Ob ein Teppich im Wohnmobil wirklich nötig und sinnvoll ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Die meisten Hersteller bieten jedenfalls einen textilen Bodenbelag optional für ihre Fahrzeuge an, der offenbar fleißig mitbestellt wird.
Wer das Kreuzchen beim Kauf vergessen hat, erst später merkt, dass er doch einen möchte, oder den vorhandenen Teppich austauschen will – Stichwort Gebrauchtmobil –, der stellt die Frage: Muss man sich mit handelsüblichen Läufern begnügen oder kann man sich einen flauschigen Bodenbelag maßschneidern lassen?
- Das bringt’s: bessere Schall- und Wärmedämmung, weicherer Tritt
- Das kostet’s: Je nach Ausstattung – Der gezeigte hier 1.305 Euro
Ja, es geht, und wie sich an unserem Dauertestwagen mit dem auf Maß angefertigten Teppich feststellen lässt, steigert er die Behaglichkeit in Wohnraum, Bad und Cockpit enorm. Morgens beim Herausklettern aus dem Hubbett und beim Gang ins Bad ärgert nicht mehr der kalte Kunststoffboden. Stattdessen empfängt die baren Füße ein weicher Teppich, der zudem die Akustik ein wenig dämpft. Ob man das in ähnlicher Qualität und Präzision in Eigenregie mit Auslegeware aus dem Baumarkt hinbekommen könnte? Sicher nicht.
Baumarktware oder Gewerbe-Teppich?
Darum hatte der Dauertest-Chausson einen Termin in der Teppichscheune, einem langjährigen Familienunternehmen aus dem niedersächsischen Bad Nenndorf, das sein Know-how seit Sommer auch Reisemobilbesitzern zur Verfügung stellt. Wer früh anreist, bekommt auf Anfrage seinen maßgeschneiderten Teppich innerhalb eines Tages.
Erster Punkt auf der Tagesordnung ist eine ausführliche Beratung, welcher Teppich am besten ins Fahrzeug passt. Vor Ort sind ca. 150 Teppiche eingelagert, viele davon können direkt angefasst und auf Flauschigkeit und Robustheit geprüft werden.
Jan Friedrich, Kundenberater in der Teppichscheune, erklärt, dass sich zwar jeder Teppich aufs passende Maß bringen lässt, aber nicht jedes Material für jede Nutzungsart geeignet ist. "Grundsätzlich werden Teppichböden in drei sogenannte Beanspruchungsklassen eingeordnet", sagt er. Unterschieden werden die Nutzungsbereiche Wohnen, Gewerbe oder Industrie und damit die Beanspruchung in mäßig, normal oder stark. Bei der Beurteilung der Ware passieren Selbstverlegern laut Friedrich in aller Regel die ersten Fehler, denn im Baumarkt gibt es oft nur Teppichware, die sich ausschließlich für die Wohnungsnutzung eignet.
Ein Reisemobil verfügt allerdings nur über wenige Quadratmeter Bodenfläche, die überproportional oft mit Dreh- und Rotationsbewegungen beansprucht wird. Der Berater empfiehlt darum, einen Gewerbe-geeigneten Teppich auszuwählen. Wer zur Baumarktware greife, verliere schnell die Freude am selbst zugeschnittenen Teppich, so der Experte.
Aber welcher Teppichtyp ist denn nun der richtige? Wir starten das Projekt Teppich-für-den Dauertestwagen mit einer Bemusterung und gehen auf Tuchfühlung mit einer farbenprächtigen Auswahl unterschiedlichster Bodenbeläge: Flachgewebe, Schlingenware, Feinvelours, Mittel-, Hoch- und Kräuselflor. Die Auswahl ist riesig. Gleiches gilt für die Art der Einfassung, also die Umrandung des Teppichs.
Teppich vom Profi
Jan Friedrich rät uns zu einem gekettelten Polyamid-Teppich, der so etwas wie der Bestseller für Reisemobilbesitzer ist. Der niedrige Flor des Kräuselvelours (7 mm Flor und 2 mm Antirutschvlies) und die Materialeigenschaften machen den Teppich besonders robust. Bei 1.950 Gramm je Quadratmeter kommen wir im Chausson auf ca. 7–8 kg Gesamtmasse. Die Kettelung sorgt für einen sauberen Abschluss und gibt die Möglichkeit einer individuellen Note. Da sich im Dauertestwagen verschiedenste Nutzer wohlfühlen sollen, entscheiden wir uns für eine farblich zurückhaltendere Variante, einen Teppich in Anthrazit mit schwarzer Einfassung.
Anders als in Wohnräumen wird der Boden im Reisemobil meist nicht verklebt, um ihn zu Reinigungszwecken herausnehmen zu können. Deshalb kann er aber auch mal verrutschen und es können sich Wülste und damit Stolperfallen bilden. Um das zu verhindern, lässt er sich mit einer Antirutschunterseite versehen, die ein Festkleben unnötig macht.
Ein weiteres Upgrade ist die Imprägnierung des Bodens. Bei der Teppichscheune verwendet man dafür einen umweltfreundlichen Faserschutz, der – einmal aufgetragen und eingezogen – durch den Lotuseffekt dafür sorgt, dass Flüssigkeit nicht ins Teppichgewebe einzieht, sondern abperlt und aufgewischt werden kann. Die Kosten für diese Upgrades, wie auch für den Teppich selbst, lassen sich übrigens per Konfigurator bereits im Voraus grob berechnen.
Schablone und zuschneiden
Ist die Entscheidung für einen Teppich getroffen, beginnen die Mitarbeiter mit der eigentlichen Arbeit. Grundlage ist das Anfertigen einer Schablone als Vorlage. Dafür kniet sich ein Mitarbeiter – ausgerüstet mit Papierbahnen, Klebestreifen und Schere – voll in das fragliche Reisemobil rein und schneidert und klebt ein Abbild der Bodenflächen zu und zusammen. Die Schablone wird anschließend digitalisiert und dient der CNC-Schneidemaschine dann als Muster für den exakten Teppichzuschnitt.
Interessenten, die nicht vor Ort vorbei kommen können, bietet die Teppichscheune übrigens die Möglichkeit, die Schablone selbst anzufertigen. Auf Wunsch werden Zollstock, Papier und Anleitung zugesandt. Gegen Aufpreis können Teppichmuster zur Ansicht verschickt werden.
Einen Überblick der Möglichkeiten verschafft zudem der Online-Konfigurator. Hier werden nicht nur die Materialarten und Dekormuster angezeigt, sondern durch Eingabe von Länge und Breite bekommt man bereits einen ersten Hinweis zu den Kosten des Teppichs. Verbindlich sind diese allerdings nicht, denn der Zeitaufwand ist letztlich von der nötigen Detailarbeit abhängig. Unser Fazit: Es lohnt sich, so gemütlich war es im Dauertestwagen noch nie.
Schritt-für-Schritt-Anleitung Teppich verlegen
Auswahl des richtigen Bodenbelags
Entscheidend für die Lebensdauer eines Teppichs ist das Material. Böden aus Polyamid finden dank ihrer robusten Eigenschaften ihre Form wieder und verzeihen darum auch Druckstellen. Polyamid-Garne sind Schmutz abweisend und verschleißen kaum.
Garne aus Polypropylen, die oft im Baumarkt angeboten werden, sind anfälliger. Sie sind weniger widerstandsfähig und gehen bei starker Beanspruchung kaputt. Andere Teppiche, beispielsweise für den Badbereich, können aus Polyester bestehen. Sie punkten mit hoher Elastizität und sind schmutzabweisend.
Hochflorige Teppiche sehen zwar schön aus und verströmen Behaglichkeit, eignen sich aber kaum für den Einsatz im Fahrzeug. Grund dafür ist, dass sie deutlich schneller Schmutz ansammeln als beispielsweise Flachgewebe oder Mittelflor. In Kombination mit Polyamid ist es leicht möglich, den Dreck mit einem Staubsauger zu entfernen. Polyester-Böden hingegen sind noch pflegeleichter und können dank ihrer flexiblen Struktur sogar in der Waschmaschine (30 Grad Celsius) wieder auf Glanz gebracht werden.
Zwar gibt es unterschiedliche Arten der Einfassung, bewährt hat sich allerdings vor allem die Kettelung, bei der die Teppichkante mit einem Kettelgarn vernäht und verstärkt wird. Bei der ebenfalls im Caravaningbereich verwendeten Paspelierung dient dagegen ein Webband als Randabschluss.
Anbieter in Deutschland (Auswahl)
- Teppichscheune: Osterkamp 7, 31542 Bad Nenndorf
- Feelgoodcamper: Hitzhofener Str. 15c, 85117 Eitensheim
- Frans Tertoolen Bodenbeläge: Hahnenbusch 2, 74545 Michelfeld
- Reisemobilmatten Postbus: 160, 8280 AD Genemuiden, Niederlande
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