Am liebsten wäre Valerie Maassen einfach umgekehrt, als sie sich der letzten Herausforderung eines wilden Wettkampfes gegenübersah.

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Mehr als 15 Kilometer hatte die Antweilerin beim Tough Mudder bereits auf unwegsamem und matschigem Untergrund zurückgelegt, hatte sich 19-mal ihren Ängsten gestellt, war über sich selbst hinausgewachsen. Nun aber sollte ausgerechnet das letzte Hindernis auf dieser Reise die größte Hürde darstellen.

Das knapp kniehoch mit kaltem Wasser gefüllte Becken konnte sie selbst bei den Außentemperaturen von rund 14 Grad nicht schrecken. Deutlich respekteinflößender waren die nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche herabhängenden Fäden. Sie waren mit einer Stromstärke von 10.000 Volt geladen, die sie, ähnlich einem Weidezaun, in kurzen Impulsen an unvorsichtige Sportler abgaben.

Die Freude, den Tough Mudder geschafft zu haben, ist groß

Die ärgerlichen Flüche der Läufer vor ihr, die bereits mit den Fäden in Kontakt gekommen waren, erleichterten Valerie Maassen ihre Entscheidung nicht. Es brauchte den Zuspruch ihrer Freunde, bis sie sich doch ins kühle Nass stürzte. Mit angehaltenem Atem, nur mit den Augen über Wasser, absolvierte sie auch das letzte Hindernis und schrie ihre Freude über ihren ersten absolvierten Tough-Mudder-Lauf hinaus.

"Es ist ein unglaubliches Gefühl, alles geschafft zu haben", schwärmte Maassen, während sie ihre verdiente Medaille entgegennahm: "Ich bin gerade einfach nur stolz, dass wir das durchgezogen haben und kann gar nicht wirklich beschreiben, wie es mir jetzt geht." Ähnlich erging es auch Freundin Jana Klein, die kurz nach dem Zieleinlauf schon eine Wiederholung dieses Abenteuers ankündigte: "Sowas machen wir ganz sicher nochmal. Es hat viel zu viel Spaß gemacht, als dass wir jetzt einfach wieder damit aufhören könnten. Nächstes Mal sind wir wieder dabei."

Seit 2010 veranstaltet das Tough-Mudder-Team die gleichnamigen Extrem-Hindernisläufe, die auf der ganzen Welt jährlich tausende Sportbegeisterte im wahrsten Sinne des Wortes in den Schlamm schicken. Auch in Wachendorf warteten am Samstag rund 3000 Läuferinnen und Läufer auf den Startschuss, um sich dieser außergewöhnlichen Herausforderung zu stellen.

Das Gelände in Wachendorf gefällt den Läufern und den Organisatoren

"Einige Teilnehmer, die möglichst keinen Lauf verpassen wollen, sind heute sogar aus Amerika und Großbritannien hierhergekommen", berichtete Mitorganisatorin Emelye Ferguson: "Wir sind mit diesem Tough Mudder heute zum ersten Mal in Wachendorf, haben aber sofort festgestellt, dass sich das Gelände großartig für diese Veranstaltung eignet, und das haben auch viele Teilnehmer schon gemerkt."

Je mehr Schlamm, desto besser. Das sei das Motto der Hobbyathleten, deren Kleidung schon nach den ersten Minuten von farbenfroh und bunt zum einheitlichen, erdigen Braun überging. "Man kann sich nicht nur sportlich herausfordern, sondern stellt sich auch seinen Ängsten, wenn man alle Hindernisse mitnimmt."

Zwar betonte Ferguson, dass die Zeit nicht gemessen werde und auch keinerlei Rolle spiele. Dennoch sei der Lauf alles andere als ein Spaziergang: "Es gibt hohe Hürden, bei denen man steile Hänge hinunterrutschen muss, oder auch sehr enge Hindernisse, bei denen man ganz schön klaustrophobisch werden kann." Doch es sei gerade diese Form des Sich-selbst-Herausforderns, die besonders viele "Wiederholungstäter" immer wieder zu den Tough-Mudder-Läufen locke.

Uwe Borrmann hat sich für einen 100. Tough Mudder angekettet

Zu diesen Wiederholungstätern zählte Uwe Borrmann, der zum 100. Mal an den Start eines Tough-Mudder-Laufs ging. "Seit elf Jahren nehmen wir alle Wettbewerbe mit, die wir erreichen können – egal, wo auf der Welt sie stattfinden", berichtete der Kletterlehrer: "Wir haben schon bei 24-Stunden-Läufen mitgemacht, doch auch diese kleinen Kurse machen immer wieder Spaß."

Für sein Jubiläum hatte sich Borrmann, der bei den Läufern besser als Dobby bekannt ist, eine besondere Herausforderung einfallen lassen. Mit einem Seil hatte er sein Handgelenk an das seines Läuferkollegen Jens Fischer gebunden, der seinen 75. Tough Mudder absolvierte.

Nicht nur die gut 15 Kilometer lange Strecke, sondern auch die Hürden konnte das Duo nur gemeinsam absolvieren. "Man muss schon ein wenig verrückt sein, um so etwas durchzuziehen. Aber wir haben in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass wir durchaus verrückte Ideen lieben", erzählte Jens Fischer lachend: "Bei den Hindernissen, an denen es aus sicherheitstechnischen Gründen nicht möglich war, dass wir aneinandergekettet blieben, haben wir dann zusätzlich Liegestütze gemacht oder wir mussten uns mit einer Augenbinde blind durchschlagen."

Beim Tough Mudder in der Eifel wird nicht gejammert

Während sich Borrmann und Fischer nach dem Zieleinlauf sogar über eine goldene Krone als zusätzliche Auszeichnung freuen durften, war auch die Freude der übrigen Teilnehmer über ihre eigenen Leistungen groß. "Wir sind zum ersten Mal dabei und haben uns darum heute nur an die kurze Strecke von gut fünf Kilometern herangetraut", erklärte Ronnie Nübel: "Wir haben vor jedem Hindernis erstmal gewartet, wie die anderen durchkommen, aber von Mal zu Mal wurden wir mutiger und jetzt würde ich mich am liebsten sofort zum nächsten Rennen anmelden."

Jede gemeisterte Hürde habe ein unglaubliches Glücksgefühl ausgelöst, von dem sie gar nicht genug bekommen könne, stimmte Freundin Lisa Meißner zu: "Man wird schon vor dem Start beim Aufwärmen richtig aufgeheizt. Das zieht sich dann durch den ganzen Lauf, wenn man mitbekommt, wie die anderen Teilnehmer und auch die Zuschauer am Rand mitjubeln und anfeuern."

Für das Einheizen an der Startlinie war Dragan Pantic verantwortlich, der im 15-Minuten-Takt die Hobbysportler auf die Reise schickte. Mit Dehnübungen und Sicherheitshinweisen bereitete er die Läufer nicht nur auf die bevorstehenden Anstrengungen vor, sondern machte auch immer wieder deutlich, dass Teamwork und Sportsgeist wichtiger seien als die Zeit. "Hier wird nicht gejammert, hier stellen wir uns gemeinsam unseren Ängsten", schrie der Animateur den Startern entgegen.

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Ein paar Schmerzen und noch deutlich mehr Anstrengungen sollten folgen. Doch die waren vergessen, sobald die Teilnehmer ihre persönliche Herausforderung mit einem glücklichen Lächeln auf der Zielgeraden abschlossen.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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