Heiligabend auf dem Nordfriedhof in Siegburg, das klingt traurig – und war es ganz und gar nicht. Auch, aber nicht nur für trauernde Menschen, haben die Ehrenamtler vom Café T.o.d. ein Weihnachtsfest für Alleinstehende organisiert.
So wie die Ehrenamtler über das Jahr mit dem Café und unterschiedlichen Angeboten Möglichkeiten für Gespräche und Beisammensein bieten, wollten sie dies auch an Heiligabend tun. 2015 gründete sich der Verein, der Tabus offen diskutieren (dafür steht die Abkürzung T.o.d.) und für Menschen da sein will. "Die Einsamkeit ist so groß geworden", hat die 1. Vorsitzende Uschi Stenz beobachtet.
2023 veranstaltete der Verein das erste Weihnachtsessen für Alleinstehende im Café T.o.d., als Heiligabend auf einen Sonntag fiel."Normalerweise kann man ja in die Läden gehen, aber da war alles zu", sagt Stenz, die früher bereits mit ihren Töchtern bei den Steyler Missionaren ein ähnliches Angebot über die Festtage machte. Alleinsein sei an Weihnachten schwerer auszuhalten als an anderen Tagen, wenn hell erleuchtete Fenster eine heile Familie vortäuschten.
Spontan schaute eine Besucherin in die Trauerhalle in Siegburg – und wurde eingeladen, mitzuessen
In diesem Jahr gab es so viele Anmeldungen für das gemeinsame Weihnachtsfest, dass die lange Tafel in der Trauerhalle aufgebaut wurde, mit festlicher Beleuchtung und einem reichhaltigen, aus Spenden finanzierten Buffet. Etliche Bekannte und Freunde fanden sich ein, die sich von anderen Veranstaltungen kannten, aber auch Neulinge. Und spontan betrat eine Dame die Halle, die die brennende Feuerschale vor den Treppenstufen gesehen hatte und wissen wollte, was in dem Raum passiere.
Natürlich habe man sie nicht weggeschickt, sondern eingeladen, sich zu den anderen an den Tisch zu setzen. "Und jetzt unterhält sie sich angeregt mit den anderen", berichtet Stenz erfreut. Die Feuerschale sei bewusst vor dem Eingang angezündet worden, sagt die Ehrenamtlerin, um Licht und Wärme auszustrahlen.
Und noch zwei spontane Gäste waren an Heiligabend zum Fest auf den Nordfriedhof gekommen: Studiobühne-Leiter René Böttcher und seine achtjährige Tochter Danaé hatten ein lustig-besinnliches Weihnachtsprogramm mitgebracht. An der Käsetheke im Biosupermarkt, wo Stenz arbeitet, seien sie ins Gespräch gekommen, berichtet Böttcher.
Von der Idee eines Weihnachtsfestes für Menschen, die Lust auf Gesellschaft haben, sei er angetan gewesen. In Dresden, wo Böttcher aufwuchs, habe es das mit der DDR-Hilfsorganisation Volkssolidarität für ältere Menschen auch gegeben: "Als Siebenjähriger bin ich da aufgetreten." Daher habe er seine Tochter gefragt, ob sie sich vorstellen könne, mit ihm Gedichte aufzusagen. Sie konnte – und wie!
"Flügelschlagend und ganz leise, geht ein Engel auf die Reise; fliegt hinunter auf die Erde, auf dass Weihnachten werde." Das zitierte die Achtjährige in rasend schnellem Tempo, während sie ihren Vater für seine Faxen rügte. Dafür gab es viel Applaus und einen Gutschein für die Bonner Zauberwochen.
Auch sie und ihr Team profitierten von dem Fest, sagt Stenz: "Was wir hier bekommen, dieser Dank, dieses Erzählen untereinander – das ist Weihnachten!" © Kölner Stadt-Anzeiger
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