Am 12. Februar 2025 gibt es die Handballabteilung im VfL Gummersbach seit 100 Jahren. Nicht ganz so lange ist Karl Höver (73) dabei.

Mehr News aus Nordrhein-Westfalen finden Sie hier

Sein Mitgliedsausweis aus dem Jahr 1963 trägt die Nummer 47. Als Sextaner am Jungengymnasium trat er den Handballern des VfL Gummersbach bei und die Leidenschaft hat ihn seitdem nicht mehr losgelassen. In einer ungeheuren Fleißarbeit hat er Fundstücke, wie er es nennt, zu 100 Jahren Handball im VfL zusammengetragen. Was seine Motivation ist, darüber sprach Andrea Knitter mit Karl Höver.

Sie haben als Privatmann und VfL-Fan recherchiert und knapp 300 Seiten sogenannte Fundstücke gesammelt. Was war der Startschuss für diese Aufgabe?

Karl Höver: Der letzte Kick war der Auszug des VfL aus dem Wiedenhof, der ehemaligen Heimstätte des Vereins. Das war 2020, als der Pachtvertrag gekündigt wurde und das Haus ausgeräumt werden musste. Ich habe eine Woche im Gebäude gesessen und alles gesichtet, von Pokalen über Urkunden bis hin zu Protokollbüchern. Die Dokumente, die teilweise verschimmelt waren, sind ins Stadtarchiv gewandert. Manfred Huppertz, der Leiter des Stadtarchivs, war zudem mein wichtigster Informant bei der Quellensuche.

Was verbindet Sie mit dem VfL Gummersbach?

Ich habe als Schüler inspiriert durch meinen Sport- und Biologielehrer Dr. Horst Dreischang, der Trainer der VfL-Bundesliga-Handballer war, mit dem Handball beim VfL angefangen. Ich bin bis heute Mitglied der Handballabteilung und verfolge die Spiele in der Schwalbe-Arena.

War diese Verbundenheit zum VfL von Beginn an da?

Ja, wir durften als Jugendspieler in den erfolgreichen Jahren ab 1966 mit den Handballern in die großen Hallen fahren. Wir haben zum Beispiel auf der Radrennbahn in Dortmund gehockt und verfolgt, wie die Gummersbacher 1966 Deutscher Meister wurden. Die Spieler waren meine Idole und ich habe schon damals die Zeitungen gesammelt, in denen über sie berichtet wurde. Später habe ich dann als Trainer gearbeitet und 1983 die Leitung der Geschäftsstelle übernommen. Auch da habe ich schon alles über den VfL gesammelt, was geschrieben wurde. Das war eine gute Quelle für mich.

Wo setzen Sie die Schwerpunkte?

Ich möchte einen Zeitstrahl von 1925 bis heute setzen, ausgenommen die Kriegsjahre 1941 bis 1945. Zwar gibt es schon Chroniken zum VfL, beispielsweise von Hans Werheit, doch starten die erst ausführlich mit dem Beginn der Bundesliga in der Saison 1965/66. Ich möchte aber auch mit Schlaglichtern, die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte ziehen, die Jahre von 1925 bis 1964 beleuchten, in denen beim VfL unheimlich viel passiert ist. Zum Beispiel, dass der VfL erst im 14-ten Anlauf Westdeutscher Meister geworden ist.

Sie haben erzählt, dass Sie zunächst Spieler, dann Trainer und 1983 Leiter der Geschäftsstelle waren. Wie kam es dazu?

Ich durfte beim VfL auf vielen Ebenen reinschnuppern. Ich habe nach dem Abitur und dem Wehrdienst Sport und Biologie auf Lehramt studiert und 1983 mein zweites Staatsexamen gemacht, ohne Perspektive als Lehrer arbeiten zu können. Im Gegensatz zu heute herrschte damals eine Lehrerschwemme und ein Einstellungsstopp. Die Anstellung an einer Privatschule habe ich nach zwei Jahren frustriert beendet. Eugen Haas hat mir geholfen und neben meiner Tätigkeit als Trainer auch noch die Leitung der Geschäftsstelle übertragen.

Wie lange haben Sie für den VfL gearbeitet?

Ehrenamtlich seit den 1970er Jahren, täglich von 1983 bis 1994, dann wieder ehrenamtlich von 2016 bis 2023. Ich habe in der Zeit nicht nur organisiert, fleißig gesammelt, sondern auch Video-Beobachter viele Videos für die Bundesliga-Mannschaften gemacht. Klaus und Heiner Brand haben mich damals überall hingeschickt, das waren tolle Erlebnisse. Einzig als Heiner Brand und ich am Moskauer Flughafen in Gewahrsam genommen wurden. Ich musste den Beamten alle mitgeführten Video-Kassetten mit Handballspielen vorführen, weil sie dachten, wir wollten spionieren oder die Kassetten ins Land schmuggeln. Ich habe damals wirklich Angst gehabt.Es ist aber alles gut ausgegangen und das gewonnene Spiel gegen Astrachan hat uns entschädigt.

Nachdem ich noch eine kaufmännische Ausbildung mit Schwerpunkt Datenverarbeitung gemacht hatte, habe ich mich beruflich verändert und bin zur Firma Rüggeberg nach Marienheide gewechselt. Die VfL-Tätigkeit musste ich dadurch beenden. Florian Pottrick war dort mein Kollege und später dann zweiter Vorsitzender im VfL. Er hat mir bei der Auflösung des Wiedenhofs viele Anregungen gegeben, die vorgefunden Schätze zu retten.

Wie haben Sie die Unterlagen vorgefunden?

Ich habe nicht erwartet, dass die Lücken so groß sind. Die Altvorderen haben ab 1925 mit Akribie alles aufgeschrieben und gesammelt, was später nicht mehr so war. Durch meine Recherche denke ich, dass es gut wäre, wenn es gerade in den größeren Vereinen eine Person für Archiv/Organisation gäbe.

Sie haben aber auch einiges gerettet, oder nicht?

Doch, auch wenn sicher nicht alles, was ich gefunden habe, allen genehm ist.

Nennen Sie doch bitte ein Beispiel.

Der VfL hat die Damenmannschaft, die in die Regionalliga aufgestiegen war, einfach vom Spielbetrieb abgemeldet, weil man fand, dass man so eine Mannschaft nicht braucht. Auch das ist der VfL.

Was sind 1925 die ersten Fundstücke?

Das erste Spiel des Gummersbacher Turnvereins fand am 12. Februar 1925 in Engelskirchen statt. Dort bekamen elf Faustballer und Turner vom heimischen VfL mit 0:7 eins auf die Mütze. Der Ehrgeiz war trotzdem geweckt und im Oktober wurde mit 10:0 in Dieringhausen gewonnen. Bereist ein Jahr später war Gummersbach Meister im Aggertaler Turngau. Eigentlich keine Überraschung, denn Faustballer können gut mit dem Ball umgehen und Turner haben die Athletik.

Wenn Sie auf 100 Jahre blicken, welche sind für Sie die prägendsten?

1949 wurde riesig gefeiert, denn im Kampf um die Mittelrheinmeisterschaft im Feldhandball wurde gegen den großen Rivalen HSV Bocklemünd vor über 600 Schlachtenbummlern aus dem Oberbergischen mit 7:5 gewonnen. 1963 wurde der VfL nach 14 Anläufen erstmals Westdeutscher Meister. 1966 dann erstmalig Deutscher Meister. 1979 war durch den Unfall von Jo Deckarm das schwärzeste und 1983, als der VfL alle möglichen Titel gewann, das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte. 1991 hat der VfL mit der gesamtdeutschen Meisterschaft den letzten deutschen Meistertitel gewonnen, für mich der schönste, da ich ihn hautnah miterleben durfte.

Wie war die Recherche in den folgenden Jahren?

Nicht immer einfach, es war zum Teil sogar schwierig an die Mannschaftsaufstellungen zu kommen. Ich habe mich dafür unter anderem auch an die Handball-Bundesliga gewandt.

Sie haben unheimlich viel Aufwand betrieben. Für wen machen Sie es?

Vielen Dank für Ihr Interesse
Um Zugang zu allen exklusiven Artikeln des Kölner Stadt-Anzeigers zu erhalten, können Sie hier ein Abo abschließen.

Für den VfL. Meine Idee ist, von der digitalen Quelle ein gedrucktes Buch zu erstellen. Zurzeit helfen mir weitere Zeitzeugen durch Korrekturlesen. Mal sehen, was wird. Danach ist die Arbeit noch nicht beendet. Es gibt weitere Fundstücke, die auf eine Digitalisierung warten.  © Kölner Stadt-Anzeiger

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.