Es sollte ein Neustart werden nach den Querelen um Stephan Santelmann und Erik Werdel. Er scheint gelungen, zumindest innerhalb der rheinisch-bergischen CDU: Am Donnerstagabend ist Arne von Boetticher mit einem überzeugenden Votum als Kandidat für die Landratswahl ausgestattet worden: 116 von 122 Christdemokratinnen und Christdemokraten stimmten in Burscheid für den Mann aus Leichlingen. Es gab lediglich drei Nein-Stimmen.

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Der 41-Jährige hat bisher eine lupenreine Juristenkarriere hingelegt. Auf das Studium in Bonn folgte eine Anstellung in einer internationalen Kanzlei für Wirtschaftsrecht mit Sitz in Köln. Nach zwei Jahren wechselte von Boetticher zur Kölner Staatsanwaltschaft, wo er sich schwerpunktmäßig mit Wirtschaftskriminalität befasste. Vor kurzem orientierte sich der inzwischen dreifache Familienvater erneut um: Er wurde stellvertretender Leiter des Referats "Ressortkoordination Inneres und Justiz" in der Düsseldorfer Staatskanzlei. Das war aber nicht sein erster Berührungspunkt mit der Landespolitik: 2019 bis 2020 war er Geschäftsführer der Regierungskommission "Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen" unter Leitung von Wolfgang Bosbach.

Diese Sozialisation macht sich auch in seinen politischen Schwerpunkten bemerkbar. Fünf "sollte ich nennen", sagte er in seiner kompakten Bewerbungsrede in der Johannes-Löh-Schule. Als Erstes nannte von Boetticher die innere Sicherheit – wobei er das Thema weit fasst: Er nannte den Messer-Angriff von Solingen, aber auch das Hochwasser im Juli 2021, das auch in Leichlingen für Verheerungen gesorgt hat.

Ein Herz für die "Blaulicht-Familie"

Von Boetticher, der zudem ausgebildeter Rettungssanitäter ist, wünscht sich nicht nur "mehr Wertschätzung für die gesamte Blaulicht-Familie". Er will in dem Bereich auch organisatorisch optimieren: Das Gefahrenabwehrzentrum, in dem der Nachbarkreis Mettmann alle sicherheitsrelevanten Dienste zusammengefasst hat, ist für ihn ein Vorbild. Was aus seiner Sicht gar nicht geht: Auch die Polizei des Rheinisch-Bergischen Kreises an das Kölner Präsidium anzugliedern, so wie es nebenan in Leverkusen passiert ist. Von Boetticher fürchtet, dass so etwas zu Lasten der Polizeipräsenz ginge. Der richtige Ansprechpartner für dieses sensible Thema saß allerdings am Donnerstagabend in der Aula gleich neben ihm: Landesinnenminister Herbert Reul.

Zweiter Schwerpunkt sei Bildung, so der 41-Jährige: Dass sie das Vehikel für gesellschaftlichen und beruflichen Aufstieg ist, solle "wieder volle Gültigkeit haben". Sinnvoll findet der Leichlinger in diesem Zusammenhang den geplanten zentrale Berufsschulcampus in Bergisch Gladbach, an dem eines Tages 3500 junge Leute lernen sollen.

Verwaltung muss einfach laufen

Wichtig findet der Kandidat, der ein verwaltungswissenschaftliches Ergänzungsstudium absolviert hat, den Bürgerservice. Die Kreisverwaltung mit ihren rund 1000 Beschäftigten müsse auf allen Ebenen "einfach laufen", nur das sei guter Bürgerservice. Dass hier und da Luft nach oben ist, machten zwei Anmerkungen von Parteifreunden deutlich.

Mit Blick auf die Flächenausdehnung des Kreises will von Boetticher auch den Straßenbau nicht vernachlässigen. Dass ein CDU-Kandidat in diesem Zusammenhang nicht ohne eine ironische Anmerkung zu Lastenfahrrädern auskommt, ist selbstverständlich.

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Ein dickes Brett würde er als Landrat aber auch bohren wollen, kündigte von Boetticher an: Trotz eines Haushaltsdefizits, das sich in den kommenden Jahren auf jeweils 30 bis 40 Millionen Euro belaufen dürfte, will er die Kreisumlage "möglichst stabil" halten. Daneben will von Boetticher mehr mit den Kämmerern der Kommunen reden. Es gelte, das streitträchtige Thema besser zu moderieren. Dass insgesamt gespart werden muss, liege auf der Hand. Auch, dass die Bürgerinnen und Bürger das merken werden: "Wir müssen das gut erklären", so Arne von Boetticher.

Gut erklärt hat er seine Ziele am Donnerstagabend offenbar der CDU. Was noch fehlte, war Emotion. Der Landratskandidat ist erkennbar noch mehr Jurist als Politiker.   © Kölner Stadt-Anzeiger

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