Anna Orysik ist eine Art Christkind. Zumindest derzeit. Die 39-Jährige liefert kurz vor Weihnachten 106 Pakete aus.
Nicht in einem Schlitten, nicht mit Rentieren, aber ähnlich lautlos: in einem Elektro-Streetscooter. Orysik ist Postbotin und beliefert an diesem Tag den Bezirk 31. Der ist bei der Post in Euskirchen auf Stotzheim und Rheder verteilt. Die Pakete und mehrere Hundert Briefe, Zeitungen und andere Zustellungen sind aktuell nur die Spitze des Eisbergs.
Nach Angaben von Christina Schläger Herrero, Pressesprecherin der DHL-Group Region Mitte, verlassen täglich im Schnitt 7400 Pakete den Zustellstützpunkt in der Kreisstadt. Hinzu kommen mehr als 35.000 Briefe pro Tag. Am 11. Dezember seien es 12.000 Pakete und am 27. November 72.000 Briefe gewesen – die jeweiligen Rekordwerte des Jahres.
Kurz vor Weihnachten: Zustellerin wird oft sehnsüchtig erwartet
Anna Orysik wird kurz vor Weihnachten hinter mancher Tür auf ihrer Tour schon sehnsüchtig erwartet – genau wie das Christkind derzeit. Wunder kann aber auch die Euskirchenerin nicht vollbringen. Wer heute erst sein Paket oder seine Weihnachtspost aufgibt, ist zu spät dran – zumindest kommt sie bis Heiligabend nicht mehr an. Laut Schläger Herrero endete die garantierte Zustellung bis zum Fest in diesem Jahr am 20. Dezember für Pakete und am 21. vor der entsprechenden Kastenleerung für Briefe.
Und so ein "Christkind" mit Posthorn auf der Jacke hat gerade sehr viel zu tun. Je nach Tour kommen bei ihr gut gerne schon mal 30.000 Schritte zusammen, berichtet Orysik. Ein Wert, den Kollege Markus täglich erreicht. "Manche Straßen mache ich komplett zu Fuß, weil das schneller ist, als jedes Mal das Auto wieder fünf Meter vor zu fahren", sagt er.
Zustellerin hat Handschuhe präpariert, um Briefe besser sortieren zu können
Der Zusteller trägt beim Sortieren der Briefe keine Handschuhe, Anna schon. Zumindest das, was an einer Hand davon übrig ist. An zwei Fingern des Handschuhs fehlen nämlich die Kuppen. Sie hat sie abgeschnitten. "Ohne Handschuhe geht es nicht, weil ich mir dann mit Papier zu oft in die Finger schneide. Deshalb habe ich die Anna-Variante entwickelt. So kann ich mit den zwei nackten Fingern besser die Briefe sortieren – auch während ich zu Fuß von Haus zu Haus gehe", erklärt die 39-Jährige.
Los geht ihre Tour jeden Morgen vom Zustellstützpunkt an der Rudolf-Diesel-Straße. Seit Sommer bekommen die Bürger aus Euskirchen ihre Briefe und Pakete aus dem neuen Zustellstützpunkt der Kreisstadt. Und auch die Zusteller aus Bad Münstereifel sind mittlerweile in Euskirchen beheimatet. Die Postleitzahlen 53879, 53881 und 53902 werden nun komplett aus Euskirchen bedient. Der Stützpunkt der Post in Bad Münstereifel im Gewerbe- und Dienstleistungszentrum an der Kölner Straße, in dem das Unternehmen nur Mieter war, wurde aufgegeben.
Auch in Weilerswist hat die Post einen neuen Zustellstützpunkt eröffnet. Dort wird – ebenso wie in Euskirchen – nach Angaben der DHL-Group eine Null-Emissionen-Logistik angestrebt. Zumal die Flotte in Weilerswist nach dem Umbau nach und nach in eine E-Flotte umgerüstet wird. Wahrscheinlich werden aber nicht alle Fahrzeuge auf Elektroantrieb umgerüstet.
Ein paar Dieselfahrzeuge müssten erhalten bleiben, erklärt Sprecherin Schläger Herrero. Die E-Fahrzeuge sind etwas schwerer und dürften wegen des Gewichts nicht von allen Führerscheinneulingen gefahren werden. Aber auch hier biete der Standort Euskirchen einen Vorteil: Es gebe nun wesentlich mehr Platz für alle Fahrzeuge.
In Stotzheim geht es durch ein Straßen-Universum
Die 106 Pakete bei Zustellerin Anna sind in ihrem Streetscooter nach System sortiert. Von links der Ladefläche, beginnend hinter dem Fahrersitz, geht es nach hinten und dann nach rechts. Erste Station ist die Stotzheimer Straße. Von dort geht es weiter ins Universum, wie Anna Orysik die Mars-, Sonnen- oder auch Venusstraße in Stotzheim liebevoll nennt.
Viele Bewohner der Häuser kennt die Postbotin. Der ein oder andere Autofahrer hupt, wenn er die Euskirchenerin auf der Straße erkennt. So weiß sie auch, dass ein Brief an diesem Tag für eine kürzlich verstorbene Frau adressiert ist. Da deren Tochter direkt nebenan wohnt, sortiert Orysik den Brief bei ihr mit ein. Nicht selten bleibt ein kurzer Moment für Small Talk. "Die schönsten Momente sind die, wenn Kinder geboren werden. Das ist wie Weihnachten – auch im Sommer. Da gratuliere ich auch immer im Namen der Post", sagt Orysik.
Vom vorweihnachtlichen Stress bekomme sie nichts mit und schon mal gar nichts ab. "Natürlich hat ein Kunde schon mal einen schlechten Tag, aber das ist doch normal", sagt die Postbotin. Den könne sie auch haben. An diesem Tag definitiv nicht. Obwohl es irgendwann während der Tour regnet, bringt Orysik ein wenig Sonnenschein nach Stotzheim und Rheder. Wobei dem einen oder anderen weiße Weihnachten auch noch mal recht wären.
Bevor die kleineren und größeren Päckchen ins Postmobil geladen werden, werden sie gescannt. Der Signalton, dass das Paket vom Scanner erfasst ist, ist morgens omnipräsent. Schließlich werden die digitalen Geräte von allen 67 Mitarbeitenden genutzt, die die Pakete in die 67 Bezirke ausliefern. Der Scanner ist aber nicht für die morgendliche Inventur wichtig, sondern auch für den Alltag. "In den Geräten sind alle Ablageverträge hinterlegt. Oder erfasst, wenn beispielsweise ein Nachbar keine Sendungen annehmen möchte", erklärt Schläger Herrero.
Der Beruf sei in den vergangenen Jahren immer digitaler geworden, ohne Muskelkraft gehe es aber nicht. Aktuell darf ein Paket maximal 31,5 Kilo wiegen. Laut der DHL-Pressesprecherin soll das Gewicht per Gesetz im Laufe des kommenden Jahres auf maximal 20 Kilo gesenkt werden. "Das finde ich gut", sagt Anna Orysik. Nicht nur vor Weihnachten muss die 39-Jährige einige schwere Brocken aus dem Streetscooter heben und zum Kunden bringen. Auch Baumaterialien sind bestellt worden und werden per Post geliefert. "Manchmal liefern wir auch etwas aus, das vibriert. Während wir es abgeben. Das sind bestimmt immer Smartphones", sagt Orysik augenzwinkernd.
Aktuell befindet sich der eine oder andere bunte Briefumschlag unter den Briefen. Teilweise mit einer besonderen Briefmarke. Was laut Schläger Herrero die wenigsten wissen – farbige Briefumschläge müssen höher frankiert werden. Aktuell 15 Cent mehr. Der Grund: Sie sind von der Maschine bei der Sortierung nur schwer bis gar nicht zu lesen.
Auch andere Formate werden nicht immer problemlos von der Maschine erfasst. Und so werden zahlreiche Briefe – übrigens mit denen, die erfasst werden – erst in ein Regal sortiert, nur um sie später wieder rauszuziehen, um dann die Tour zu starten. Bei aller Arbeit bleibt Anna Orysik Zeit, um Kundenpflege zu betreiben, wie sie das kurze Gespräch zwischen Tür und Angel nennt. Und es gibt schon mal ein Plätzchen. Es ist eben Weihnachten …
Die erste singende Briefmarke
Die Deutsche Post hat erstmals eine Weihnachtsbriefmarke herausgebracht, mit der Töne erzeugt werden können. Mit einem elektronischen Stift eines Spielzeugherstellers könne die Briefmarke zum Klingen gebracht werden.
Das Motiv der Briefmarke zeigt eine stimmungsvolle Illustration des Klassikers "Die Weihnachtsbäckerei" von Musiker und Komponist Rolf Zuckowski. Gestaltet hat die Marke Künstlerin Julia Ginsbach. Eine liebevoll gestaltete Illustration und viele Einzelheiten warten darauf, entdeckt zu werden.
Tippen die Kinder mit dem Stift auf die Bilder und Texte der Briefmarke, erklingen Geräusche, Sprache und Lieder – so wird aus der diesjährigen Weihnachtspost ein echtes Hörerlebnis. Mit der Sondermarke hofft die zur DHL Group gehörende Deutsche Post nach eigenen Angaben, auch die ganz junge Generation für das Briefeschreiben zu begeistern.
Das Unternehmen hat 40 Millionen der Briefmarken produziert. Sie haben einen Portowert von 85 Cent, damit kann ein Standardbrief innerhalb Deutschlands verschickt werden. © Kölner Stadt-Anzeiger
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