Eine für alle und alle für eine: In Overath haben sich drei Familien zusammengetan und in ihren Häusern ein nachbarschaftliches Wärmenetz installiert. Seit 2020 versorgt eine hybride Luftwärmepumpe die Reihenhausgruppe mit Wärme und Warmwasser.

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Die gemeinsame Wärmeversorgung sei für sie allerdings nicht neu, berichtet Jörg Moser, einer der Eigentümer. Ende der 90er Jahre seien die drei befreundeten Familien aus dem Raum Frechen nach Overath gezogen und es habe sich angeboten, gemeinsam zu bauen. Also kauften sie sich gemeinsam ein Grundstück, auf dem 1997 die drei Häuser entstanden.

Overather teilen technische Anlagen und die Kosten dafür

In den Planungsgesprächen mit dem Architekten sei ihnen schnell klar geworden, dass sie sich eine bessere Ausstattung leisten könnten, wenn sie sich die Technik für Wärmeversorgung, Wasser, Abwasser und Telefon teilen würden. "Die Anlagen, die sonst in jedes einzelne Haus eingebaut worden wären, wurden so nur einmal gebaut und alle Häuser wurden an sie angeschlossen", erläutert der Elektroingenieur.

Wie in einem Haus mit mehreren Eigentumswohnungen stellt die Heizungsanlage, 1997 noch eine Gastherme, rund um die Uhr Energie zur Verfügung. Jede Einheit kann sich davon so viel ziehen, wie sie benötigt. Gezählt wird der Bedarf über separate Zähler, die an Anlage angeschlossen sind. Der Heizungskeller, in dem die Geräte stehen, ist mit allen Häusern verbunden.

Overather investieren für Umwelt in eigenes Wärmenetz

Als die alte Heizungsanlage nach 23 Jahren kaputtging, entschied sich die Baugemeinschaft in Absprache mit einem Energieberater dafür, sie durch eine hybride Luftwärmepumpe zu ersetzen. Auch wenn das teurer gewesen sei, als eine neue Gastherme einzubauen. Der Umbau habe 27.000 Euro gekostet, wären die drei Haushalte beim fossilen Brennstoff geblieben, hätten sie nur rund 5000 Euro bezahlt.

Aber auch hier habe sich der Zusammenschluss ausgezahlt, da sie die Kosten für die Wärmepumpe geteilt hätten. "So ein Projekt funktioniert natürlich nur, wenn alle etwas ähnliches wollen", sagt Moser. Das sei bei ihnen der Fall gewesen: "Wir wollten schon immer weg von fossilen Energien", schildert er. Deswegen seien auch alle bereit gewesen, in den Umbau zu investieren.

Overather brauchen fast keine fossilen Energien mehr

Da sie auch eine PV-Anlage auf dem Dach haben, seien sie fast gar nicht mehr auf fossile Brennstoffe angewiesen. "Nur an den rund 20 Frosttagen, die wir im Jahr hier haben, greifen wir auf Erdgas zurück", erläutert Moser. Durch die Nähe zur Agger dürfen sie den Boden nicht anbohren und können keine Erdwärme nutzen.

Deswegen hätten sie sich für die hybride Luftwärmepumpe entschieden, die die Versorgung bei Frost allerdings nicht leisten könne – im Gegensatz zu Erdwärmepumpen. Das liege daran, dass der Boden meistens wärmer ist als die Luft. Somit ersetzten sie fossile Energien nicht komplett, ihr Anteil liege allerdings nur bei rund zwölf Prozent im Jahr.

Overather wünscht sich mehr kreative Ideen für Wärmewende

Moser sagt, er sei sich darüber bewusst, dass sich das Modell nicht für alle Eigentümer eigne. "Man muss sich natürlich vertrauen und so ein Projekt gemeinsam umsetzen wollen", meint er. Dennoch wünsche er sich, dass Beratungen über Wärmeversorgung kreativer abliefen. "Interessierte müssen mit Menschen in Kontakt kommen, die schon individuelle Lösungen erarbeitet haben", meint er.

Wenn man solche Erfahrungen austausche, könnten wieder neue Ideen entstehen. "Zu warten, bis in ein paar Jahren von oben eine zentrale Lösung kommt, ist nicht immer hilfreich", findet er. Dadurch werde verhindert, dass Leute sich selbst Gedanken machen und Lösungen entwickeln. Er sei froh darüber, dass Overath mit der kommunalen Wärmeplanung so weit sei und das Thema ernst nehme. Er glaube aber nicht, dass die Stadt mit pauschalen Lösungen weit komme.

"Ich sehe die Schwierigkeit, dass Leute durch die Wärmeplanung gehemmt werden, weil sie auf die Ergebnisse warten, bevor sie etwas entscheiden", meint Moser. Er könne sich allerdings nicht vorstellen, dass in den ausgewiesenen Gebieten zeitnah tatsächlich flächendeckende Wärmenetze entstehen. Deswegen verspreche er sich von individuellen Ideen schnellere Lösungen.

"Wer vor der Entscheidung steht, welche Möglichkeit für ihn am besten ist, sollte sich Hilfe bei einem unabhängigen Energieberater holen", meint er. Er finde es "schwierig", dass Energielieferanten, in Overath beispielsweise die Agger- Energie, gleichzeitig Energieberatung anbieten. Sie verfolgten schließlich auch das Ziel, ihre Produkte zu verkaufen.

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Die Energiegenossenschaft Overath, an der er sich beteiligt, biete zum Beispiel verschiedene Informationsmöglichkeiten an. Auch die Bürgerenergiemesse sei eine gute Gelegenheit, sich individuell beraten zu lassen, findet er.  © Kölner Stadt-Anzeiger