Die Caravaning-Branche hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Nach Produktionsproblemen wird wieder produziert trotzdem stehen Händler vor Problemen. promobil gibt einen Überblick und verrät, warum Sie jetzt ein Wohnmobil kaufen sollten.

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Schlagzeilen in der Tagespresse prognostizierten im vergangenen Jahr das Ende des Campingbooms. Nachrichten über gedrosselte Produktionslinien bei Herstellern von Freizeitfahrzeugen und Insolvenzen von Caravaning-Händlern sowie Vermietern schürten Verunsicherung. Die Berichte über Razzien im Umfeld von Knaus Tabbert und die damit verbundene Festnahme zweier Vorstände lassen die Diskussionen so schnell nicht abreißen. Doch wie ist es tatsächlich um die Caravaning-Branche bestellt? Vor welchen Herausforderungen stehen Hersteller und Händler, und was können Kaufinteressierte erwarten?

Marktanteile in Deutschland

Der Reisemobilmarkt in Deutschland wird mit einem Anteil von über 72 Prozent von acht Herstellergruppen getragen. Das ergibt die Auswertung des Caravaning Industrieverbands Deutschland (CIVD) für das Jahr 2023. Alle Gruppen vereinen mehrere Marken unter einem Dach und bieten je nach Gruppengröße ein mehr oder weniger breites Reisemobil-Portfolio in unterschiedlichen Preisklassen an. Die Ausbauten der Automobilhersteller nehmen über ein Fünftel ein, führend ist dabei Volkswagen mit 18,3 Prozent, gefolgt von Mercedes mit 2,2 Prozent und Ford mit 1,9 Prozent.

Größte Herstellergruppe in Deutschland ist laut CIVD-Auswertung die Erwin Hymer Group (EHG) mit einem Marktanteil von 25,4 Prozent gemessen an den Neuzulassungen 2023 in Deutschland. Sie ist seit 2018 eine hundertprozentige Tochter des US-Konzerns Thor-Industries. In Deutschland offerieren die elf EHG-Marken Bürstner, Carado, Crosscamp, Dethleffs, Eriba, Etrusco, Hymer, Laika, LMC, Niesmann+Bischoff und Sunlight Reisemobile. Im Finanzjahr 2023/24 erzielt die EHG mit 3,36 Milliarden US-Dollar nach eigenen Angaben den höchsten Umsatz in der Unternehmensgeschichte mit insgesamt 55.317 abgesetzten Fahrzeugen in Europa.

Die französische Trigano-Gruppe erreicht 2023 laut Herstellerverband einen Marktanteil von 16,5 Prozent. Auf dem deutschen Markt ist sie inzwischen mit den fünfzehn Reisemobilmarken Adria Mobil, Benimar, Challenger, Chausson, Eura Mobil, Forster, Karmann Mobil, Mobilvetta, Notin, Panama, Randger, Rimor, Roller Team, Sun Living und Xgo vertreten. Trigano verzeichnete im Finanzjahr 2023/24 eine Umsatzsteigerung von 12,8 Prozent auf 3,93 Milliarden Euro, angetrieben vom Reisemobilgeschäft mit einem Plus von 21,7 Prozent.

Den dritten Rang bei den Herstellergruppen besetzt laut CIVD mit einem Anteil von 14,7 Prozent im Jahr 2023 die Knaus Tabbert AG. Ihre Reisemobilmarke Knaus ist mit 8,5 Prozent Marktführer unter den Reisemobilmarken in Deutschland. Im Portfolio der börsennotierten Aktiengesellschaft finden sich außerdem die Luxusmarke Morelo sowie die Marke Weinsberg. Letztere hat sich in den vergangenen Jahren von der preiswerten Einsteigermarke hin zum breitaufgestellten Vollsortimenter weiterentwickelt.

Umsatzrekorde vermeldete die Knaus Tabbert AG bei der Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das Jahr 2023. Im Februar 2024 gab die AG das größte Umsatzwachstum in der Unternehmensgeschichte von 37,3 Prozent auf 1,44 Milliarden Euro bekannt; ein Plus bei Reisemobilen um 64,7 Prozent, bei den Camper-Vans sogar um 79,9 Prozent.

Rang vier bei den Herstellergruppen auf dem Reisemobilmarkt belegte im Jahr 2023 die Pössl-Gruppe mit einem 7,8-prozentigen Anteil an den Neuzulassungen. Der Spezialist für Campingbusse ist mit den Marken Clever Vans, Roadcar, Globecar, Vanline und Pössl selbst auf dem Markt.

Mit drei Prozent Marktanteil folgt die Pilote-Gruppe mit den in Deutschland verfügbaren Marken Frankia, Joa Camp, Le Voyageur, Mooveo, Pilote und Yucon. Die Carthago-Gruppe erreicht mit den Marken Carthago und Malibu 2,8 Prozent und die Rapido-Gruppe 1,9 Prozent mit den Marken Rapido, Itineo, Fleurette/Florium, Dreamer, City und Westfalia. Die im Caravan-Segment mit fast 40 Prozent stärkste Gruppe, Hobby-Fendt, liegt bei den Reisemobilen nur bei einem Anteil von 1,1 Prozent.

Unter den restlichen 4,4 Prozent "Weitere" finden sich unter anderem die Einzelmarken Concorde, Kabe, La Strada, Megamobil und Phoenix mit Marktanteilen von 0,1 Prozent bis 0,2 Prozent.

Entwicklung der Branche

Bereits vor der Pandemie erlebte die Caravaning-Branche einen Boom. Das Wachstum bei den Neuzulassungen von Reisemobilen in Deutschland liegt seit 2015 ungebrochen im zweistelligen Plusbereich. Das Rekordjahr vor der Pandemie war 2016 mit einer Steigerung von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den drei Folgejahren liegt das jährliche Wachstum bei jeweils über 15 Prozent. Nochmals getoppt wird der Rekordwert aus dem Jahr 2016 im ersten Pandemiejahr 2020. Die Zahl der Neuzulassungen in Deutschland steigt im Vergleich zu 2019 um 44,8 Prozent auf 78.055 Reisemobile.

Produziert wurden dagegen im ersten Pandemiejahr bereits 2,1 Prozent weniger als 2019. Die Hersteller von Freizeitfahrzeugen kämpften im zweiten Pandemiejahr 2021 und nach Beginn des Ukraine-Kriegs 2022 zunehmend mit erheblichen Problemen durch stockende Lieferketten. Hersteller und Händler konnten die gestiegene Nachfrage nach Reisemobilen nicht mehr bedienen.

Nachdem sich die Produktionsbedingungen 2023/24 wieder stabilisierten, führte das laut CIVD "nicht nur zu einem signifikanten Anstieg der Produktionszahlen", sondern auch zu einer erheblichen Steigerung der Fahrzeugbestände bei den Händlern innerhalb kurzer Zeit. "Die Marktsituation wandelte sich von einem knappen hin zu einem Überangebot", so der Verband.

Überangebot an Campingfahrzeugen

In der Folge drosselten einige Hersteller die Produktion. Die Knaus Tabbert AG beispielsweise verlängerte 2024 die Werksferien und ließ die Produktion in den beiden Hauptwerken Jandelsbrunn und Nagyoroszi gebremst laufen. Ab Mitte November wurde dann bis Ende Januar 2025 komplett pausiert.

Nach dem Führungswechsel bei Knaus Tabbert Ende vergangenen Jahres leitet der neue CEO und Hauptanteilseigner Wim de Pundert zusammen mit dem neuen Finanzvorstand Radim Ševcik das Unternehmen. Im Gespräch mit promobil räumt de Pundert ein, dass die ehemalige Unternehmensführung von Knaus Tabbert die Produktion nicht rechtzeitig begrenzt habe. Zudem seien die Handelspartner zu wenig in die Produktentwicklung mit einbezogen worden. Das soll sich mit der neuen Führung in Zukunft ändern.

Auch bei der Trigano-Gruppe wurde laut einer Unternehmensmitteilung aus dem November 2024 das Produktionsniveau für bestimmte Produkte, vor allem Vans und Campingbusse, 2024 gedrosselt. Eine vorübergehende Überproduktion in diesem Marktsegment schildert auch der Geschäftsführer Dr. Holger Siebert von Eura Mobil und Trigano Haus in Sprendlingen gegenüber promobil. Besondere Modelle auf Mercedes-Fahrgestellen wurden produziert, als die Lieferkette wieder in Schwung kam und es an anderen Chassis noch mangelte. Mit der gedrosselten Produktion greift Trigano seinen Handelspartnern unter die Arme, um die überproportional langen Standzeiten der Fahrzeuge im Abverkauf zu verringern. Werden die Fahrzeugbestände nicht wie gewohnt umgeschlagen, fallen bei den Händlern länger die Finanzierungskosten an, was sie zusätzlich belastet.

Prognosen für 2025

Das Kaufinteresse an Reisemobilen ist nach wie vor groß. Das bestätigen auch die Umfrageergebnisse bei der jährlichen Leserwahl von promobil. Größtes Kaufhemmnis bleiben dabei die hohen Anschaffungskosten. Kaufinteressierte können aber vermehrt von den hohen Lagerbeständen profitieren. Neben Herstellern und Händlern gibt es gemeinsame Maßnahmen zur Verkaufsförderung in der Branche, wie etwa die "Caravaning Tage", die nach der Erstauflage im März 2024 auch 2025 wieder geplant sind. Bei der vom CIVD zusammen mit dem Händlerverband DCHV initiierten Aktion gibt es für Kunden laut CIVD besonders attraktive Angebote für neue Caravans und Reisemobile.

Während sich die Kunden aktuell über eine gute Fahrzeugauswahl, kurze Lieferfristen, Rabatte und etwas günstigere Finanzierungskosten freuen können, stellen die hohen Fahrzeugbestände besonders die Händler weiterhin vor Herausforderungen. Der Händlerverband DCHV verlor dadurch 2024, nach eigener Mitteilung, sechs von 430 Mitgliedsbetrieben. Laut Geschäftsführerin Ariane Finzel sei das aber "kaum mehr als die übliche Fluktuation". "Die traditionellen familiengeführten Caravaning-Fachhändler sind mehrheitlich robust genug, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Sie sind mit mehreren Fahrzeugmarken und den Geschäftssparten Verkauf, Vermietung, Service und Zubehörhandel breit aufgestellt und können von der weiterhin hohen Nachfrage profitieren."

Umsatzrückgang 2024

Durch gedrosselte Produktionen, Rabattaktionen und Finanzierungsunterstützungen für Händler meldeten einige Hersteller zuletzt Umsatzeinbußen. Die Trigano-Gruppe verzeichnete im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2024/25 vom 1. September bis zum 30. November 2024 einen Umsatzrückgang von 18 Prozent. Auch die Knaus Tabbert AG beziffert durch verschiedene Maßnahmen zur Händlerunterstützung im dritten Quartal 2024 eine deutliche Umsatz- und Ergebnisbelastung. Der Konzernumsatz sank für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. September 2024 um 16,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Zu den Maßnahmen zählten die "bewusste Verlangsamung des Angebots der Knaus-Tabbert-Werke sowie Marketingkampagnen zur Beschleunigung des bereits guten Absatzes".

Die Zahl der Neuzulassungen für das Gesamtjahr 2024 gab der CIVD auf seiner Pressekonferenz zuletzt auf hohem Niveau an. Bei den Reisemobilen wurden 9,1 Prozent mehr zugelassen als im Vorjahr. Bei den Caravans sinkt die Zahl zwar leicht um 1 Prozent, in absoluten Zahlen sind das allerdings nur 222 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Besitzumschreibungen liegt 2024 auf Rekordniveau.

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"Die Lage in Industrie und Handel war in den vergangenen zwölf Monaten angespannt. Doch die Ergebnisse bei Neuzulassungen und Besitzumschreibungen zeigen, dass sich die Branche trotz aller Widrigkeiten auf einem guten Weg befindet", so CIVD-Geschäftsführer Daniel Onggowinarso. Für 2025 prognostiziert der CIVD allerdings ein Minus von vier Prozent bei den Neuzulassungen. Erstes Stimmungsbarometer für 2025 war die Messe CMT in Stuttgart. Die Hersteller präsentierten sich im Januar in ausgebuchten Hallen, mit teils hohen Rabatten, guter Verfügbarkeit und günstigeren Zinsangeboten als zuletzt. Matthias Euch, stellvertretender Vorsitzender des DCHV, nennt auf der Pressekonferenz leicht über dem Vorjahresniveau liegende Verkaufsabschlüsse. Besonders gut sei die Nachfrage bei Reisemobilen, aber auch Kasten- wagen "liegen auf hohem Niveau”, so Matthias Euch.  © Promobil