Wie schaffen die Vans Sprinter, V-Klasse und Vito von Mercedes-Benz den Sprung in die Elektromobilität? Die Antwort des Herstellers lautet: Van.EA.

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Ab 2026 werden alle neu entwickelten mittelgroßen und großen Vans von Mercedes-Benz auf einer modularen Elektro-Plattform namens VAN.EA (Van Electric Architecture) basieren.

Erlkönige bereits unterwegs

Getarnte Nachfolger des EQV, der elektrischen V-Klasse, sind bereits auf Erprobungsfahrten unterwegs. Der zukünftige Elektrobus soll dann nicht mehr EQV heißen, sondern "V-Klasse mit EQ-Technologie". Die neuen Modelle werden mit Front- oder Allradantrieb zu haben sein und verfügen über ein 800-Volt-Ladesystem.

Fest steht ebenso, dass es eine deutliche Differenzierung zwischen privat positionierten Vans im Luxussegment und gewerblich positionierten Transportern geben wird. Mit der Einführung der nächsten Van-Generation von Mercedes endet voraussichtlich auch die Zusammenarbeit mit Westfalia. Ob Mercedes einen eigenen Ausbau anbieten wird, ist noch nicht bekannt.

Aus für das "Marco-Polo-Modul"

Im Rahmen des Caravan Salon 2022 hatten Mercedes-Benz ein Möbelmodul für die neue T-Klasse vorgestellt. Das Marco-Polo-Modul sollte aus dem Hochdachkombi ein Micorcamper machen. Bevor der Verkauf beginnen konnte, wurde es jedoch bereits wieder eingestellt.

Das Campinguniversum von Mercedes beschränkt sich damit aktuell voll und ganz auf den Marco Polo auf der aktuellen V-Klasse. Zum 40. Geburtstag sind zwei Sondermodelle mit verbessertem Preis-Leistungs-Verhältnis erhältlich: Die Edition Classic kostet ab 69.537 Euro, die Edition AMG Line 76.447 Euro. Serienmäßig beim Classic sind ein Aufstelldach mit Frontöffnung, elektrische Schiebetür und Heckklappe, Premium-Paket mit Ambientelicht sowie Navigation mit Sprachsteuerung. Bei der AMG Line kommt unter anderem eine eigenständig gestaltete Frontpartie und ein Jehnert-Soundsystem hinzu.

Was steckt hinter Van.EA?

Die Fahrzeuge nutzen drei Module, die beliebig anpassbar sind:

  • Frontmodul: Hier sitzen der elektrische Antrieb und die Vorderachse. Um effizient zu produzieren, ist diese bei allen Varianten gleich.
  • Mittelmodul: Dieses Teil bestimmt die Fahrzeuglänge. Es dient gleichzeitig als Sitz des vereinheitlichten Batteriegehäuses, das je nach Nutzungsszenario Hochvoltbatterien mit unterschiedlichen Kapazitäten verwenden kann.
  • Heckmodul: Es ist in zwei Varianten verfügbar. Entweder mit elektrischem Motor für einen Allradantrieb oder ohne Motor für Fronttriebler.

Die Schlagworte, die Mercedes-Benz Vans im Zuge der modularen Struktur nennt, sind Effizienz und Leistung. Einerseits will der Autobauer günstig produzieren, andererseits viel fürs Geld bieten. Optimierungen gibt es im Bereich Aerodynamik, elektronischem Antriebsstrang, Reifen und Karosserie. Genauere Angaben über diese Details gibt der Hersteller noch nicht bekannt.

Zwei Varianten, bis zu 500 Kilometer Reichweite

Mercedes will zwei Varianten des Van.EA produzieren: Eine für Privatkunden und eine für kommerzielle Zwecke.

  • Van.EA-P: "steht für die privaten mittelgroßen Vans mit einem neuen Luxusniveau". Das gilt für VIP-Shuttle, fahrendes Home-Office und Familienfahrzeuge für aktive Menschen. Mittels der Software MB.OS, dem Operating System (Betriebssystem), sollen alle Alltagsbedürfnisse an ein Fahrzeug erfüllt werden. Reichweite: über 500 Kilometer.
  • Van.EA-C: "steht für die mittelgroßen und großen Transporter im gewerblichen Bereich". Die Software kann für Logistik-Dienste optimiert werden. Dabei handelt es sich um Transporter für Lieferdienste, Basisfahrzeuge für Krankenwagen oder Kühlwagen, Pritschenwagen sowie Hubsteiger – und: Campingfahrzeuge.

Letztere Version, so Mercedes, soll auch in der Caravaning-Branche Verwendung finden, als Basisfahrzeug für Campingbusse. Der Van.EA soll das Reisemobil-Portfolio auf jeden Fall "erweitern". Die Rede ist von mittelgroßen bis großen Campern, die direkt ab Werk als vollelektrische Fahrzeuge konzipiert sind. MB-Vans geht sogar so weit, zu verkünden, einen "neuen Industriestandard für Elektro-Camper zu entwickeln", gemeinsam mit internationalen Reisemobil-Partnern.

Wie werden die Mercedes Elektro-Vans zum Camper?

Wer genau die Entwicklungspartner sind und wie der Standard aussieht, scheint noch ein großes Betriebsgeheimnis zu sein und wurde noch nicht bekannt gegeben. Es bleibt nur der Rückblick auf bereits am Markt vorhandene Fahrzeuge:

  • E-Sprinter: Der Transporter ist laut Herstellerangaben der derzeit effizienteste Mercedes-Benz Elektro-Van. Bei einer Prototypen-Testfahrt von Stuttgart nach München und zurück konnte der E-Sprinter 485 Kilometer mit einer Batterieladung zurücklegen (promobil berichtete). Ein Vorserienfahrzeug in den USA soll mit einer Batteriekapazität von 113 kWh von Las Vegas (Nevada) nach Long Beach (Kalifornien) 443 Kilometer gefahren sein, ohne zwischendurch zu laden. Hier erörtern wir, inwieweit sich der E-Sprinter als Wohnmobil-Basis eignet.
  • EQV: Der sogenannte Midsize-Van eignet sich laut Mercedes für "Business, Familienleben oder das nächste Camping-Abenteuer". Bereits auf dem Caravan Salon 2022 zeigte Mercedes-Benz selbst einen EQV-Ausbau für den Campingurlaub. Ein frischer Look und die neueste MBUX-Generation (Infotainment-Software) sollen den Elektrovan stark nach Luxus-Segment und gleichzeitig nach der Pkw-Anmutung ausrichten.
  • EQT: Erst im Dezember 2022 stellte Mercedes mit dem elektrischen Hochdachkombi erstmals ein Konzeptfahrzeug für Microcamper vor. Hier geht's zum kompletten Bericht über den Mercedes Concept EQT Marco Polo.

Video: Erster Check: Mercedes Concept EQT Marco Polo

Autonomes Fahren dank Digitalstruktur

Viele der rund 30 digitalen Extras über die Mercedes me-App scheinen zunächst nur technische Spielerei zu sein. Doch spannend für Reisemobile: Erstens bietet Mercedes-Benz Vans Funktionen, um unter anderem übergroße Fahrzeuge zu navigieren. Die Software kann beispielsweise Durchfahrtsbeschränkungen beachten und eine entsprechende Routenführung erstellen.

Zweitens kann die Digitalstruktur kundenspezifische Extras enthalten. Diese dienen in erster Linie der gewerblichen Nutzung, beispielsweise in Form von Lade- und Lastmanagement für Logistikunternehmen. Denkbar wäre hier unter anderem eine Serviceverbindung zum Reisemobil-Hersteller.

Drittens soll künftig eine Auswahl von Diensten und Anwendungen von Drittanbietern zur Verfügung stehen. Sie werden integriert im oben genannten Betriebssystem MB.OS, das zum Marktstart fester Teil der Van.EA-Fahrzeuge ist. Es handelt sich dabei um eine "flexible, modulare und service-basierte Chip-to-Cloud-Architektur".

Vor allem die Verbindung in die Cloud ist hier interessant. MB.OS kann künftig "Over-the-Air"-Updates (OTA) erhalten, sich also ohne physische Verbindung ins Netz einwählen und neue Infos erhalten. Damit rückt Mercedes den Transporter näher ran ans "Internet-of-Things" (IOT), bei dem Dinge miteinander kommunizieren.

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Es ist die Absicht von Mercedes-Benz in den Van.EA-Fahrzeugen automatisierte Fahrfunktionen ab Level 2 aufwärts zu installieren. Bis Ende der 20er-Jahre soll hochautomatisiertes Fahren nach Level 3 für Privatkunden möglich sein. Zeitgleich soll für gewerbliche Zwecke ein voll automatisiertes Fahren nach Level 4 angeboten werden, um fahrerlose Transporte und Lieferungen zu ermöglichen.  © Promobil

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