Friedhöfe in Frankfurt: Die Koalition im Frankfurter Römer kann sich vorstellen, Rasengräber zu Wildblumenwiesen umzugestalten. Umweltdezernentin Tina Zapf-Rodriguez lehnt das ab. Sie hat ihre Gründe.
Die gute Nachricht zuerst. Auf den Frankfurter Friedhöfen gibt es schon seit 30 Jahren das, was für viele der Inbegriff einer intakten Natur ist: Bienen. Es gibt sie, und zwar nicht nur einzelne Exemplare. Wie die Friedhofsverwaltung mitteilt, sind in Abstimmung mit Imkern seit 1995 zahlreiche Bienenstöcke aufgestellt und unterhalten worden. Inzwischen gebe es sechs Bienenstandorte, drei davon auf dem Hauptfriedhof.
An den sechs Standorten sind der Verwaltung zufolge insgesamt 18 Bienenvölker zu Hause. Darüber hinaus ist auf dem Hauptfriedhof auch eine "Wildbienen-Nisthilfe" zu finden. Ergänzend hat man dort für die unterschiedlichen Wildbienenarten die passenden Pflanzen in den Boden gebracht. Denn nur wo Zaunrüben blühen, fühlt sich auch die Zaunrüben-Sandbiene wohl.
Die Fraktionen der Römer-Koalition, allen voran die FDP, könnten sich indes nicht nur mehr Bienen auf den 36 Frankfurter Friedhöfen vorstellen. Sie hatten Klima- und Umweltdezernentin Tina Zapf-Rodriguez (Die Grünen) beauftragt, prüfen zu lassen, ob es nicht noch mehr Wildblumenwiesen statt der inzwischen großen Flächen für die sogenannten Rasengrabstätten geben könne.
Besucher wollen "gepflegtes Erscheinungsbild"
Schließlich würden die ausschließlich mit Rasen bedeckten Flächen regelmäßig kurz gemäht und könnten Insekten so keine Nahrung bieten. Rasenflächen hätten nur einen eingeschränkten ökologischen Nutzen. Eine Umstellung auf Wildwiesen würde Insekten den in der Stadt dringend benötigten Lebensraum bieten. Farbig blühende Flächen hätten zudem einen ästhetischen Nutzen für Angehörige und Besucher.
Das für die Friedhöfe zuständige Grünflächenamt hat dem Wunsch nach Wildblumenwiesen zwischen den Rasengräbern aber nun eine Absage erteilt. Die Rasengrabstätten seien von Angehörigen der Verstorbenen "unter der Prämisse erworben worden, dass die Friedhofsverwaltung die Fläche rund um das Grab als Rasen pflegt".
Das Wort Grab weckt womöglich die Assoziation, dass es sich um eine gestaltete Fläche handelt. Die Rasengrabstätte besteht jedoch, gleichgültig ob sich darunter ein Sarg oder eine Urne befindet, lediglich aus einer Grabplatte. Mitunter wird auch darauf verzichtet.
"Nach unserer Erfahrung", teilt das Grünflächenamt mit, "legen viele Menschen großen Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild", gerade auch der Rasengrabstätten. Will heißen, für viele gehört bei dieser Art des Grabes der kurz gemähte Rasen dazu. Eine Wildblumenwiese sei also oftmals nicht das, was die Angehörigen assoziierten. Zudem bedeuteten das Anlegen einer Wiese und der Verzicht auf das Mähen, dass die Grabplatten zuwüchsen.
Nicht mehr benötigte Gräber werden umgewandelt
Höhere Pflanzen erschwerten nicht nur das Wiederfinden der Grabstelle, sondern auch den Weg zum Grab, insbesondere bei Regen. Viele Menschen suchten aber "ihre" Grabstätte häufig auf, teilt das Grünflächenamt mit. Der direkte Bezug zum Grab sei wichtig für die Trauerarbeit.
Das Amt und auch das Umweltdezernat gehen davon aus, dass die von der Koalition und mithin von den Stadtverordneten angeregte Umwandlung von Rasen- in Wildblumengräber "von der überwiegenden Mehrzahl der Hinterbliebenen nicht gewünscht ist" und vor allem "zu massiven Beschwerden führen würde".
Das Grünflächenamt hat seine Erfahrungen. Auf dem Friedhof in Nieder-Erlenbach werde die Bestattung auf einer Streuobstwiese angeboten. Dort liegt das Grab also auf einer Wiese. Das Ergebnis ist, dass von den 70 zur Verfügung stehenden Gräbern seit 2018, seit es dieses Angebot gibt, nur 34 Grabstellen belegt worden sind. Die Stadtregierung lehnt deshalb derzeit die Schaffung von Wildblumenwiesen auf Grabfeldern ab, heißt es in der Mitteilung des Umweltdezernats.
Randflächen von Friedhöfen für Wiesen
Dabei unterstützt Stadträtin Zapf-Rodriguez grundsätzlich die Schaffung von Wildblumenwiesen, um mehr für den Erhalt der Artenvielfalt zu tun und die Stadt an den Klimawandel anzupassen – auch auf den Friedhöfen. Flächen, die nicht mehr als Gräber benötigt werden, wandelt das Grünflächenamt seit Längerem in Wildwiesen um.
Zudem versucht die Friedhofsverwaltung, die Grabfelder stärker in der Mitte der Friedhöfe zu konzentrieren, um die Randflächen für Wiesen nutzen zu können. Auf den Frankfurter Friedhöfen gibt es laut Grünflächenamt inzwischen rund sieben Hektar solcher Wiesen, allein am Hauptfriedhof rund 7000 Quadratmeter.
Auch dem Anliegen der Stadtverordneten, sogenannte Bienenfutterautomaten aufzustellen, damit für jeden Friedhofsbesucher Pflanzensamen bereitstehen, sollte er denn auf einem Grab diese in die Erde bringen wollen, erteilt das Dezernat eine Absage.
Das Grünflächenamt verteile bei Veranstaltungen regelmäßig Samentütchen mit der Aufschrift "Frankfurter Blütenmischung". Statt Automaten aufzustellen, könnten sich Interessierte solche Tütchen von den Friedhofsmitarbeiten geben lassen und gärtnerisch tätig werden. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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