Wenn am kommenden Sonntag die Nazis im Musical "Cabaret" im Forum zwar mit Ledermantel, aber ohne Hakenkreuze gezeigt werden, dann hat das einen Grund.

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Die Musical-Vorstellung ist eine von sechs Aufführungen, die die städtische Kulturabteilung unter dem Motto "Farbe bekennen– Musik und Theater gegen Rassismus und Hass" zu einer Reihe zusammengefasst hat.

Und dabei, das erklärt Dramaturgin Claudia Scherb dem "Leverkusener Anzeiger", gehe es auch darum, einen Bezug zur heutigen Zeit zu schaffen. Denn auch wenn heute in der Öffentlichkeit zumindest an Menschen keine Hakenkreuze mehr zu sehen sind: "Das ist so nah an unserem heutigen Leben", sagt Scherb. Das sei auch die Meinung der Regie und der musikalischen Leitung der "Cabaret"-Aufführung gewesen, sagt Scherb.

Claudia Scherb ist die Theater-Dramaturgin bei der Stadt, Andrea Klitzing die Konzert-Dramaturgin. Bei der Zusammenstellung ihrer Programme, sei der Holocaust-Gedenktag immer im Hinterkopf gewesen, sagt sie. Was von dem, was Künstler, Theater oder Agenturen dem Forum als Gastspielhaus anböten, zu diesem Thema passe, sei immer Teil der Überlegungen beim Kuratieren, sagt Scherb.

Leverkusen: Musical, Liederabend, Konzert und Theater

Dabei soll es aber gar nicht mal so sehr um den Gedenktag an sich gehen. Sondern eher: "Was kann ein künstlerischer und gesellschaftspolitisch relevanter Beitrag sein?" Herausgekommen ist eine Reihe mit sechs Veranstaltungen, "in unterschiedlichen Formen der Darstellung", sagt Scherb.

"Cabaret" ist der Anfang der Reihe. Das Musical basiert auf der Erzählung "Leb wohl, Berlin" von Christopher Isherwood. Der Autor erzählt darin von seinen eigenen Erlebnissen in den frühen 1930er-Jahren, von der zu Ende gehenden Weimarer Republik und vom aufkommenden Nationalsozialismus. "Intoleranz und Gewaltbereitschaft" spiegelten sich dort wider, sagt Scherb. Schlagwörter, die auch knapp 100 Jahre später wieder viel zu häufig Thema sind. Und ohne die plakative Nazi-Symbolik, die eigentlich in "Cabaret" gehört, erscheint die Inszenierung aktueller denn je.

In "Geheime Freunde" (nach dem Roman "Der gelbe Vogel" von Myron Levoy) geht es um eine Freundschaft zwischen dem jüdischen Jungen Alan und dem aus Frankreich vor den Nazis geflohenen Mädchen Naomi in New York im Zweiten Weltkrieg. Das Junge Theater Bonn bringt das Stück am Mittwoch, 15. Januar, 10 bis 12 Uhr, im Forum für Kinder ab zehn Jahren auf die Bühne. "Das ist ganz nah an der Gegenwart", sagt Claudia Scherb. Naomi sei durch die Flucht traumatisiert, was durch eine Schulschlägerei wieder hervorgeholt werde. "Das passiert heute noch genau so", sagt die Dramaturgin, die besonders hervorhebt, dass das ein Stück von Jugendlichen für Jugendliche ist.

Was kann ein künstlerischer und gesellschaftspolitisch relevanter Beitrag sein?

Claudia Scherb, Dramaturgin

Am Donnerstag, 23. Januar, 19.30 Uhr, im Schloss Morsbrich widmet sich das Trio Marvin (Marina Grauman an der Violine, Marius Urba am Violoncello und Dasol Kim am Klavier) der Komponisten-Freundschaft zwischen Mieczysław Weinberg (Polen) und
Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch (Russland), die sich "gegen schwierigste kulturelle und politische Bedingungen" behaupten musste, heißt es im Programm.

Auf den ersten Blick etwas fremd in dieser Reihe erscheint "Bericht für eine Akademie", ein Monolog von Thomas Goritzki nach der Erzählung von Frank Kafka. Darin geht es um den Affen Rotpeter, der von Afrika nach Europa entführt wird und zum Imitator von Menschen wird. Dabei muss er feststellen, "dass der Mensch oftmals mit ungehobeltem Verhalten versucht, seinen tierischen Ursprung zu leugnen, um sich als zivilisiert zu geben", steht im Programm. Klar seien das andere Vorzeichen als heute, aber ähnliche Strukturen, begründet Scherb die Aufnahme in die Reihe. Und das habe ihr auch Goritzki im Gespräch bestätigt. Der Vorstellungstermin ist Mittwoch, 29. Januar, 19.30 Uhr bis 20.30 Uhr im Forum.

Ein Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Hass soll auch das Konzert "Unvollendet?" der Bayer-Philharmoniker unter Leitung von Katharina Morin am Freitag, 14. Februar um 19.30 Uhr im Forum sein. Auf dem Programm stehen Werke von Künstlern, die "zu den Verfolgten und Verachteten" gehörten, zum Beispiel Yoav Talmi und Mieczysław Weinberg. Namensgebend für das Konzert ist Franz Schuberts "Unvollendete", die Sinfonie in h-Moll, mit der der Konzertabend eröffnet wird.

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Die Reihe "Farbe bekennen" beschließt "Exil", ein Liederabend mit Heinrich Heine. Beteiligt sind Cornel Frey (Tenor), Laura Brannath (Klavier und Komposition), Rosa Enskat (Sprecherin) und Andrea Klitzing (Idee und Realisation). Nationalismus und Antisemitismus führten dazu, dass Heine erst nicht mehr als Anwalt arbeiten durfte und schließlich zum Verbot seines literarischen Schaffend im deutschsprachigen Raum. 1830 wanderte er ins Exil nach Paris aus, wo er 1856 starb.

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