Wieder ist eine echte Institution Geschichte: Nach 60 Jahren hat Joachim Frommold den Getränkemarkt, den seine Eltern Mitte der 1960er Jahre an gleicher Stelle in Wiehl-Drabenderhöhe eröffnet hatten, geschlossen.

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"Es fällt mir wahnsinnig schwer, den Laden hier zu machen zu müssen", sagt er an seinem letzten regulären Arbeitstag. Mehr als 50 Jahre lang hat er selbst dort angepackt, das Geschäft später von seinen Eltern übernommen.

Mitte der 1960er Jahre eröffnet

Den schwierigen letzten Tag musste er am Samstag nicht allein hinter sich bringen. Im Gegenteil: Dutzende Kunden und Nachbarn waren gekommen, um sich von dem traditionsreichen Geschäft und dem Getränkelieferanten ihres Vertrauens zu verabschieden – zumindest in gewerblicher Hinsicht.

Das bedeutet dem 66-Jährigen sehr viel: "Das ist das Dankeschön meiner Kunden dafür, dass ich immer für sie da war. Deswegen sind auch viele Vereine hier, die ich immer unterstützt habe, so gut ich konnte", sagt Joachim Frommold.

Die starke Bande zu Vereinen aus der näheren und weiteren Umgebung zeigte sich am Samstag tatsächlich: der MGV Drabenderhöhe und das Blasorchester Siebenbürgen-Drabenderhöhe brachten auf dem Hof vor dem Getränke-Geschäft musikalische Ständchen.

Abschied von den Drabenderhöher Vereinen

Schon vor zwei Wochen hatte es ein rührendes Abschiedsständchen gegeben, berichtet Frommold: "Vor 14 Tagen habe ich in Wiehl den städtischen Kindergarten beliefert, da stand der ganze Kindergarten und hat für mich gesungen."

Die Zusammenarbeit mit vielen Vereinen war von langjährigem Vertrauen geprägt: So mancher Verein hatte Frommold die Schlüssel zum Dorfhaus anvertraut. Vereine konnten ihn aber auch abends um zehn oder elf Uhr noch anrufen, wenn bei Festen die Getränke auszugehen drohten, berichtet Frommold. "So was gehört zum Geschäft dazu."

Doch damit ist jetzt Schluss. Aus gesundheitlichen Gründen hört Frommold auf, ein Nachfolger konnte nicht gefunden werden. "Leider", sagt der 66-Jährige, "ich habe es versucht, ich habe auch einen an der Hand gehabt, aber der ist kurzfristig wieder abgesprungen."

Jetzt zieht ein branchenfremdes Unternehmen in die Räumlichkeiten. "Die Leute wollen heute nicht mehr arbeiten", vermutet Frommold. Allerdings seien die Zeiten für die Getränke-Branche auch schwierig geworden – deutlich schwieriger als Mitte der 60er Jahre. "Da gab es auch noch keine Supermärkte", betont Frommold.

Dort gebe es Bierkästen auch schon mal unter dem Einkaufspreis – dank Mischkalkulation, die ein Getränkeanbieter seiner Größenordnung aber nicht anbieten könne. "Ich kann es den Kunden ja auch nicht verdenken, wenn sie dann im Supermarkt kaufen."

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Letzer Verkaufstag im Januar

Am kommenden Samstag öffnet Joachim Frommold von 10 bis 15 Uhr noch ein allerletztes Mal das Geschäft zum letzten Abverkauf. Dann ist Schluss. Und dann, sagt Frommolds Schwester Brigitte Gralla, muss mancher Kunde, gerade die älteren, die teils seit sechs Jahrzehnten von Frommold beliefert wurden, überlegen, wer künftig die Wasserkästen bringt. Denn über einen Service zum Ausliefern verfügen Supermärkte eher selten.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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