Deutschland ist in der Coronakrise zu einem Flickenteppich geworden: Risikogebiet dort, landeseigene Regeln hier - da den Durchblick zu behalten, ist nicht einfach. Was Sie in diesen Zeiten rund ums Reisen wissen sollten.
Mitten in der Ferienzeit herrscht Wirrwarr beim Umgang mit Urlaubern aus deutschen Corona-Risikogebieten. Viele Menschen sind verunsichert, ob und unter welchen Voraussetzungen ihr Herbsturlaub zum Beispiel in beliebten Zielen an Nord- und Ostsee oder in Bayern möglich ist.
Auch wer eine Reise ins Ausland gebucht hatte, steht nun vor der Frage: Fahren oder nicht? Die wichtigsten Infos zu Reisen in Corona-Zeiten im Überblick.
1. Ich wohne in einem Risikogebiet - kann ich verreisen? Oder kostenlos stornieren?
Ohne negativen Corona-Test wollen die meisten Bundesländer Urlauber aus inländischen Gebieten mit hohen Infektionszahlen nicht mehr in ihren Hotels und Ferienwohnungen übernachten lassen. Es gibt aber unterschiedliche Regeln.
- In Schleswig-Holstein und Niedersachsen reicht ein negatives Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Maßgeblich ist der Tag der Anreise.
- Auch in Bayern sind Gäste mit negativem Test willkommen. Dort gelten jedoch auch Beherbergungsverbote für einzelne Bezirke Berlins, Bremen sowie die Städte Hamm und Remscheid in NRW.
- Mecklenburg-Vorpommern schreibt für Urlauber aus Risikogebieten dagegen eine 14-tägige Quarantäne direkt nach Einreise vor. Die Wartezeit kann durch das zuständige Gesundheitsamt verkürzt werden, wenn ein zweiter, selbst zu bezahlender Test nach fünf bis sieben Tagen ebenfalls negativ ausfällt.
Ob Sie Stornierungsgebühren zahlen müssen, wenn Sie Ihren Aufenthalt absagen, ist fraglich. Laut dem Reiserechtler Paul Degott kommt es auf die genaue Corona-Regelung an. Falls Gäste aus Risikogebieten überhaupt nicht beherbergt werden dürften, sei die Reise schlicht nicht möglich: "Die Folge ist, dass der Mietvertrag damit beendet ist". Das angezahlte Geld wird dem Gast zurückgezahlt.
Anders sieht es allerdings aus, wenn die Anreise und Unterbringung weiterhin möglich sind, weil es nur eine Quarantänevorschrift am Reiseziel gibt, aber kein Beherbergungsverbot. Dann müsse der Gast auch zahlen, sofern keine kostenlose Stornierung mehr möglich ist, erklärt Degott. Möglich sei dann aber unter Umständen eine kulante Regelung mit dem Hotel oder Anbieter des Ferienhauses zu suchen.
2. Risikogebiete und Reisewarnungen: So bewahren Sie den Überblick
Den Überblick über die Reisewarnungen in der Coronakrise zu behalten, gestaltet sich immer schwieriger. Mit wenigen Klicks finden Sie hier die entscheidenden Infos zu Ihrem Reiseziel:
- Eine aktuelle Liste der Corona-Risikogebiete führt das Robert Koch-Institut (RKI) auf seiner Website.
- Online finden sich immer aktuell auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes.
- Dort lässt sich schnell in Erfahrung bringen, welche Reise- und Sicherheitshinweise aktuell für das persönliche Reiseziel gelten, etwa Einreisebestimmungen oder Quarantäne-Regelungen.
3. Heute Risikogebiet - morgen nicht mehr?
Wie schnell die Einstufung als Risikogebiet wieder rückgängig gemacht werden kann, fragen sich viele. Entscheidend für die Einstufung ist die Zahl der Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Steigt sie über 50, wird ein Land oder eine Region zum Risikogebiet erklärt.
Sinkt sie wieder darunter, kann die Einstufung auch schnell wieder aufgehoben werden. Die Bundesregierung wartet in der Regel sieben Tage lang ab, ob der Trend sich verstetigt. Dann wird aufgehoben.
4. Urlaubsantritt trotz Risikogebiet und Reisewarnung - diese Probleme kommen auf Sie zu
Gut zu wissen: Eine Reisewarnung ist zunächst einmal eine Empfehlung des Auswärtigen Amtes - sie ist kein Reiseverbot. Daher wird sich mancher sagen: "Ich fahre, zur Not eben mit dem eigenen Auto". Allerdings müssen Sie dann mit einigen Schwierigkeiten rechnen.
Neben dem Risiko, sich mit dem Virus zu infizieren, ist zu beachten: Die Auslandskrankenversicherung greift in der Regel nicht. Der Bund der Versicherten (BdV) weist darauf hin, dass private Auslandskrankenversicherungen meistens nicht bezahlen, wenn für das Reiseziel eine Reisewarnung vorliegt. Nur wenige Anbieter bieten in diesem Fall weiterhin einen Schutz an.
Außerdem erfordert die Reise in ein Risikogebiet eine ganz andere zeitliche Planung:
- Reisende, die aus solchen Gebieten zurückkehren, müssen sich derzeit noch 48 Stunden vor oder nach der Einreise nach Deutschland auf Corona testen lassen und dann in Quarantäne bleiben, bis das Ergebnis da ist - was mehrere Tage dauern kann.
- Ab 15. Oktober gilt: Reiserückkehrer aus Risikogebieten müssen sich mindestens fünf Tage in Quarantäne begeben. Zudem sollen sich nach Deutschland einreisende Passagiere über ein Online-Portal anmelden. Wer das versäumt, dem drohen Bußgelder.
5. Rücktritt von der Individualreise in ein Risikogebiet - auf Kulanz hoffen
Wird das eigene Urlaubsziel zum Risikogebiet, taucht sofort eine Frage auf: Kann ich nun stornieren, ohne zu zahlen? Individualreisende sollten hier zunächst die für sie geltenden Umbuchungs- und Stornierungsoptionen prüfen. Bei Unterkünften können die Gebühren bei 80 bis 100 Prozent liegen, wenn der Gast kurzfristig absagt. Man verliert also im Zweifel das gesamte Geld.
Im Vorteil ist, wer ein Angebot mit kostenlosem Storno bis kurz vor Reiseantritt gebucht hat. Dann lässt sich der Aufenthalt ohne Unkosten absagen. Es empfiehlt sich daher immer, bei Buchungen auf die Option kostenloser Stornierungen zu achten.
- Grundsätzlich gilt: Ist ein Hotel oder Ferienhaus erreichbar, bleibt der Gast als Individualreisender auf etwaigen Kosten sitzen, wenn er zum Beispiel rein aus Angst vor dem Coronavirus seinen Aufenthalt absagt. Hier spielt es keine Rolle, ob das Reiseziel ein Risikogebiet ist.
- Ist das Haus geöffnet, sollten Kunden nachfragen, ob nicht im Rahmen einer Kulanzregelung eine Umbuchung auf einen anderen Zeitpunkt möglich ist.
Auf jeden Fall solle man bei der Unterkunft nachfragen, ob das Haus nach wie vor geöffnet habe, rät die Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi aus Berlin. "Denn ist ein Urlaubsort Risikogebiet, dann kommt oft der gesamte Tourismus zum Erliegen."
Ähnlich wie bei Unterkünften ist es mit Flügen:
- Findet ein individuell gebuchter Flug statt, so kann der Kunde nicht ohne entsprechende Stornogebühren vom Vertrag zurücktreten - sofern die Fluggesellschaft den Flug nicht von sich aus streicht. Viele Airlines bieten derzeit ihren Kunden allerdings auch großzügige, kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten an.
6. Pauschalreisende sind im Vorteil
Bessere Karten haben Pauschalurlauber. Für deutsche Reiseveranstalter ist eine Reisewarnung in der Regel bindend. Die Unternehmen sagen ihre Reisen dann meist ab, sobald eine Warnung vorliegt.
- Anzahlungen bekommen die Gäste in diesem Fall zurück, und Urlauber mit baldigem Reiseantritt können ihrerseits kostenlos den Reisevertrag kündigen.
Die Tui zum Beispiel hat allerdings angekündigt, trotz Reisewarnung wieder Reisen auf die Kanarischen Inseln anzubieten. Kunden können zwar auch hier kostenlos von ihrem Vertrag zurücktreten - nur müssen sie es nicht unbedingt, wenn sie doch gerne in den Urlaub wollen.
7. Pauschalreise: Für mein Reiseziel liegt keine Warnung vor, dennoch habe ich Sorge
Was gilt, wenn für ein Ziel im Ausland noch keine Reisewarnung vorliegt, ich als Pauschalreisender aber jetzt schon weiß, dass ich nicht los will? "Wer zu einer Risikogruppe gehört, kann den Veranstalter um eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt bitten", schlägt Fischer-Volk vor. Die großen Veranstalter zeigten sich derzeit kulant bei den Umbuchungsoptionen.
Ein Recht auf kostenlose Stornierung gibt es aber nicht. Selbst Reisende mit Rücktrittsversicherung haben schlechte Karten bei freiwilligen Stornos. Denn die Versicherung zahlt Stornokosten nur, wenn Versicherte selbst unerwartet krank werden oder durch Ereignisse wie den Tod von Verwandten, Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit verhindert sind, heißt es von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Keiner der am Markt angebotenen Reiserücktrittstarife trägt nach Informationen des Bundes der Versicherten die Stornokosten, wenn Urlauber rein aus Angst einen Reisevertrag wieder kündigen.
8. Für die Reise wird ein negativer Corona-Test benötigt
Inzwischen fordern einige Bundesländer negative Tests von Urlaubern aus deutschen Risikogebieten. Doch auch bestimmte Länder außerhalb Europas zählen dazu. Welche Länder das sind und wie die genauen Bestimmungen aussehen:
- Das Centrum für Reisemedizin (CRM) bietet online eine Übersicht mit den Corona-Einreisebestimmungen aller Länder an. Die Regeln können sich allerdings stets kurzfristig wieder ändern.
- Die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes sowie die Webseiten der deutschen Botschaften im Ausland können ebenfalls helfen.
Was Sie auf jeden Fall beachten sollten, falls Ihr Reiseland einen negativen Corona-Test verlangt:
- Das Ergebnis darf nur zwei oder drei Tage alt sein.
- "Reisende müssen sich sehr genau informieren, wie genau die Bescheinigung auszusehen hat", sagt Prof. Tomas Jelinek vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin (BCRT). "Manche wollen zum Beispiel die Passnummer und die genaue Uhrzeit des Tests."
- Für den Test wenden sich Reisende am besten frühzeitig an ihren Hausarzt oder eine spezielle Praxis für Reisemedizin. "Auf keinen Fall sollte man unmittelbar vor Reiseantritt zum Flughafen fahren in der Hoffnung, dass dort ein Abstrich gemacht wird, dessen Ergebnis in wenigen Minuten vorliegt, sodass man an Bord gehen kann", sagt Andreas Bobrowski vom Berufsverband Deutscher Laborärzte. Ein PCR-Test dauere immer noch rund vier Stunden zuzüglich der Zeit für Probenvorbereitung, den Transport in ein Labor sowie Rückübermittlung des Ergebnisses. Auch das Gesundheitsamt ist nicht die richtige Adresse. Wie lange Ergebnisse auf sich warten lassen, variiert zudem sehr stark.
- Kosten: Wer einen Corona-Test allein für die Einreise in ein Land braucht, ist in der Regel ohne Krankheitssymptome. In diesem Fall wird der Test von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen. Der Test koste für Privatpatienten laut Gebührenverordnung rund 120 Euro, sagt Bobrowski. Das Centrum für Reisemedizin in Berlin zum Beispiel nimmt 123 Euro inklusive Zertifikat. Der Reiseveranstalter zahlt den Rest in der Regel nicht. Er muss jedoch darüber informieren, wenn der Urlauber zur Einreise einen Schnelltest vorzuweisen hat.
(af/dpa)
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