Ein Anziehungspunkt für alle Natur- und Wanderfreunde ist kurz vor dem Jahreswechsel die Silvesterwanderung, die seit mehr als 40 Jahren in Mechernich angeboten wird.
Vom Bergbaumuseum aus geht es durch den Wald zu markanten Punkten, die im Laufe der jahrhundertealten Bergbaugeschichte am Bleiberg entstanden sind. Damit soll auch an die Schließung des Mechernicher Bleibergwerks Grube Günnersdorf erinnert werden, das am 31. Dezember 1957 geschlossen wurde.
Zwei Routen sind von den Ehrenamtlichen des Fördervereins bereits vor vielen Jahren ausgearbeitet worden. Entweder zwölf oder nur sechs Kilometer stehen zur Auswahl, die je nach Lust und Ausdauer, vielleicht aber auch nach dem Zeitkontingent ausgewählt werden können. Attraktiv für die Besucher: Die Teilnahme ist immer kostenlos.
342 Interessierte nahmen auch an diesem Silvester wieder an den Führungen des Bergbaumuseums teil. Doch darüber hinaus dürften es noch einige mehr gewesen sein, die bei frostigem, aber sonnigem Wetter über den Bleiberg wanderten.
Die Landschaft am Bleiberg in Mechernich wirkte wie verzaubert
Denn in den vielen Jahren, die vergangen sind, seit sich der Strempter Ernst Schoddel zum ersten Mal mit einer Gruppe Interessierter vom Mechernicher Rathaus aus auf den Weg gemacht hatte, haben gerade die Einheimischen die Touren so oft mitgemacht, dass sie es vorziehen, in kleineren Gruppen unterwegs zu sein. Dieses Mal konnten die Wanderer die Landschaft wie verzaubert erleben. Durch den Frost der Nacht hatte sich Raureif über Wege und Pflanzen gelegt und versah die Natur mit einem weißen Schimmer, der in der Sonne glitzerte.
Auch bei den geführten Wanderungen waren etliche Personen mit dabei, die die Geschichten vom Baltesbendener Weiher, dem Langen Emil oder den vielen anderen markanten Punkten, die am Weg bergbauhistorisch bedeutsam sind, schon in den Vorjahren gehört hatten. Was durchaus von Vorteil war angesichts der Größe der Gruppen, die mitunter mit den ehrenamtlichen Führern unterwegs sind. In den meisten Fällen konnten die Führungen in zwei Gruppen stattfinden, doch das war nicht immer möglich.
So platzte diesmal die letzte Gruppe, die mit Rolf Siegert auf die Reise ging, aus allen Nähten. 105 Wanderer gingen mit ihm die rund sechs Kilometer lange Runde durch das ehemalige Bergbaugelände. "Wer noch nie mit dabei war, sollte sich in der Nähe der Führer halten, um alles mitzubekommen, was er zu erzählen hat", gab Günter Nießen, Vorsitzender des Fördervereins, als Tipp mit auf den Weg.
Team des Besucherbergwerks gewinnt neue Mitstreiter
"Eigentlich wollte ich ja gar nichts mehr machen, wenn ich in Rente bin, und jetzt bin ich hier", sagte Siegert mit zufriedenem Grinsen, während er auf seinen Einsatz wartete. Doch da hatte er wohl die Rechnung ohne Nießen gemacht, der ihn nach alter Seemannssitte vor einigen Jahren als Grubenführer schanghait hatte. Jedoch geschah dies nicht in einer Piratenspelunke, sondern im Supermarkt. Da habe der Vorsitzende ihn angesprochen und gefragt, was er denn so machen würde. "Er kann sehr überzeugend sein, ohne ihn wäre das Besucherbergwerk nicht so gut aufgestellt", sagte Siegert über Nießen, der viel Zeit und Herzblut in die Grube Günnersdorf steckt.
So ist es ihm gelungen, junge Leute als Grubenführer zu gewinnen. Wie Jakob Trimborn, der an diesem Tag mit seinem Vater Johannes eine Führung übernommen hatte. Johannes Trimborn ist letztendlich auch verantwortlich dafür, dass sein Sprössling mit dem Bergbauvirus infiziert ist. Seit 15 Jahren ist er als Grubenführer unterwegs und betreut auch die Facebookseite des Vereins.
Die Führungen über und unter Tage sind unterschiedlich
"Mit Jakob und seinem jüngeren Bruder sind wir oft mit dem Zelt zu anderen Besucherbergwerken gefahren", berichtet Trimborn – und präsentiert ein Handyfoto als Beweis. Er selbst habe durch sein Studium Interesse an der Bergbauhistorie entwickelt – und nicht zuletzt durch die Tatsache, dass sein Urgroßvater Steiger in der Grube Glücksthal in Mahlberg gewesen sei. "Ich habe heute noch sein Arbeitsbuch", so Trimborn stolz. Mit seinem Hund hatte er am Morgen vor der Silvesterwanderung die Wegeverhältnisse getestet. "Die lassen sich gut gehen, denn der Matsch, der in der letzten Woche war, ist jetzt gefroren", sagte er. Nur in den Fahrspuren der Harvester sei es mitunter schwieriger.
Toni Reitz, Willy Stoboy, Joshua Dickmeis, Johann und Jakob Trimborn, Ralf Ernst und abschließend Rolf Siegert führten die Besuchergruppen über den Berg. Eine ungewohnte Aufgabe, wie Ernst sagte. Er habe noch einmal die Informationen aufgefrischt, die er den Besuchern mitgeben würde, sagte er. "Das sind ganz andere Infos als die, die wir unten im Besucherbergwerk geben", erklärte er den Unterschied zu den Führungen unter Tage. Zwar würden die Wanderungen auch im Rest des Jahres angeboten, doch tatsächlich werden die nur selten nachgefragt.
Mit ihren vierbeinigen Gefährten waren Mitglieder der Hundefreunde Nordeifel aus Lessenich nicht zum ersten Mal nach Mechernich gekommen, um die Runde durch das ehemalige Bergbaugebiet zu gehen. Doch nicht nur an Silvester seien sie hier unterwegs. "Wir gehen die Strecke hier auch schon einmal so", sagte Sabine Dürbaum. Und zu Silvester hätten sie auch schon einmal an anderer Stelle im Stadtgebiet eine Rundstrecke gesucht: "Da waren wir in Unterurholz", verriet sie.
Zum ersten Mal war dagegen die rund 15-köpfige Gruppe aus Schleiden dabei. "Wir gehen immer Silvester wandern und feiern hinterher gemeinsam", sagte Urban Scheld. Sie hatten sich die zwölf Kilometer lange Runde ausgesucht. "Der Aufwand muss sich doch lohnen", scherzte er, bevor sie sich Vater und Sohn Trimborn anschlossen und zur Wanderung starteten. © Kölner Stadt-Anzeiger
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.