Leverkusen bekommt einen Rotlicht-Bezirk – am Oulusee. Die Sache verhält sich aber anders, als man vielleicht denken mag, denn man muss das mit dem Rotlicht hier wörtlich nehmen.

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Die rote Zone entsteht durch den Austausch der Leuchten an den Spazierwegen rund um den See gegen LED-Lampen, deren Licht sich im Laufe der Dämmerung am Abend in ein warmes Rot wandelt.

Naturschutz und speziell der Schutz von Insekten soll dadurch wesentlich verbessert werden, ohne dass die Sicherheit der nächtlichen Spaziergänger, Hunde-Ausführer und Radler beeinträchtigt werden soll. Rotes Licht von der richtigen Wellenlänge hat einige Vorteile gegenüber Lampen mit einem hohen Blau-Anteil. Es blendet nicht, weshalb es zum Beispiel in U-Booten eingeschaltet wird, wenn es ernst wird: Das Auge muss sich nicht dauernd umstellen und durchdringt ungestörter dunkle Bereiche. Rotes Licht wirkt warm und ihm wird auch eine beruhigende Wirkung zugesprochen. Katharina Blezers von der Stadtverwaltung und Hans-Martin Kochanek stellten das Projekt im Naturschutzbeirat vor.

Der ehemalige Leiter des Naturguts und heutige Vorsitzende des Nabu Leverkusen hat sich auf einer Urlaubsreise in Ahrenshoop an der Ostsee eine erste Versuchsstrecke angesehen. Kochanek sagt: "Wir haben uns in dem roten Licht wohl und sicher gefühlt." Er erklärt: In der Dämmerung schalten sich die Lampen langsam ein, erst mal mit einer fast weißen Lichtfarbe, aber ohne Blauanteil. Erst um 23 Uhr verändern die Lampen ihre Farbe in ein tieferes Rot. Da in Ahrenshoop andere Insekten leben als am Ophovener Weiher, wird die Farbe in Leverkusen etwas anders gemischt. Im Sommer sollen sie um 22 Uhr auf Rot umschalten, sagt Frau Blezers, im Winter etwas später. Wann die neuen Lampen geliefert werden, konnte sie nicht sagen, aber man wartet wohl darauf. Jeder Leuchtkörper habe eine eigene Steuerungselektronik, ein Programm steuert das Licht, abhängig von der Jahreszeit. Die genauen Phasen der Lichtsteuerung müsse man vermutlich irgendwann nachjustieren.

Das Umschalten auf Rotlicht, wo es geht, sei eine echte Verbesserung im Umweltschutz, die nur Vorteile böte, so Kochanek. Der Vorsitzende im Naturschutzbeirat, Martin Denecke, kommentierte zufrieden: "Das ist ein altes Anliegen von uns." Damit meint er den Schutz der Insekten und Fledermäusen, von denen es am Ophovener Weiher eine Menge gibt. Lampen mit blauem Lichtanteil wirkten nachts als wahre "Insektenstaubsauger". Jeder kennt das, wenn Lampen im Sommer von Spinnetzen wie eingewebt sind. Die Spinnen machen sich den Effekt zunutze, dass fliegende Insekten zu den Lampen fliegen und leichte Beute werden. "Die Spinnen sind ja auch nicht doof", sagt Kochanek. Auch Fledermäuse leiden unter falschen Lampen, aber auf andere Weise: Weil die Insekten angezogen werden, können sich die Fledermäuse in jeder Nacht pappsatt fressen und bringen so die Fauna aus dem Gleichgewicht.

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Die heutigen Lampen am Oulusee sind besonders schlecht: Das sind im Prinzip Glaskugeln, die ihr Licht zu allen Seiten abgeben und nicht zielgerichtet nach unten auf den Weg: Lichtverschmutzung. Kochanek sagt, dass der Lichtsmog neben der Vernichtung von Lebensraum und der Verwendung von Insektenvernichtungsmitteln und intensiver Landwirtschaft einer der Hauptgründe für das fatale Insektensterben sei. Am besten sei zwar immer noch gar keine Beleuchtung, wo es gehe, aber mit den neuen roten Lampen sei Leverkusen nach seiner Kenntnis "ganz vorne dran".  © Kölner Stadt-Anzeiger

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