Als sich Gudrun Schmidt-Esters im Oktober 2022 nach 20 Jahren als Leiterin des Keramions in den Ruhestand verabschiedete, war schon klar, dass sie der Keramik auch weiterhin als Autorin für Fachzeitschriften, als Rednerin bei Vernissagen und als Jury-Mitglied treu bleiben würde. Jetzt erlebt man die Kunst- und Sozialhistorikerin allerdings von einer ganz anderen Seite.

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Zusammen mit dem Literaturwissenschaftler Thomas Pago hat sie ein Buch geschrieben, mit dem sie einen Blick "Hinter Friedhofsmauern" wirft. Gudrun Schmidt-Esters ist seit Jahren eine "begeisterte Friedhofsflaneurin", die auch im Urlaub gerne entlang von Grabstätten spaziert.

Frechen/Köln: Anderthalb Jahre recherchiert

Diese Vorliebe teilt sie mit ihrem Co-Autor, der in der Verlagsbranche tätig ist. So entstand die Idee einer gemeinsamen Publikation, die sich mit "Trauer und Gedenken im Wandel" beschäftigt und sich "zentralen Fragen im Zusammenhang mit Tod und Friedhof" widmet. "Jeder hat geguckt, was ihn besonders interessiert", berichtet die 65-Jährige.

Anderthalb Jahre hat die Recherche gedauert. Rechtliche Fragen werden ebenso berührt wie die sich verändernde Friedhofskultur, Erd- und Feuerbestattung und der Trend zu Gemeinschaftsgräbern in Bestattungsgärten. Interviews mit einem Pfarrer, einer Bestatterin, einem Steinmetz, einer Stadtkonservatorin und einem Landschaftsarchitekten erweitern das Spektrum der Betrachtungen.

Gudrun Schmidt-Esters, die immer in der Nähe des Kölner Südfriedhofs gewohnt hat, ist tief in die Materie eingestiegen und hat "wahnsinnig viel recherchiert". Dabei ist ihr unter anderem aufgefallen, dass immer mehr Frauen als Quereinsteigerin den Beruf der Bestatterin wählen und dass es auf den Friedhöfen immer größere Leerflächen gibt, weil die Urnenbestattungen deutlich zunehmen.

"Deshalb müssen die Städte sich Umstrukturierungsmaßnahmen einfallen lassen", so Schmidt-Esters. "Friedhof for Future" lautet daher eines der Kapitel. Als zukünftige Leser haben die Autoren Menschen im Blick, die "Friedhöfe in ihrer Vielfalt lieben" und die sich "für unsere Alltagskultur und ihre Wandlungen interessieren".

Der Tonfall des Buchs ist sachlich-distanziert; Gedichte und Aphorismen aus verschiedenen Jahrhunderten bringen eine poetische Ebene hinein. Von Gudrun Schmidt-Esters stammen auch die meisten Fotos, die überwiegend auf dem Südfriedhof entstanden sind. Dass sich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen auch die Bestattungskultur verändert, gehört zu den wichtigen Beobachtungen der Autorin.

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"Was man im richtigen Leben erlebt, kann man auf dem Friedhof nachvollziehen", stellt sie fest. So werden die Familiengräber inzwischen abgelöst durch Gemeinschaftsgräber von "Wahlfamilien", zu denen sich Freunde und Nachbarn zusammenfinden. Gudrun Schmidt-Esters jedenfalls wird das Thema so schnell nicht loslassen.

Das Buch von Gudrun Schmidt-Esters und Thomas Pago mit dem Titel "Hinter Friedhofsmauern. Trauer und Gedenken im Wandel", ist im Elsinor Verlag Coesfeld erschienen, es kostet 22 Euro.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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