Endlich Sommerferien! Die Urlaubskoffer sind gepackt, die langersehnte Urlaubszeit beginnt. Manchmal folgt auf die Vorfreude aber die Ernüchterung: Wenn beispielsweise der Flug überbucht ist oder das Hotelzimmer statt aufs Meer auf einen Parkplatz hinausgeht. Wir zeigen Ihnen, welche Reisemängel Sie reklamieren können.
Bei welchen Mängeln besteht überhaupt Aussicht auf Erfolg und wie reklamiert man sie richtig? Grundsätzlich ist zunächst einmal alles ein Mangel, was bei der Buchung versprochen, aber nicht eingehalten wurde.
Wenn das Zimmer kleiner ist als gebucht, wenn ein separates Bad versprochen wurde, man es am Urlaubsort dann aber mit anderen teilen muss, wenn trotz Buchung eines Zimmers mit Meerblick dieses Zimmer dann eben keinen Meerblick hat oder wenn zur Unterkunft nicht wie zugesichert ein Strand gehört – das alles sind Dinge, die Sie nicht einfach hinnehmen müssen als Urlauber.
Ein Mangel ist aber auch, wenn am Hotel noch gebaut wird und es deswegen laut ist. Über solche Einschränkungen muss der Reiseveranstalter bereits vor der Reise informieren.
Reisevertragsrecht als rechtliche Grundlage
Was man von der Unterkunft (und der Reise insgesamt) erwarten kann, steht im Reisevertrag, den man bei der Buchung mit dem Reiseveranstalter abschließt, oder folgt aus der Beschreibung im Katalog oder auf der Webseite.
Die rechtliche Grundlage hierfür ist das Reisevertragsrecht. Es gilt regelmäßig nur für Pauschalreisen, kann aber auch bei der Buchung von Ferienhäusern und -wohnungen Anwendung finden, wenn diese über einen Reiseveranstalter gebucht wurden.
Änderung des Reisevertragsrechts bringt Nachteile für Urlauber
Doch Achtung: Seit dem 1. Juli 2018 gilt ein neues Reisevertragsrecht. Dieses erschwert es den Verbrauchern, ihr Recht auf Entschädigung gegen einen Reiseveranstalter durchzusetzen. Werden Leistungen nämlich etwa nicht mehr als Pauschalreise in Rechnung gestellt, sondern einzeln, haftet der Reisevermittler nicht mehr für Mängel.
Dies muss er nur für die Pauschalreise selbst. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) muss sich der Reiseveranstalter nur noch gegen Insolvenz versichern. In einem solchen Fall könnten Urlauber Preisminderung bei Mängeln oder auch Schadensersatz geltend machen.
Bei Ferienhäusern gelten andere Regeln
Bei selbst gebuchten Ferienwohnungen oder Ferienhäusern ist es etwas komplizierter: Hier gilt bei Beschwerden in der Regel das Recht des Landes, in dem die Unterkunft steht.
Wenn der (ausländische) Vermieter allerdings sein Angebot auf Deutschland ausgerichtet hat, beispielsweise sein Ferienhaus auf Deutsch bewirbt, muss von Fall zu Fall geprüft werden, welches Recht nun gilt. Ferienwohnungen und auch Ferienhäuser fallen seit 1. Juli übrigens gar nicht mehr unter das Reiserecht – für Verbraucher besteht hier also kein Reiserechtsschutz mehr.
100 Prozent für Baulärm, Null Prozent für nicht beheizbare Wohnung auf den Kanaren
Aber auch bei Pauschalreisen ist nicht alles bis ins kleinste Detail geregelt, sodass es durchaus Interpretationsspielraum gibt. Können sich Urlauber und Reiseveranstalter nicht gütlich einigen, wird der Fall vor Gericht verhandelt.
Laut einer Tabelle des ADAC mit 270 Gerichtsurteilen der vergangenen 20 Jahre zählten zu den häufigsten Streitpunkten:
- Die Zimmer waren kleiner/anders ausgestattet/gelegen als gebucht
- Bau- oder anderer Lärm störte die Ruhe
- TV, Telefon, Klimaanlage, Toilette oder Ähnliches war defekt
- Die Zimmer/der Pool waren schmutzig
- Es gab Ungeziefer
- Das Freizeit- oder Sportangebot war nicht so groß wie beschreiben
- Das Essen/der Service war nicht gut/nicht ausreichend
Die Tabelle hilft Urlaubern dabei, einzuschätzen, was die Richter als Rückzahlung für angemessen hielten. Der Spielraum ist recht groß.
Bei Baulärm mussten die Reiseveranstalter beispielsweise je nach Ausmaß der Baustelle zwischen 15 und 100 Prozent des Reisepreises erstatten. Auch bei lauter Discomusik kann unter Umständen Geld zurückverlangt werden.
Für einen Aufenthalt in einem Hotel, das nicht wie versprochen einen Badestrand hatte, gab es in einem Fall 60 Prozent des Reisepreises zurück, für durchgelegene Matratzen 25 Prozent, für schmutzige oder fehlende Bettwäsche zehn Prozent, für verspätetes oder verloren gegangenes Gepäck zwischen 15 und 50 Prozent.
Mit manchen Mängeln müssten Urlauber aber auch leben, so Markus Schäpe, Leiter der Juristischen Zentrale im ADAC.
Zum Beispiel mit vereinzelten Insekten in südlichen Ländern oder wenn die Klimaanlage mal für eine Nacht ausfällt. Zu den Umständen, die Gerichte zumutbar fanden, gehörten etwa, wenn in einem Appartement auf den Kanaren die Heizung fehlt oder wenn die Küche in einer Skihütte nicht mit Sektgläsern ausgestattet ist.
Beschwerde noch am Urlaubsort vorbringen
Was auch immer den Urlauber stört: Der Mangel muss vor Ort angezeigt werden, damit der Reiseveranstalter eine Chance hat, ihn zu beheben. Dabei sei wichtig, dass der Urlauber nicht einfach zur Hotelrezeption gehe, um seine Beschwerde vorzubringen, so Schäpe.
Vielmehr müsse er den Reiseleiter informieren und sich von ihm schriftlich bestätigen lassen, dass er die Beschwerde zur Kenntnis genommen hat. Auf der Webseite der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen heißt es dazu: "Hierfür reicht aus, dass der Reiseleiter ein 'zur Kenntnis genommen' auf die schriftliche Mängelanzeige setzt."
Ein Musterbrief für eine solche Anzeige findet sich auf der Webseite des ADAC.
Ist der Reiseleiter nicht zu erreichen, sollte der Reiseveranstalter in Deutschland angerufen werden – laut Verbraucherzentrale am besten mit einem Zeugen.
Schäden und Mängel sollten dokumentiert werden
Außerdem sollten, wenn möglich, Fotos von dem Zimmer, kaputten Gerät, der Baustelle oder Ähnlichem gemacht werden. Schafft es der Reiseveranstalter, den Mangel zu beheben, oder akzeptiert der Urlauber ein Ersatzangebot, ist die Sache erledigt.
Wenn nicht, muss der Feriengast beim Reiseveranstalter innerhalb eines Monats nach der Rückkehr aus dem Urlaub eine weitere Mängelanzeige einreichen – auch hier gibt es einen Musterbrief auf der ADAC-Webseite –, die am besten per Einschreiben verschickt wird.
Falls der Urlauber sich vor Ort selbst eine neue Unterkunft gesucht hat, weil der Reiseveranstalter binnen einer vom Feriengast gesetzten Frist keine Abhilfe schaffen konnte, kann er auch dafür die Kosten einreichen.
Wie viel Geld steht Urlaubern bei Flügen zu?
Da zu einer Pauschalreise auch die Anreise (meist der Flug) gehört, können bei Verspätungen, Überbuchungen oder Annullierungen auch Ausgleichszahlungen der Fluggesellschaften fällig werden.
Grundlage hierfür ist die Verordnung (EG) 261/2004, die für alle Flüge von einem Flughafen in der EU und für Flüge von einem Drittstaat in die EU – durchgeführt von einer Airline mit Sitz in der EU – gilt.
Wie viel Geld Urlauber zurückbekommen können, hängt von der Länge der Strecke ab und davon, wie viel später als geplant sie an ihrem Ziel ankommen.
Mehrere hundert Euro Entschädigung bei Verspätung oder Annullierung
Bei einer Strecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern (zum Beispiel: Berlin–Madrid oder München–Lissabon) stehen 400 Euro in Aussicht, wenn der Fluggast aufgrund von Verspätungen, Überbuchungen oder Annullierungen mehr als drei Stunden später als ursprünglich vorgesehen ankommt.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat auf ihrer Webseite sämtliche Varianten aufgelistet. Ob solche Verspätungen auch zur Kündigung des Reisevertrages berechtigen, darüber gebe es bei den Gerichten unterschiedliche Auffassungen, so die Verbraucherzentrale.
Keine Erstattung bekommt der Fluggast übrigens, wenn die Airline eine Annullierung ankündigt und einen Ersatzflug anbietet, mit dem sich die Verspätung in Grenzen hält.
Schlichtung statt Prozess
Wie bei anderen Reisemängeln treffen sich auch bei einem Streit um den Flug die Beteiligten nicht selten vor Gericht.
Wer kann, sollte das aber vermeiden. Prozesse seien oft mühevoll, kostspielig und langwierig, so ADAC-Jurist Schäpe. "Auch die Erfolgsaussichten sind manchmal nicht hundertprozentig vorherzusagen."
Deshalb sei es vor allem bei kleineren Streitwerten in aller Regel sinnvoller, zunächst zu versuchen, den Streit über eine Schlichtungsstelle beizulegen. (jfr/ncs)
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