2015 wurde er erstmals in der Dhünn gesichtet, seit gut zwei Jahren ist er an mehreren Flüssen in Rhein-Berg zu Hause: der Biber. Sein Zuhause aber könnte zum Problem werden – bei Hochwasser.

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Denn Biber leben in geräumigen Wohnbauten, den Biberburgen. Und die Tiere bauen Dämme, damit die Zugänge zu ihren Wohnröhren auch bei Niedrigwasser unter der Wasseroberfläche liegen und so vor ungebetenem Besuch geschützt sind.

Rösrath-Venauen, Kürtener Sülz, Odenthal, Scherfbach – die Verbreitung des Bibers kommt zunehmend in Schwung.

Wilfried Knickmeier, Artenschutz-Experte beim Rheinisch-Bergischen Kreis

Einerseits entstehen auf diese Weise – ökologisch wertvoll – unterschiedlichste Mini-Lebensräume: ruhige Wasserbecken fast ohne Strömung, sauerstoffreiche Wirbel und sichere Verstecke für zahlreiche Wasserlebewesen. Andererseits können Biberburgen und -dämme aber bei steigenden Pegeln auch zu unkontrollierbaren Überschwemmungen führen. Und: Sie können gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie verstoßen, die Durchgänge im Fließgewässer für den Zug von Wanderfischen wie dem Lachs vorsieht.

Aber wie soll man das einem Biber erklären, der noch dazu europaweit selbst zu den streng geschützten Arten zählt? Ein Problem, mit dem sich – auch in Erinnerung an die Starkregenflut vom Juli 2021 – jetzt der Naturschutzbeirat des Kreises befasst hat.

"Biber schaffen unbürokratisch und mit vergleichsweise wenig Aufwand Stillgewässer, so genannte Biberteiche", betont Wilfried Knickmeier, der beim Rheinisch-Bergischen Kreis für den Artenschutz zuständig ist. Angesicht des Umstandes, dass in den vergangenen 30 Jahren in Deutschland etwa 50 bis 90 Prozent der Stehenden Gewässer weggefallen seien, bilde die Aktivität von Bibern einen wichtigen ökologischen Beitrag, so Knickmeier. Allerdings dürften Hochwasserschutzmaßnahmen dadurch nicht gefährdet werden.

Es droht ein Konflikt zwischen Artenschutz und Hochwasserschutz

Ein Dilemma. Denn wegen des strengen Schutzes, unter dem der Biber stehe, würden strenge Störungs- und Zugriffsverbote gelten, so der Artenschutzexperte. Dabei gebe es etwa die Sorge, dass an der Sülzüberleitung oberhalb von Kürten, wo ab einem bestimmten Pegel Wasser von der Kürtener Sülz durch einen Tunnel in die Große Dhünn-Talsperre läuft, durch Biberaktivitäten die Anlagensicherheit beeinträchtigt werden könnte.

Auch deshalb werde derzeit in enger Zusammenarbeit auch mit der Biologischen Station, aber auch mit der Unteren Wasserbehörde, ein nachhaltiges Bibermanagement entwickelt, in dessen Zuge die Biberentwicklung engmaschig beobachtet werden soll, um so Konflikte möglichst zu vermeiden.

Sollten dennoch Eingriffe nötig sein, müsse zugesehen werden, dass diese auch rechtssicher vorgenommen werden könnten. "Wenn dramatische Ereignisse (wie eine Starkregenflut, d. Red.) zu befürchten sind, soll auf diese Weise dann sehr schnell gehandelt werden können", erläutert Knickmeier.

Der Biber wird sich laut Experten weiter in Rhein-Berg ausbreiten

Denn eines ist sicher: "Rösrath-Venauen, Kürtener Sülz, Odenthal, Scherfbach – die Verbreitung des Bibers kommt zunehmend in Schwung", so Wilfried Knickmeier. "Wir wünschen uns natürlich landesweite Regelungen, aber die werden nur bedingt in Aussicht gestellt", sagt er. Auch Entschädigungszahlungen gebe es derzeit in Nordrhein-Westfalen nicht.

Nachdem der Biber bereits 2023 in der Sülz in Lohmar und Rösrath nachgewiesen worden war und sich erste Hinweise auf eine Biberburg und damit auf seine Sesshaftwerdung ergaben, sind die im August 2024 in Rösrath-Venauen beobachteten Jungtiere laut Experten der Beweis dafür, dass der bis zu 1,30 Meter lang werdende Biber hier heimisch geworden ist.

Erster von Bibern geschaffener Teich im Odenthaler Scherfbachtal

Von den Behausungen der Nager, den Biberburgen, aber gibt es oft gleich mehrere im Revier eines Bibers. Der passionierte Hoch- und Tiefbauer errichtet sie – auch mithilfe seiner geschickten, handähnlichen Vorderpfoten – aus abgenagten Zweigen, Ästen und Schlamm.

In Odenthal sei am Scherfbach bereits ein erster Biberteich entstanden, den die Tiere anlegten, um Wasser aufzustauen und so die Eingänge zu ihren Wohnräumen stets unter dem Wasserspiegel zu halten. Das Konfliktpotenzial dort sei unterdessen nicht so hoch, da die Wiese, die gegebenenfalls überschwemmt werde, nicht intensiv genutzt werde, schätzt der Artenschutzexperte.

Gleichwohl müsse man sich Gedanken darüber machen, wie zu verfahren sei, wenn Biberburgen oder -dämme den Hochwasserschutz gefährdeten. In Rösrath-Venauen bestünden Verkehrssicherheitsprobleme durch von Bibern angenagte Bäume, die umzustürzen drohten. Zudem befinde sich mehr Treibholz im Fluss, das vom Aggerverband aus dem Fließgewässer herausgeholt werden müsse, damit es insbesondere bei Hochwasser nicht Durchlässe verstopfe, beispielsweise unter Brücken.

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Artenschutzexperte Wilfried Knickmeier ist sich sicher: "Der Biber wird sich auch bei uns weiter ausbreiten." Und: "Es ist wichtig, dass wir bestimmte Konfliktsituationen im Rahmen eines Managementplans rechtssicher regeln."

Fragen im Zusammenhang mit der Rückkehr des Bibers beantwortet der Artenschutz im Veterinäramt telefonisch unter 02202 13-2815 oder per E-Mail an artenschutz@rbk-online.de.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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