Natalie Dedreux strahlt über das ganze Gesicht. "Ich finde das so cool, dass ich den Preis bekomme", sagt die 25-jährige Kölnerin, die sich seit ihrem 18. Lebensjahr für Teilhabe und Inklusion einsetzt.
Jetzt wurde die junge Frau, die das Down-Syndrom hat, für die Verdienstmedaille vorgeschlagen. Am Dienstag bekommt sie diesen gemeinsam mit zwei weiteren Kölnerinnen und einem Kölner von Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Rathaus verliehen.
Dedreux wurde schlagartig bekannt, als sie 2017 Angela
Dass ein genetischer Bluttest zur Früherkennung des Down-Syndroms im Jahr 2019 zur Kassenleistung wurde, begleitete sie damals kritisch. "Wir wollen nicht aussortiert werden. Wir gehören dazu und wir sind auch cool", war und ist ihre Botschaft, die sie in Talkshows, ihrem Blog, aber auch in einem 2022 erschienen Buch unermüdlich in die Welt trägt.
Die in Mülheim aufgewachsene Frau mit dem Pagenkopf und der bunt bedruckten Latzhose lebt ihr Leben selbstbestimmt. Vor einem Jahr ist sie von einer Vierer-WG in Sülz umgezogen nach Rodenkirchen, in eine inklusive WG am Sürther Feld. "Dort sind wir zu neunt, fünf Menschen mit Behinderungen und vier Studenten", erzählt Natalie Dedreux. "Da ist mehr los als früher, immer ist jemand da, das gefällt mir."
Die 25-Jährige ist als geborene Kölnerin eben sehr gesellig. Und natürlich ist sie auch eine echte Jecke. "Am 11.11. waren wir bei den Roten Funken im Maritim, das war eine coole Party." In der Wohnung ihrer Mutter in Mülheim hat Dedreux noch heute ihr Büro. Mit der KVB fährt sie vom Kölner Süden auf die Schäl Sick und arbeitet dort in ihrem alten Kinderzimmer, das sie jetzt selbstbewusst ihr Büro nennt.
Leichte Sprache soll Standard werden für Behörden und Institutionen
Neben der gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz von Menschen mit und ohne Behinderungen ist es ihr ein besonderes Anliegen, die Welt für Menschen mit geistigen Einschränkungen oder Lernbehinderungen verständlicher zu machen. So überprüft sie Texte, die von einer Kollegin des Magazins Ohrenkuss in Leichte Sprache übertragen werden, auf ihre Verständlichkeit.
Ohrenkuss wird seit mehr als 25 Jahren von der Bonner Humangenetikerin Katja de Bragança herausgegeben, die zeigen wollte, dass Menschen mit Down-Syndrom sehr wohl in der Lage sind, Texte zu schreiben – und zu lesen. Ein Umstand, der vor Gründung des Magazins noch häufig angezweifelt wurde.
Natalie Dedreux hat sich zuletzt etwa mit der Übersetzung des Stücks Antigone in Leichte Sprache beschäftigt. Das inklusive Theaterprojekt Unlabel ist auch immer wieder unter ihren Auftraggebern. Wenn Natalie Dedreux an ihre Stadt Köln denkt, sieht sie noch viel Luft nach oben. Die KVB, aber auch die Stadt selbst hätten großen Nachholbedarf in Sachen Barrierefreiheit. Texte auf der Webseite sollen in Leichter Sprache verfügbar sein, sodass jeder und jede sie verstehen kann. Etwa wenn es um Hochwasser-Maßnahmen geht, ein Thema, das durch die Katastrophe in Spanien von vor wenigen Wochen wieder traurige Aktualität erlangt hat. "Die Menschen müssen doch beschützt werden", fordert Dedreux.
Auch das Thema Wählen liegt Dedreux am Herzen, auch hier müssen alle Informationen leicht verständlich für alle sein. Immerhin gibt es im nächsten Jahr zwei wichtige Wahlen. Dass die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel demnächst in Köln ihr Buch vorstellt, findet Natalie Dedreux spannend. "Klar würde ich sie gerne noch einmal treffen". Die beiden könnten ihre Bücher austauschen. Wer weiß, ob Angela Merkel sich noch an die selbstbewusste Kölnerin erinnert? Doch erst einmal ist Henriette Reker dran und die darf sich auch auf Kritik gefasst machen. Denn eins wird Natalie Dedreux sicher nie werden: leise.
Neben Natalie Dedreux erhalten Monika Fünfzig (Ehrenamtlerin in der Pfarrbücherei St. Agnes) und Dirk Rohde, der eine Krebserkrankung überwunden hat und sich nun in der Krebshilfe engagiert, am Dienstag, 19. November, aus den Händen von Henriette Reker die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland. Gudrun Kleinpaß-Börschel wird für ihr Engagement bei der Tafel in Deutz mit dem Verdienstkreuz am Bande geehrt. © Kölner Stadt-Anzeiger
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