Sie vertreten zwei Generationen von Neu-Oberbergern aus dem Norden, genauer aus Hückeswagen. Gerhard Welp (88) war viele Jahre lang Pressesprecher des Kreisvorstands und Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion.
Seine Tochter Karin Wroblowski (55) ist ihm in Kreisvorstand und Kreistagsfraktion nachgefolgt. Reiner Thies fragte die beiden, ob Hückeswagen in Oberberg angekommen ist, 50 Jahre nach der kommunalen Neugliederung.
Herr Welp, Sie sind im politischen Ruhestand. Wie oft haben Sie heute noch in Wipperfürth und den südlicher gelegenen Kommunen zu tun?
Gerhard Welp: Mindestens einmal im Monat. Ich engagiere mich ja noch ein bisschen in der Kreispolitik und für die FDP. Ich fahre aber auch nach Wipperfürth und Gummersbach zum Einkaufen. Und manchmal zu Ausflügen nach Schloss Homburg oder in den Nümbrechter Kurpark. Der Oberbergische Kreis ist mir näher als vielen anderen, die hier in Hückeswagen wohnen. Nachdem ich 1989 in den Kreistag gewählt wurde, bin ich oft dreimal die Woche nach Gummersbach oder noch weiter südlich gefahren.
Machen Sie in Hückeswagen Werbung für die Vorzüge des Oberbergischen Kreises?
Welp: Das habe ich mir abgewöhnt, weil ich damit nichts bewirke. Wenn man jemanden in der Stadt fragt, wie er Gummersbach findet, wird man immer hören, dass er lieber nach Remscheid oder Wuppertal fährt. Nicht ohne Grund wurde die kommunale Neugliederung damals als "kommunale Unordnung" bezeichnet. Manche Hückeswagener hatten erwartet, dass sie bald zur Stadt Remscheid gehören.
Karin Wroblowski: Früher fuhr man nur nach Gummersbach, um sein Auto anzumelden. Seit es hier eine Nebenstelle des Straßenverkehrsamts gibt, ist auch das nicht mehr nötig.
Welp: Die ist aber nur selten geöffnet.
Wroblowski: Für mich hat sich mit der Eröffnung des Forum-Einkaufzentrums in Gummersbach viel geändert. Das Steinmüllergelände ist eine Erfolgsgeschichte. Es hat eine große Anziehungskraft, auch wegen des Kinos. Wenn uns die Anfangszeiten eines Films besser passen, fahren wir nach Gummersbach.
Ansonsten wird die Kreisstadt nicht als Kulturhochburg wahrgenommen?
Wroblowski: In Hückeswagen hat man eher ein Abo für das Teo-Otto-Theater in Remscheid. Ich bin nicht ein einziges Mal in einer Vorstellung des Gummersbacher Bühnenhauses gewesen, bis es dann geschlossen wurde. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen.
Welp: Ich bin zweimal dagewesen.
Wroblowski: Das kulturelle Angebot in Remscheid ist nach meinem Empfinden größer. Aber das ist auch eine Frage der Gewohnheit. Inzwischen gibt es in Gummersbach die Schwalbe-Arena und die Halle 32. Meine erwachsenen Söhne, die auch hier in Hückeswagen wohnen, nehmen dieses Angebot schon wie selbstverständlich war.
Haben die Hückeswagener von der Zugehörigkeit zum Oberbergischen Kreis profitiert? Oder hat sie ihnen eher geschadet?
Wroblowski: Das ist schwer zu sagen.
Welp: Der Nahverkehr nach Remscheid wäre sicher besser, und man müsste nicht in Lennep umsteigen. Aber sonst? Der Osten von Bergisch Born wurde damals aus der Stadt Hückeswagen herausgelöst und in die Stadt Remscheid eingegliedert. Dort fühlt man sich heute auch oft an den Rand gedrängt. Ich glaube, Hückeswagen ist als dem Oberbergischen Kreis angehörige Stadt angemessen behandelt worden. Der Kreistag hat darauf geachtet, dass wir die Städte im Norden mitnehmen.
Wroblowski: Das sehe ich auch so. Dennoch sind viele Grenzen geblieben. Hückeswagen ist evangelisch geprägt, Wipperfürth katholisch. Dementsprechend ist der Karneval dort groß, hier weniger.
Welp: Bis heute beginnen die Postleitzahlen von Hückeswagen und Radevormwald mit einer 4. Und die Telefonvorwahlen mit 021. Auch die Zeitungslandschaft ist eine ganz andere. Sogar der Fußballkreis ist nicht derselbe.
Wären die Stadt Hückeswagen und ihre Bewohner mit dem Erhalt des Rhein-Wupper-Kreises besser gefahren?
Welp: Nein, das war auch eine unglückliche Konstruktion. Kreisstadt war das entfernte Opladen, das heute zu Leverkusen gehört.
Wroblowski: Ich erinnere mich noch an das Autokennzeichen "OP".
Wäre ihnen mehr politische Selbstständigkeit lieber?
Welp: Es gibt sicher zu viele politische Ebenen. Über den Kommunen und dem Kreis stehen ja noch die Regierungsbezirke und Landschaftsverbände. Erst danach kommt das Land, der Bund und Europa. Einige Kompetenzen wären sicher bei den Städten und Gemeinden besser aufgehoben. Das wäre näher an den Bürgern.
Wroblowski: Ein eigenes Bauamt hätten wir hier in Hückeswagen wohl gern, ein eigenes Jugendamt nicht. Wegen der steigenden Zahl der Aufgaben haben es die kleinen Jugendämter sehr schwer.
Verstehen Sie sich als Oberberger?
Wroblowski: Nicht in dem Sinne, dass wir uns im Urlaub fremden Leuten so vorstellen würden. Da sagen wir eher, dass wir aus der Nähe von Remscheid oder Wuppertal kommen. Man erwartet nicht, dass die Leute mit Gummersbach etwas anfangen können.
Welp: Das war vor 20 Jahren noch anders, als die Handballer des VfL Gummerbach internationale Spitze waren.
Sie beiden kennen die politische Arbeit im Stadtrat und im Kreistag. Was lag oder liegt ihnen mehr am Herzen?
Wroblowski: Im Kreistag sieht man das große Ganze, man kann politisch mehr gestalten. Ich bin noch nicht so lange dabei, deshalb ist es für mich interessanter.
Welp: Der Kreistag weitet den Blick, die Verantwortung ist eine andere als im Stadtrat.
Der neue Nordkreis in Oberberg
Mit der kommunalen Neugliederung von 1975 wurde der Rhein-Wupper-Kreis aufgelöst. Die Städte Hückeswagen und Radevormwald wurden dem Oberbergischen Kreis zugeschlagen. Das übrige Kreisgebiet kam zu den kreisfreien Nachbarstädten Solingen und Leverkusen sowie zum Rheinisch-Bergischen Kreis und zum Kreis Mettmann.
Die Stadträte von Hückeswagen und Radevormwald hatten beide relativ knapp für die Zugehörigkeit zu Oberberg gestimmt, weil sie sich so mehr Selbstständigkeit erhofften, nachdem die Stadt Remscheid bereits mehrere Versuche der Einverleibung unternommen hat. Erich Krekel, stellvertretender Bürgermeister in Radevormwald, sagte 1974: "Zum Oberbergischen zu gehören, ist das kleinere Übel, auch von der Mentalität der Bevölkerung her."
Ein Verlust für Hückeswagen: Die Ortschaft Bergisch Born, die bis dahin auf die Städte Hückeswagen, Wermelskirchen und Remscheid verteilt war, kam vollständig zur kreisfreien Stadt Remscheid. Hückeswagen verlor damit zehn Quadratkilometer, 1600 Einwohner, 55 Gewerbebetriebe und 300.000 Mark an Steuereinnahmen. © Kölner Stadt-Anzeiger
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