In einer idealen Welt wäre die Arbeit von Jennifer Kolonko überflüssig – doch davon ist die Welt weit entfernt.

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Immer noch erleben Frauen Benachteiligung im Beruf, stecken zurück, wenn es um die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie geht und müssen sich mit Vorurteilen aus der Mottenkiste herumschlagen.

Jennifer Kolonko ist seit Juni 2024 die neue Gleichstellungsbeauftragte der Hansestadt Wipperfürth. Sie kämpft dafür, dass Frauen die gleichen Rechte in Anspruch nehmen können wie Männer. Das beginnt damit, dass die 31-Jährige bei Vorstellungsgesprächen mit am Tisch sitzt. Sie berät Kolleginnen und Kollegen im Rathaus, die familienbedingt im Job etwas kürzer treten wollen. In der Praxis sei es immer noch so, dass Mütter von jüngeren Kindern häufiger als Väter in Teilzeit gehen. Und das, obwohl es bei der Stadtverwaltung viele flexible Teilzeitmodelle gebe. "Ich würde mir allerdings noch mehr 30-Stunden-Stellen wünschen", sagt sie.

Gleichstellungsplan der Hansestadt Wipperfürth bei Personalentwicklung

Als ein zentrales Instrument bei der Personalentwicklung dient der Gleichstellungsplan der Hansestadt Wipperfürth, den der Rat im Juni 2024 einstimmig beschlossen hat. Er gilt für die kommenden fünf Jahre, analysiert den Ist-Zustand und listet Defizite auf. Bei den hoch vergüteten Stellen etwa ist der Männeranteil immer noch höher als der Frauenanteil. "Aber wir sind auf einem guten Weg, was Frauen in Toppositionen angeht", ist die Gleichstellungsbeauftragte überzeugt.

Ein wichtiger Teil ihres Jobs ist außerdem die Öffentlichkeitsarbeit. "Frauen sollen gestärkt werden", sagt Kolonko – und das gelte für alle Frauen in Wipperfürth, nicht nur in der Verwaltung.

Jennifer Kolonko kam über Umwege zur Stadtverwaltung nach Wipperfürth. Geboren in der Nähe vom Worms, machte sie nach dem Abitur zunächst eine Lehre als Veranstaltungstechnikerin. Dann sattelte sie um und ließ sich zur Verwaltungswirtin ausbilden. Vor vier Jahren kam sie ins Wipperfürther Rathaus, wo sie verschiedene Stationen durchlief. Als Gleichstellungsbeauftragte hat die Mutter von zwei Jungen (sechs und acht Jahre alt) eine halbe Stelle. "Bevor ich selbst Kinder hatte, habe ich Teilzeitmuttis belächelt", erzählt die 31-Jährige ganz offen. "Das hat sich so was von geändert."

Gleichstellung: Ansprechpartnerin, wenn es um Anzüglichkeiten geht

Als Gleichstellungsbeauftragte ist Kolonko auch Ansprechpartnerin, wenn es um Anzüglichkeiten geht. Sie nennt ein Beispiel: Für den Rathaussturm an Weiberfastnacht sollten für die Fußtruppen neue Kostüme angeschafft werden. "Das vorgesehene Frauenkostüm hatte einen Ausschnitt, und da habe ich die Rückmeldung bekommen ‚das finde ich nicht gut‘."

Kolonko will sensibilisieren – den in der Praxis gebe es immer noch viele unterbewusste Vorurteile. Die Frauenbeauftragte bietet deshalb entsprechende Fortbildungen an und spricht auch mit den Führungskräften im Rathaus über Geschlechterthemen. "Rollenklischees sind oft gar nicht bewusst", so Kolonkos Erfahrung.

Für die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten spielt die Kommunikation eine zentrale Rolle. Wo immer möglich, achtet die 31-Jährige auf einer geschlechtersensible Sprache, benutzt neutrale Formulierungen wie "Beschäftigte" statt "Mitarbeiter".

Ein großes Anliegen ist Jennifer Kolonko der Kampf gegen Gewalt an Frauen. Zusammen mit ihren Kolleginnen in anderen Rathäusern in Oberberg ist sie deshalb auch beim Aktionstag "Oberberg sagt Nein zu Gewalt" am kommenden Montag im Bergischen Hof in Gummersbach vor Ort (siehe Infokasten). Wenn Frauen Gewalt erfahren, sei eine Soforthilfe wichtig. "Ich würde mit allerdings noch mehr Frauenhäuser wünschen", sagt Kolonko. Frauen aus Oberberg, die im Frauenhaus eine sichere Bleibe suchen, müssten derzeit oft eine Großstadt ausweichen.

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"Nein zu Gewalt"

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen findet am Montag, 25. November, von 11 bis 17 Uhr, im Bergischen Hof ein Aktionstag unter dem Motto "Oberberg sagt Nein zu Gewalt" statt. Verschiedene Organisationen sind mit Informationsständen vertreten, es gibt ein Bühnenprogramm, anonyme Beratung, Selbstbehauptungsangebote, Gewinnspiele, Aktionen, ein Mahnmal der Caritas Oberberg und eine Kinderecke. Schülerinnen der Gesamtschule Gummersbach bieten Snacks und Getränke an.   © Kölner Stadt-Anzeiger

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