In Bad Honnef hat am Dienstag das Café Seelengarten eröffnet. Doch nicht Kaffee und Kuchen stehen hier im Mittelpunkt.

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Das Café auf dem Tierhof Löwenherz von Jasmin Sellmer ist vielmehr eine Anlaufstelle für die bis zu fünf Jahre alten Kinder psychisch kranker Eltern, aber auch für deren Mütter und Väter oder die Großeltern.

Angesprochen sind Familien aus dem Beratungsgebiet des Sozialpsychiatrischen Zentrums Eitorf. Getragen von der Arbeiterwohlfahrt Bonn/Rhein-Sieg bietet es Hilfen für Menschen in seelischen Krisen aus Bad Honnef, Königswinter, Eitorf, Windeck, Much, Ruppichteroth und Neunkirchen-Seelscheid an.

Hunde, Pferde und Hühner treten mit den Menschen in Kontakt

"Tiere statt Therapie" hat die Arbeiterwohlfahrt Bonn/Rhein-Sieg als Motto für das neue Angebot ausgegeben: Je zwei Pferde, Hunde und Tauben sowie drei Ponys, fünf Hühner und ein Schwein tummeln sich hier und stehen bereit, um mit den kleinen wie auch größeren Gästen in Kontakt zu treten. "Ein Paradies für Kinder", schwärmt Miriam Becker-Mertelmeyer, die Leiterin des "Seelengartens".

Denn die sind angesichts der psychischen Belastung oder gar Erkrankung ihrer Eltern oft sehr belastet: Diese, so der Awo-Vorsitzende Heinz-Willi Schäfer, seien vielfach überfordert mit der eigenen Erkrankung und wüssten nicht, wie sie auch noch ihren Kindern gerecht werden sollen. Die Kinder indes, ergänzt Nora Babinsky, die Leiterin des Sozialpsychiatrischen Zentrums in Eitorf, "nehmen sich zurück, übernehmen mehr Verantwortung, als sie tragen können, und suchen häufig auch noch die Schuld bei sich".

Ponys streicheln, den großen Wolfshund führen, sich entspannt auf den Rücken eines Pferdes legen – viele Möglichkeiten gibt es, um mit den speziell trainierten Tieren in Kontakt zu treten. "Sie trauen sich da viel mehr zu", berichtet die Psychologin Becker-Mertelmeyer. Und die Eltern lernten ihre Kinder ganz neu kennen. Herzlich willkommen seien aber auch Großeltern, die ihre Enkelkinder begleiten.

Entspannung und Stressabbau stehen für die Kinder im Mittelpunkt; derweil können sich die Eltern beraten lassen, finden Menschen in vergleichbarer Situation zum Austausch oder bekommen konkrete, ganz praktische Hilfen für den Umgang mit den Herausforderungen des Alltags. "Stabilität und Sicherheit" sollten die Eltern trotz ihrer Erkrankung ihren Kindern nach und nach wieder bieten können, sagt Fachfrau Becker-Mertelmeyer.

19 Kinder und fünf Erwachsene waren schon am Eröffnungstag ins Café Seelengarten gekommen – über ein großes Netzwerk hat Miriam Becker-Mertelmeyer das Angebot bekannt gemacht. "Die Eltern kommen ja nicht einfach und sagen ‚ich bin psychisch krank‘", berichtet sie. Man müsse sie schon "ein bisschen finden". Mit einer halben Stelle im Projekt "Kinder im Mittelpunkt" des Sozialpsychiatrischen Zentrums Eitorf tätig, steht sie in Kontakt mit Kitas, Jugendzentren oder Beratungsstellen.

Ab Oktober gibt es in Bad Honnef eine Gruppe für zwölf- bis 18-Jährige

Sie schaue immer, "wo Familien sind, die Hilfe brauchen", erklärt die Fachfrau. "So offen wie möglich" möchte sie die Treffen im Café gestalten, die an jedem ersten und dritten Dienstag im Monat von 10 bis 12 Uhr stattfinden. Dabei hofft sie, dass aus den Treffen im Café, für zunächst drei Jahre finanziert aus dem Kinderhilfsfonds der Awo, irgendwann eine Selbsthilfegruppe erwächst.

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Seit August treffen sich an gleicher Stelle die sechs bis zwölf Jahre alten "Glücksdrachen", die zu Hause vor vergleichbaren Situationen stehen. Und am 10. Oktober startet als dritte Gruppe die der "Lebenskünstler", der 12 bis 18 Jahre alten Jugendlichen, deren Eltern psychisch krank sind. "Für die wird wenig getan", sagt Miriam Becker-Mertelmeyer. In dem Kunstangebot, das sie dann unterbreiten wird, sollen sie "lernen, stolz auf sich zu sein und glücklich werden in der Gruppe."

Miriam Becker-Mertelmeyer ist per Mail zu erreichen.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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