Das nervt: Der Vorsitzende des hessischen Apothekerverbands, Holger Seyfarth, über Bürokratie, Lieferengpässe und die Preisentwicklung von Medikamenten.,
Der Vorsitzende des hessischen Apothekerverbands, Holger Seyfarth, über Bürokratie, Lieferengpässe und die Preisentwicklung von Medikamenten.
Herr Seyfarth, worüber haben Sie sich zuletzt besonders geärgert?
Zum einen über die Tatsache, dass die Politik den Apotheken seit mittlerweile 20 Jahren die gesetzlich zugesicherte Honoraranpassung verweigert. Das führt dazu, dass allein in diesem Jahr mehr als 500 Apotheken in Deutschland schließen müssen. Zum anderen ärgere ich mich massiv über die immer noch anhaltenden Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen ist inzwischen ein enormer Kraftakt, der oft noch zusätzlich durch bürokratische Hürden erschwert wird und auch das Apothekenpersonal bis über die Grenzen hinaus belastet.
Woran liegt es?
Dass immer mehr Apotheken schließen, liegt an den stark gestiegenen Betriebskosten, die durch ausbleibende Honoraranpassungen nicht aufgefangen werden können. Gleichzeitig erhöht die Inflation die finanzielle Belastung weiter, während der Personalmangel den Betrieb vieler Apotheken zusätzlich erschwert. Diese Kombination aus wirtschaftlichem Druck und politischen Versäumnissen lässt vielen Kollegen keine andere Wahl, als aufzugeben. Die Lieferengpässe bei Arzneimitteln hängen eng mit den in Deutschland sehr niedrigen Preisen für verschreibungspflichtige Arzneimittel zusammen. Da Hersteller ihre Produkte lieber in Länder verkaufen, die bereit sind, wenige Cent mehr pro Packung zu bezahlen, wird Deutschland eben oft nicht mehr ausreichend beliefert.
Wenn Sie drei Wünsche frei hätten . . .
. . . dann würde ich mir erstens wünschen, dass die Politik endlich den wirtschaftlichen Druck ernst nimmt, der auf den Apotheken lastet. Und zweitens, dass die Arzneimittelversorgung durch verlässliche Lieferketten gesichert wird. Drittens, dass meine Familie gesund bleibt und wir auch in schwierigen Zeiten zusammenhalten und füreinander da sein können. Gesundheit und Zusammenhalt sind unbezahlbare Schätze, die ich mir für uns alle wünsche.
Und was war gut?
Worauf ich stolz bin, sind meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch in diesen schwierigen Zeiten nicht resignieren. Sie setzen sich unermüdlich dafür ein, unsere Kunden und Patienten bestmöglich zu beraten und ihnen bei allen Fragen rund um das Arzneimittel weiterzuhelfen. Dieser Einsatz ist beeindruckend.
Welchen Ratschlag würden Sie wem gerne geben?
Ich möchte der Politik raten, die kleinkarierten Auseinandersetzungen endlich beiseitezulegen und sich professioneller aufzustellen. Es ist an der Zeit, wieder eine vernünftige Politik zu machen, die das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt stellt und Vertrauen zurückgewinnt. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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