Die Freude ist Fendt-Geschäftsführer Hans Frindte ins Gesicht geschrieben: Viel Überzeugungskraft habe es gebraucht, um die Mannschaft zu motivieren, kurzfristig und neben dem ohnehin anspruchsvollen Tagesgeschäft etwas wirklich Außergewöhnliches auf die Räder zu stellen: zwei Prototypen-Caravans zum Thema "Arbeiten unterwegs".
Das Fendt-Konzept Adfendture geht in Serie
Man glaubt es ihm aufs Wort, denn "außergewöhnlich" und "Fendt" wurden noch selten in einem Satz genannt – von Büro-Caravan ganz zu schweigen. Und zur Serienreife entwickelt wurde bisher ausschließlich das, was man auch ganz sicher verkaufen kann.
Doch auf dem Caravan Salon sei die Resonanz auf die beiden bunt beklebten Adfenture Studienfahrzeuge so groß und positiv gewesen, erzählt Frindte weiter, dass selbst die härtesten Skeptiker aus den eigenen Reihen zugeben mussten, dass die Idee so abseitig gar nicht sei: "Wir haben so viele ernsthafte Gespräche geführt und so konkrete Anfragen bekommen, dass wir jetzt keinen Rückzieher mehr machen können", lacht Frindte und kündigt damit an, was man eigentlich kaum für möglich gehalten hätte: Der kleinere der beiden Büro-Caravans geht als Fendt Apero Connect tatsächlich in Serie.
Gewohnter Grundriss mit neuen Details
Marketingleiter Thomas Kamm und Chef Frindte waren sehr überrascht davon, wie konkret Interessenten formuliert haben, wie sie den Connect einsetzen werden. Auf der Messe CMT in Stuttgart wird das Fahrzeug, das auf dem Fendt Apero 495 SFB basiert und deutlich mehr klassischer Wohnwagen ist als die größere der beiden Studien, Premiere feiern. "Da hängt dann auch ein Preisschild dran", ergänzt Kamm.
Welche konkrete Zahl darauf steht, wollten die Herren aktuell noch nicht verraten, wohl aber ein paar spannende Fakten. So steht fest, dass sich am Grundriss nichts Nennenswertes mehr ändern wird. Bis über die Achse entspricht der Apero Connect ohnehin dem bewährten Grundriss 495 SFB: Das 2,05 mal 1,40 Meter große Längsdoppelbett, der Toilettenraum, der seitliche Waschbereich und die große Küche werden eins zu eins übernommen.
Der Möbelkorpus über dem rechten Rad, der Kühl- und Kleiderschrank beherbergt, wurde indes ans Connect-Konzept angepasst: Der Kühlschrank arbeitet hier mit Kompressortechnik und wurde höher gesetzt, um ein großes Fach darunter zu realisieren. Im Prototyp steht darin, aus Showgründen hinter Glas, eine Powerbox von Ecoflow, die den Wagen autark macht. Im Serienfahrzeug wird das Fach leer bleiben und eine Holztür haben. Wer Batterien haben möchte, kann sie hier, für die Gewichtsverteilung günstig, vom Händler platzieren lassen. Verschwunden sind auch die Regale und TV-Halter Richtung Gang und – viel wichtiger – der Heizkörper der Truma-S-Heizug unter dem Kleiderschrank.
Im Fendt Connect arbeitet die Heizung Combi 4 mit integriertem Boiler aus dem Hause Truma, die als Gegengewicht zum fast 40 Kilogramm schweren Schreibtisch zusammen mit dem 40-Liter-Frischwassertank unter dem Bugbett steht. Was hier für Balance sorgt, vereitelt aber, zumindest im Prototyp, den Einbau einer Außenklappe.
Den Weg aus der Studie ins Serienfahrzeug findet der preisgekrönte Klappschreibtisch der spanischen Firma Beaktor. Zu den Besonderheiten des Funktionsmöbels im Heck des Apero Connect gehört neben der klappbaren Arbeitsplatte und den drei Beleuchtungsmodi die Lochwand mit zwei Steckdosen und zwei USB-Ports, hinter der sich Kabel verstecken und an der diverses Equipment wie Monitore befestigt werden kann. Übrigens beansprucht der Schreibtisch zusammengeklappt nur 0,21 Quadratmeter Fläche.
Work Away? Diese Austattung besitzt der Caravan.
Was die Büroausstattung und Kommunikationstechnik angeht, fährt Fendt im Vergleich zum Prototyp deutlich herunter. Man wisse ja nicht, ob Kunden per Router oder Star-Link ins Internet gehen wollen, welche Batterie sie haben möchten und wie sie am liebsten am Schreibtisch sitzen, gibt Frindte zu bedenken. Also bleibt der Connect weitgehend nackt oder, positiver formuliert, stärker individualisierbar.
Allerdings soll es die meisten der in den Studien präsentierten Funktions- und Einrichtungsaccessoires auch ab Werk bzw. ab Händler als Sets geben; seien es die Hocker und Faltschemel von Sedus, die Schaumstoff-Organizer-Noppen von Pinnns oder den Campernet-5G-Router von Antretter & Huber, den wir bei dieser Gelegenheit vor Ort noch ausprobieren. Die ehemalige Rundsitzgruppe des SFB wurde für den Schreibtisch zu einem "L" reduziert.
Natürlich wollen wir, wo wir schon in Mertingen sind, auch wissen, wie das Arbeiten funktioniert. Also schieben wir den Esstisch weg, klappen den Schreibtisch auf und verbinden Laptop und Smartphone via SIM-Karte und 5G-Router mit dem Internet. Die Sitzposition auf dem lehnenfreien Sedus-Hocker ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber ergonomisch prima. Dank Laptopstütze, Bluetooth-Tastatur und Touch-Display, das am magnetischen Wandhalter haftet, ergibt sich ein voll funktionsfähiger Arbeitsplatz. Videokonferenzen gehen, gutes Mobilfunknetz am Platz vorausgesetzt, ruck- und unterbrechungsfrei vonstatten, das eigene Antlitz wird fürs Gegenüber im Videocall vom Schreibtisch freundlich beleuchtet.
Für Unterlagen gibt es links neben der Bugsitzbank ein Unterfach. Ansonsten kann man in Schutzhüllen gepacktes Arbeitsgerät auch in der Ablage der Schreibtischplatte belassen, die beim Hochklappen einen Korb bildet. Zum Vorschein kommt dann eine formschöne Ablage, die die Funktion eines Sideboards übernimmt. Nach fast drei Stunden an Bord stellt man fest, dass es dem Apero Connect an nichts mangelt, was ein komfortorientiertes Paar im Campingurlaub braucht. Die Küche strotzt nur so vor Arbeitsfläche und Stauraum, der Toilettenraum ist groß genug, um darin auch einmal zu duschen, und der offene Waschbereich, der sich neben dem Bett befindet, offeriert von Ablagen über Stauraum und Bewegungsfreiheit von allem genug. Auch wenn wir nicht darin geschlafen haben, muss man konstatieren, dass sich schon die Standard-Federkernmatratze hervorragend anfühlt – wer mag, rüstet mit einer Kaltschaummatratze, die es in zwei Qualitäten gibt, noch weiter auf. Die Vielseitigkeit, wenn es um die Kombination von Arbeit und Urlaub geht, ist in der Tat enorm.
Noch nachbessern: Komfort und Familientauglichkeit
Unter der Längsbank in der Sitzgruppe versteckt sich der Tisch, der sich in unserem Quick-Check mit dem Prototyp von der Messe als ausreichend groß für zwei Personen und als stabil erweist. Die Längsbank staffiert Fendt statt klassischer Rückenpolster mit zwei wuchtigen, sehr angenehmen Kissen aus. Dagegen fällt der Sitzkomfort auf der schmalen Querbank, die als einzige von einer Truhe unterbaut ist, deutlich ab. Freilich kann man sich eines der Kissen mopsen, wenn man hier sitzt. Trotzdem wäre es schön, wenn Fendt sich hier noch etwas ausdenken würde.
Versprochen hat Fendt auch zu überlegen, wie sich ein Mindestmaß Familientauglichkeit erreichen lässt. Denn in der ersten Serie wird der Apero Connect keinen Kinderschlafplatz haben. Das ist schade, denn gerade Eltern schulpflichtiger Kinder müssen mit ihrem begrenzten Jahresurlaub unter anderem sechs Wochen Sommerferien überbrücken.
Möglich, dass es zukünftig Zusatzbetten als Option geben wird. Solange das nicht so ist, müssen Familien ein Zelt mitnehmen oder einen Zugwagen mit Schlafmöglichkeit nutzen.
Die Vorteile und Nachteile des Apero Connect
(+) Mutiges, bislang einzigartiges Konzept für Arbeit und Urlaub.
(+) Arbeitsplatz erfordert kaum Kompromisse beim Wohnwert.
(-) Querbank unkomfortabel, weil Rückenkissen fehlen.
(-) Nicht für Familien geeignet.
Fendt Apero Connect: technische Daten und Preis
- Grundpreis: noch nicht bekannt
- Aufbaulänge/-breite: 6,07/2,32 Meter
- Masse fahrbereit*: ca. 1390 kg
- Zul. Gesamtmasse*: 1600/1700 kg
- Maximale Auflastung: 2000 kg
- Schlafplätze: 2
*laut Hersteller © Caravaning
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