Immobilienverwalter in Hessen: 24 Jahre lang hat Werner Merkel aus Wehrheim die Interessen der Immobilienverwalter in Hessen vertreten. Sein ehrenamtliches Engagement führte ihn bis nach Minsk.
Werner Merkel ist kein Mensch, der zu Übertreibungen oder Panikmache neigt. Aber wenn der langjährige Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Immobilienverwalter Hessen über die Wohnungspolitik spricht, wird deutlich, was ihn umtreibt. "Alle schauen auf Neubauten", sagt er. "Aber der Erhalt des Bestands ist genauso wichtig."
Vor allem Mehrfamilienhäuser, die als Wohnungseigentümergemeinschaften organisiert sind, bereiten ihm Sorgen. Viele müssten grundlegend saniert werden, doch gerade ältere Eigentümer seien oft nicht in der Lage, ihren Anteil daran finanziell zu stemmen.
Einen Kredit dafür zu bekommen sei schwer, und auch staatliche Unterstützung gebe es nicht. Das Ziel, den Wohnungsbestand bis 2045 klimaneutral zu machen, sei so nicht zu erreichen, fürchtet Merkel. Eigentümergemeinschaften würden von der Politik oft nicht beachtet – etwa in den Regelungen des umstrittenen Gebäudeenergiegesetzes. "Warum spricht die Politik nicht mit Praktikern?", fragt er sich.
Wehrheimer mit Erfahrung
Der 78 Jahre alte Merkel, der in der Taunusgemeinde Wehrheim wohnt, kennt die Probleme von Eigentümergemeinschaften wie kein zweiter. Mitte der Achtzigerjahre übernahm er eine Hausverwaltung, die er bis 2019 in Neu-Isenburg führte und die 170 Mitarbeiter hatte, als er sie verkaufte.
2000 wurde er erstmals in den Vorstands des 355 Mitglieder zählenden Verbandes der Immobilienverwalter Hessen gewählt, den er seit 2012 als Vorsitzender führte. 15 Jahre lang war er Schatzmeister der bundesweiten Interessenvertretung seiner Branche. Im Oktober hat er das Amt als hessischer Vorsitzender an Marco Weber aus Kassel übergeben.
Ein anderes Ehrenamt, das er gerne weitergeführt hätte, musste Merkel unfreiwillig aufgeben. Zwölf Jahre lang war er Vorstandsvorsitzender des Internationalen Verbandes für Immobilienmanagement der postsowjetischen Länder mit Sitz in Minsk.
"Wir waren ihm zu demokratisch"
2022 sei dieser Verband auf Weisung des autokratisch regierenden Alexander Lukaschenko aufgelöst und das Vermögen eingezogen worden. "Wir waren ihm zu demokratisch", sagt Merkel, der dem Präsidenten in wohnungspolitischen Fragen auch mal öffentlich widersprochen hat.
Private Gemeinschaften, in denen über gemeinsames Eigentum beraten und abgestimmt wird, sind in den Augen des erfahrenen Immobilienverwalters eine Keimzelle liberaler Demokratien. "Wohnungseigentum ist wie ein Klebstoff für das soziale Miteinander", lautet sein Credo.
Er erzählt immer noch gerne von der Zeit, in denen er viel in den postsowjetischen Länden unterwegs war und bei der Privatisierung von Wohnungsbeständen beraten hat. Das sei nicht immer einfach gewesen. "Versuchen Sie mal, auf Russisch zu erklären, was eine Teilungserklärung ist."
Belarus lässt Häuser kommunal verwalten
Viele Weichen seien richtig gestellt worden, doch seien die Reformen oft auf halbem Weg stehen geblieben. In Belarus etwa gebe es zwar privates Wohneigentum, doch die Verwaltung der Häuser liege immer noch in kommunaler Hand, private Verwalter wie in Westeuropa seien nicht zugelassen.
Merkel musste sich von seinen osteuropäischen Gesprächspartnern gelegentlich vorhalten lassen, dass auch in Deutschland die Verwaltung von Wohneigentum nicht immer problemlos sei, und er kann da nicht widersprechen. Auch deshalb hat er den Verband der Immobilienverwalter zur politischen Interessenvertretung ausgebaut.
Das nötige Gespür dafür brachte er mit. Er war schon als junger Mann in der FDP aktiv, war der jüngste Landtagskandidat der Partei in Baden-Württemberg, machte Wahlkampf für Walter Scheel und traf den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt. "Solche Begegnungen haben mich sehr geprägt", sagt er rückblickend.
Einsetzen gegen Bürokratie
Als Verbandsvorsitzender begegnete er regelmäßig den wohnungspolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen, arbeitete im Bündnis für Wohnen mit und setzte sich dafür ein, bürokratische Vorschriften abzubauen.
Aber er blickte auch auf den eigenen Berufsstand. Merkel bedauert es, dass es für Hausverwalter in Deutschland – anders als in Österreich – keine verpflichtenden Qualifizierungen gebe. Nicht immer sei die dafür nötige Sachkunde vorhanden. Dabei gehe es um Werte in Millionenhöhe, die Verantwortung der Verwalter sei groß. Für sie werde es immer schwerer, Mitarbeiter zu finden, sagt Merkel.
Das liegt seiner Ansicht nach auch daran, dass wegen der Rechtsprechung Eigentümerversammlungen in der Regel abends stattfinden müssen. Das seien unattraktive Arbeitszeiten. Gleichzeitig seien die Ansprüche der Eigentümer hoch, und das stehe in Kontrast zur Bereitschaft, eine angemessene Vergütung zu zahlen.
Auch nach dem Ausscheiden aus dem Verbandsvorstand lässt Werner Merkel die ehrenamtliche Arbeit nicht los. So will er sich weiter in der Bürgerstiftung seiner Geburtsstadt Hochheim engagieren, wo er zuletzt Geld für die Sanierung des Königin-Victoriaberg-Denkmals gesammelt hat. Auch zur Immobilienbranche will er Kontakt halten und in der Eigentümervereinigung Haus & Grund mitarbeiten.
Er kann sich auch vorstellen, seine Osteuropa-Kenntnisse beim Wiederaufbau der Ukraine einzubringen. Er werde zu den Ersten gehören, die helfen, sagt er. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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