Angesichts der massiven Haushaltskrise der Stadt Köln wird die Wiedereröffnung der Besucherplattform auf dem Fernsehturm "Colonius" in den nächsten Jahren unwahrscheinlicher.

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Das hat eine Abfrage des "Kölner Stadt-Anzeiger" bei den fünf größten Fraktionen im Stadtrat ergeben. Das gilt damit auch für ein mögliches neues Restaurant in einer der Etagen in der Kanzel auf 166 Metern Höhe.

Beispielsweise sagte FDP-Fraktionschef Volker Görzel: "Solche Prestigeprojekte können wir uns zurzeit nicht leisten. Erst die Pflicht, dann die Kür!" Und Michael Weisenstein, Fraktionsgeschäftsführer der Linken, sagte: "Solange Köln, auch aus finanziellen Gründen, nicht in der Lage ist, die kommunale Daseinsvorsorge in guter Qualität zu garantieren, verbieten sich jegliche Ausgaben für ein solch überflüssiges Projekt wie den Colonius." Der Rat wird im September aber neu gewählt.

Kämmerin erwartet Milliarden-Verluste

In den nächsten fünf Jahren rechnet Kämmerin Dörte Diemert mit Verlusten von 1,73 Milliarden Euro für die Stadt. Viele Einrichtungen und Träger in der Stadt erhalten weniger Geld und müssen etwa Menschen entlassen. Sie demonstrieren gegen die Pläne der Stadt, am 13. Februar soll der Rat den Haushalt beschließen.

Der Turm gehört ohnehin der Deutschen Funkturm GmbH (DFMG) und nicht der Stadt. Seit 1994 ist die Gastronomie in der Kanzel auf 166 Meter geschlossen, 1999 war dann auch Schluss mit den Feiern privater Veranstalter im Fernsehturm an der Inneren Kanalstraße. Es braucht nach einer Sanierung auch noch einen Betreiber.

Grüne (26 von 90 Sitzen), CDU (20), SPD (19), Linke (6) und FDP (5) vereinen 76 von 90 Sitzen in dem Gremium. Und der Rat hatte eine 25-prozentige Beteiligung an den Sanierungskosten von 60 Millionen Euro im Oktober 2023 ohnehin an Fördergeld von Bund (50 Prozent) und Land (25 Prozent) geknüpft (wir berichteten). Die Stadt Köln müsste demnach 15 Millionen Euro bezahlen. Unter anderem der Brandschutz macht Probleme, die Fahrstühle müssten erneuert werden.

Denkmalschutz als Hebel

Im Beschluss des Rates hieß es: "Der Rat der Stadt Köln begrüßt es, dass dafür Fördermöglichkeiten gesucht werden und stellt seinerseits eine finanzielle Beteiligung in Aussicht, wenn ein mit allen Beteiligten abgestimmtes Konzept und eine tragbare Gesamtfinanzierung vorgelegt werden."

Der Denkmalschutz ist der Hebel, um an Fördergeld zu kommen, auch andere Städte wie Hamburg und Dresden setzen darauf. Der 266 Meter hohe Kölner Turm von 1981 steht seit zwei Jahren unter Schutz.

Doch seither hat sich wenig getan, auch in Berlin hat der Bundestag noch keinen Haushalt für das nächste Jahr präsentiert – und es dürfte fraglich sein, dass angesichts der Haushaltsprobleme im Bund für die Sanierung des "Colonius" Gelder in einem Topf für Denkmalschutz vorgesehen sind.

Und die Deutsche Funkturm und die Stadt zeigen auf Anfragen quasi mit dem Finger aufeinander. Ein Sprecher der DFMG sagte: "Wir stehen immer noch in den Startlöchern für eine mögliche Wiedereröffnung des Colonius für Besucher. Was wir vorbereiten konnten, haben wir in Form der Machbarkeitsstudie erledigt. Nun liegt der Ball bei der Stadt Köln als einer der Geldgeber und wir würden uns sehr freuen, wenn wieder mehr Bewegung in das Thema kommen würde."

Eine Sprecherin der Stadt teilte wiederum mit: "Die Verantwortlichkeit der Sanierung liegt bei der Eigentümerin des Colonius, der Deutschen Funkturm GmbH. Sie ist ebenfalls für die Bereitstellung der Mittel verantwortlich. Daher ist es wichtig, die Frage entsprechend an die Deutsche Funkturm GmbH zu richten, da sie die Federführung des Projektes inne hat."

Schneeloch: Nicht gefühlsduselig entscheiden

Vor gut einem Jahr war im Stadtrat die Frage aufgekommen, ob die Deutsche Funkturm sich nicht auch beteiligen könnten, das hatte das Unternehmen zumindest nicht ausgeschlossen.

Damals warf Sandra Schneeloch, finanzpolitische Sprecherin der Grünen, schon vor der Haushaltskrise die Frage auf, ob sich die Stadt angesichts von den Milliarden-Ausgaben für Verkehrs- und Energiewende sowie der Kulturbau-Sanierungen "ein Gebäude ans Bein binden will, das uns noch nicht mal gehört".

Sie forderte ein tragfähiges Finanzkonzept, "bevor wir gefühlsduselig fürs kölsche Hätz entscheiden". Jetzt teilen die Grünen mit: "Solange es keine Förderzusage von Land und Bund gibt, stellt sich diese Frage für uns nicht."

SPD will das Projekt zurückstellen

Niklas Kienitz, Fraktionsgeschäftsführer der CDU, bezeichnete auf Anfrage eine Wiedereröffnung als Gewinn: "Allerdings stellt die aktuelle finanzielle Situation der Stadt eine erhebliche Herausforderung dar. Ohne Förderung von Bund und Land ist eine städtische Finanzbeteiligung in der derzeitigen Haushaltslage ohnehin nur schwer vorstellbar."

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Und SPD-Fraktionschef Christian Joisten sagte: "In Köln drohen massive Sozialkürzungen. Jetzt muss alle Kraft darauf gerichtet werden, diesen Kahlschlag zu verhindern und das soziale Netz in Köln zu erhalten. Statt bei sozialen Strukturen zu kürzen, könnten Projekte wie die Colonius-Sanierung zurückgestellt werden."

Selbst Einzelmandatsträger Thor Zimmermann, der die mögliche Wiedereröffnung immer forciert hatte, sagte vor einem Jahr: "Es geht nicht um jeden Preis."  © Kölner Stadt-Anzeiger

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