalpolizei arbeitete mit einem sehr hohen Aufwand und schleuste einen verdeckten Ermittler in das Umfeld der psychiatrischen Klinik ein, der Kontakt zu dem Verdächtigen aufnahm und mit ihm ins Gespräch kam.

Schließlich äußerte sich der Angeklagte gegenüber einem Pfleger der Klinik zu der Tat, als über den ungelösten Fall in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY" berichtet wurde. Mit einer Bemerkung verriet sich der Täter nach Überzeugung der Richter: Der Mann erwähnte, dass das Mädchen erstochen worden war. Dieses Details konnte allerdings nur der Täter wissen, weil es in der Sendung nicht genannt worden war, so lautete ein Argument in der Urteilsbegründung des Landgerichts.

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DNA-Spur an einem Spaten

Zu den wichtigsten Indizien im Prozess gehörte die DNA-Spur, die auf den Angeklagten deutete. Gefunden worden war sie an einem Spaten, an dem Hautabrieb haftete. Nach Überzeugung der Richter hatte der Angeklagte den Spaten in einer Hütte im Wald gefunden und dazu benutzt, die Leiche zu vergraben. Damit war der tote Körper so gut versteckt, dass er zunächst nicht gefunden wurde, obwohl am Tag nach dem Verschwinden des Mädchens Bereitschaftspolizisten und Feuerwehrleute nach der Vermissten suchten.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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