Schrecksekunde über den Wolken: Nach heftigen Turbulenzen musste ein Airbus A380 der Fluglinie Air France kurz nach seinem Start wieder umkehren. Solch ein Vorfall ist nicht nur ungemütlich für die Passagiere, sondern verstärkt bei vielen die Panik vor Flugreisen. Obwohl das Flugzeug statistisch gesehen das sicherste Verkehrsmittel ist, sorgen diese Horrormeldungen für Unruhe.
2014 war ein Jahr der grausamen Nachrichten für Flugreisende: Der Absturz der MH17 und der Raketeneinschlag nahe dem Flughafen von Tel Aviv sorgten im Sommer für Unbehagen. Nun musste auch noch eine Airbus-Maschine wegen einer Schlechtwetterfront im Flug umkehren. Sogar den deutschen Außenminister
Kerosinmangel
Fluggesellschaften kalkulieren den Treibstoffverbrauch ihrer Fluggeräte oft hart am Limit. Die Betriebskosten sollen so gering wie möglich gehalten werden, mehr Kerosin im Tank verursacht einen höheren Verbrauch. Die Tankmengen sind zwar gesetzlich geregelt, es existieren aber Spielräume, die gerade Billigairlines gerne ausnutzen. Gefährlich wird diese Strategie dann, wenn es zu Zwischenfällen kommt, einem Ausweichmanöver wegen Schlechtwetter zum Beispiel. Allein am 26. Juli 2012 mussten drei Maschinen der Fluggesellschaft Ryanair notlanden, weil der Treibstoff auszugehen drohte.
Giftige Gase
Die Frischluft für die Flugzeugkabine wird aus einer Zapfanlage nahe des Triebwerks zugeführt. Ein Defekt an der Dichtung kann leicht dazu führen, dass das Triebwerksöl verdampft und das Nervengift Tricresylphosphat (TCP) in das Flugzeuginnere gerät. Piloten und Stewardessen klagen tatsächlich häufig über Schwindel, Übelkeit und Erbrechen - typische Symptome, die das TCP hervorruft. Das Krankheitsbild nennt sich Aerotoxisches Syndrom. In hohen Dosen wirkt das Nervengift sogar tödlich. Menschen, die selten fliegen, werden in der Regel aber nicht gesundheitlich beeinträchtigt. Einer Studie der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) zufolge stiegen die Meldungen über verdächtigen Geruch im Zeitraum von 2006 bis 2013 von anfangs 18 auf 146 an.
Höhenstrahlung
Das Flugpersonal und Vielflieger sind zudem von der radioaktiven Höhenstrahlung betroffen. Über den Wolken ist die Belastung durch Röntgen- und Gammastrahlung viel höher. Wer sich, wie Piloten und Flugbegleiter, regelmäßig in der Luft aufhält, nimmt im Schnitt ein Viertel mehr von der Strahlung auf. Wer das Flugzeug aber nur für Urlaubsreisen nutzt, muss sich keine Sorgen machen.
Mobile Geräte
Auch die mitgebrachte Elektronik stellt ein Sicherheitsrisiko beim Fliegen dar, das berichtet unter anderem der Nachrichtendienst "Heise". Aber nicht die Strahlung sei gefährlich für die Reisenden. Vielmehr können mobile Geräte bei Turbulenzen zu Geschossen werden, die unkontrolliert durch den Fahrgastraum fliegen. Handys, Tablets und Laptops sind unter anderem an Bord von Flugzeugen der Lufthansa erlaubt. Die Airline bietet sogar einen bezahlpflichtigen Internetzugang an. Experten warnen vor unzureichend gesicherten Geräten, die sich während der Start- und Landephase verselbstständigen können.
Schlafende Piloten
Jeder dritte europäische Pilot ist schon einmal am Steuer eingeschlafen. Das geht aus einer Umfrage der Europäischen Pilotenvereinigung ECA hervor, die in der "Bild am Sonntag" veröffentlicht wurde. Vier von fünf deutschen Flugzeugkapitänen geben sogar zu, aus Müdigkeit Fehler gemacht zu haben. Dass Übermüdung ein ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko darstellt, zeigt auch ein Vorfall, der sich am Münchner Flughafen ereignete: Eine Maschine von Air Berlin musste notlanden, weil die Piloten sich zu erschöpft fühlten, um weiterzufliegen. Trotzdem will die Europäische Luftsicherheitsbehörde (EASA) die Flugdienstzeiten kommendes Jahr sogar noch verlängern.
Falscher Pilot an Bord
Nach einer Statistik von "planecrashinfo.com" sind etwa 50 Prozent der tödlichen Flugzeugunglücke auf Pilotenfehler zurückzuführen. Schlimm genug, doch wie mag die Bilanz ausfallen, wenn der Mann hinterm Steuer noch nicht einmal einen Pilotenschein besitzt? Ein als Pilot verkleideter Hochstapler schaffte es zwar nicht an den Steuerknüppel, aber immerhin ins Cockpit. Mit einer Passagiermaschine der Lufthansa-Tochter Air Dolomiti flog er im Führerstand von München nach Turin. Ein Lufthansa-Sprecher räumte nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa ein, es gebe Hinweise, dass der arbeitslose Italiener schon häufiger im Führerstand mitgeflogen sei. Es wird davon ausgegangen, dass er - in Uniform und mit gefälschtem Ausweis - als Passagier an Bord ging und dort die Crew täuschte, indem er sich als dritter Pilot ausgab. Reines Glück also, dass er nicht auch das Steuer übernahm. Im September 2012 wurde der 32-Jährige verhaftet.
Betrunken im Cockpit
Angezwitschert ein Flugzeug mit hunderten Passagieren fliegen? Viele Piloten trauen sich das offenbar zu. So auch eine Kapitänin der australischen Airline Qantas, die mit einer Alkoholfahne im Cockpit erschien. Statt abzuheben wurde sie jedoch von der Airline zum Alkoholtest geschickt. Der fiel positiv aus, die Pilotin wurde vom Dienst suspendiert. Leider ist nicht auszuschließen, dass Piloten öfter alkoholisiert zum Dienst erscheinen. Kontrollen durch Fliegerärzte seien unzureichend, weil Alkoholprobleme erst einmal unauffällig seien, sagt Uwe Beiderwellen vom Deutschen Fliegerarztverband gegenüber "Welt Online".
Beinahe-Crashs in der Luft
Nicht nur Piloten können die Sicherheit der Passagiere gefährden, auch Fehler von Fluglotsen stellen ein immenses Risiko dar. Deutlich wurde dies zuletzt im Dezember 2013 am Frankfurter Flughafen. Wegen eines Missverständnisses der Fluglotsen kamen sich zwei Passagierflieger gefährlich nah: Statt der vorgeschriebenen 12,8 Kilometer habe der Abstand nur 1,8 Kilometer betragen, gab die Deutsche Flugsicherung bekannt. Erst im April kam der Vorfall an die Öffentlichkeit. Eine Seltenheit scheint er jedoch nicht zu sein: Nach einer Untersuchung der TU Braunschweig wird in Deutschland jeden Tag fünf Mal Kollisionsalarm ausgelöst. Studienleiter und Sicherheitsforscher Peter Form erläutert gegenüber der "Süddeutschen Zeitung", dass dem Piloten in solchen Fällen etwa 15 Sekunden bleiben, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.
Risse in den Flügeln
Der europäische Flugzeugbauer Airbus sorgte im Januar 2012 für Aufregung: Techniker entdeckten bei einigen A380-Maschinen kleine Risse in den Flügeln. Welche der sieben Fluglinien, die den A380 derzeit in Betrieb haben, betroffen waren, wollte Airbus nicht verraten. Der Flugzeughersteller beschwichtigt: Die Haarrisse würden die Flugsicherheit nicht beeinträchtigen. Die europäische Flugsicherheitsbehörde ordnete jedoch an, die gesamte Flotte zu untersuchen, sobald diese eine bestimmte Anzahl an Flügen absolviert hätten. Es dauerte insgesamt eineinhalb Jahre, bis die Probleme behoben waren.
Fliegen ist so sicher wie nie
Trotz der Horrormeldungen müssen sich Passagiere wenig Sorgen über einen Absturz machen: Fliegen ist nicht unsicherer geworden, im Gegenteil. Jan-Arwed Richter, Geschäftsführer des Hamburger Flugunfallbüros JACDEC, sagt: "In den Jahren 2011 und 2012 lag die Opferzahl jeweils bei unter 500 Menschen pro Jahr. Das Jahr 2013 übertraf sogar alle bisherigen Rekordmarken noch einmal deutlich nach unten."
(sist/sag)
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