Berlin - Wenn der Vater oder eine enge Freundin stirbt, gerät der geplante Urlaub zur Nebensache. Bei einer kurzfristigen Absage der Reise können allerdings hohe Stornogebühren auf Betroffene zukommen. Auch wenn man wegen eines Todesfalls eine Reise vorzeitig abbricht, können die anfallenden Rückreisekosten horrend sein.
In solchen Fällen ist es gut, eine Reiserücktritt- und Reiseabbruchversicherung abgeschlossen zu haben - beide gibt es oft zusammen im Paket. Stornos und Reiseabbrüche wegen Todesfällen decken diese Policen in aller Regel ab. Dennoch gibt es Details, auf die man beim Abschluss achten sollte. Und es gibt komplexe Szenarien, über die man sich vorher kaum Gedanken macht.
Klarer Fall bei Mitversicherten
"Beim Tod eines Mitreisenden liegt der Fall klar - dann können alle mitversicherten Personen von der Reise zurücktreten", sagt Birgit Brümmel, Projektleiterin Versicherung und Recht bei der Stiftung Warentest. Etwas komplexer wird es, wenn Menschen versterben, die nicht selbst mitreisen. Ob die Versicherung dann greift, hängt davon ab, was in den Bedingungen der Police festgehalten ist.
Um das herauszufinden, muss man in dem Vertrag nach sogenannten Risikopersonen suchen. Das seien in der Regel nahe Angehörige wie Eltern, Oma und Opa, Kinder, Geschwister, Enkel, Ehepartner, aber auch Lebenspartner, die im gleichen Haushalt leben, sagt Brümmel. Betreuungspersonen seien bei vielen Anbietern ebenfalls mit abgesichert - etwa die Pflegekraft, die die Eltern versorgt. Enge Freunde hingegen sind meist nicht mit aufgelistet.
Im Vertrag finden sich auch Angaben dazu, welche Ereignisse für welche Risikoperson abgesichert sind - der Todesfall zählt in der Regel bei allen dazu.
Komplizierte Szenarien denkbar
Auch der Bund der Versicherten (BdV) rät, die Versicherungsbedingungen genau zu lesen und mögliche Unklarheiten bestenfalls vorher abzuklären. Denn dass eine nahestehende Person vor dem Antritt der Reise stirbt, sei noch der "einfachste Fall".
Komplizierter wird es demnach schon, wenn man auf der Reise vom Tod der Oma oder des Vaters erfährt und man den Urlaub abbrechen will. Für so einem Fall sei es wichtig, so der BdV, welche Rückreisekosten vom Versicherer erstattet werden. Die Verbraucherschutzorganisation nennt als Beispiel eine teure Fernreise. Will man die zeitnah abbrechen, ist der nächste mögliche Rückflug womöglich sehr teuer.
Dazu kommt die Frage, ob und inwieweit auch der Reisepreis für Hotel und Co. durch die Police noch anteilig erstattet wird für die Urlaubstage, die man wegen des Reiseabbruchs nicht mehr wahrnimmt.
Komplex kann es auch werden, wenn eine nahestehende Person daheim im Sterben liegt. Ein Szenario, dass mindestens so wahrscheinlich wie ein plötzlicher Tod ist. Der Wunsch, demjenigen dann beizustehen, ist bei vielen verständlicherweise groß - wer will da weiter Urlaub machen? In so einem Fall leisten die Tarife laut BdV in unterschiedlichem Umfang bei Unfallverletzungen und "unerwartet schwerer Erkrankung" der Risikoperson.
Abhängig von der Einschätzung der Versicherer
Der letztgenannte Fall birgt noch eine Schwierigkeit: So hänge es von der Bewertung des Versicherers ab, ob eine Erkrankung "unerwartet schwer" ist. Herzinfarkt oder Lungenentzündung etwa zählen in aller Regel dazu, bei chronischen Erkrankungen mit auftretenden Schüben kann der Fall anders liegen. Auch hier hilft wieder nur: Die Bedingungen der Police möglichst genau studieren. In so einem Fall sind im Nachgang zudem medizinische Nachweise zu erbringen.
Und noch ein möglicherweise komplizierter Fall: Was ist, wenn man mit Freunden verreist, vorher gemeinsam Reiserücktritt- und Reiseabbruchversicherung abgeschlossen hat - und dann verstirbt die Mutter von einem der Freunde? Man selbst hat ja kein verwandtschaftliches Verhältnis zu ihr.
In dem Fall sei dann relevant, welcher Anteil der nicht genutzten gemeinsamen Reisekosten erstattungsfähig sei, so der BdV - etwa für ein gemeinsam gebuchtes Ferienhaus. Denn während für die betroffenen Freunde der Reiseabbruch gedeckt sein dürfte, ist für die anderen die Fortsetzung der Reise wahrscheinlich zumutbar, da kein Nähe-Verhältnis zur verstorbenen Person besteht.
Bei solchen Szenarien ist umso wichtiger, dass man schnellstmöglich beim Versicherer nachfragt und das weitere Vorgehen abstimmt.
Schwierige Fragen im Eindruck der Trauer
Diese Gemengelage birgt aus Sicht der Verbraucherschutzorgansation eine Problematik: Versicherte sind mit einem Todesfall konfrontiert und dadurch belastet, zugleich müssen sie sich oft mit komplizierten Fragen beschäftigen und teils schnell handeln - vor allem, wenn es um eine rasche Rückreise gehe.
Wie transparent und verlässlich dann im Einzelfall der Versicherungsschutz der Policen sei, sei oftmals fraglich, so die Einschätzung des BdV.
Das richtige Handeln bei einem Todesfall vor Reiseantritt
Und was ist eigentlich im Fall eines Todesfalls vor Reisebeginn zu tun? Auch wenn die Trauer lähmt, sollte der Versicherer sofort informiert und die Reise storniert werden. Denn je näher die Reise rückt, desto höher sind meist die fälligen Storno-Gebühren. Wenn man abwartet, könnte der Versicherer nur die Gebühren erstatten, die bei sofortiger Stornierung nach Bekanntwerden des Trauerfalls angefallen wären - also die niedrigeren. Auf dem Differenzbetrag bliebe man dann womöglich sitzen.
Die Info muss also schnell erfolgen, die Nachweise kann man nachreichen. Da seien in der Regel die Kopie der Sterbeurkunde und etwa ein Beleg über das Verwandtschaftsverhältnis. "Die Versicherer sagen dann, was sie benötigen", so Brümmel.
Nicht auf Kulanz hoffen
Besteht keine Absicherung, bleibt man womöglich auf allen durch Storno oder Reiseabbruch entstehenden Kosten sitzen: Ein Todesfall im Umfeld des Reisenden ist per se kein Grund für einen kostenfreien Rücktritt von der Reise, wie der Deutsche Reiseverband (DRV) auf Nachfrage schreibt.
Eventuell zeigen sich der Veranstalter oder das Hotel kulant in so einer Situation - wer keine Schutzpolice abgeschlossen hat, könnte also versuchen, um einen Erlass der Storno-Gebühren zu bitten. Damit rechnen, dass das am Ende auch klappt, sollten Reisende aber nicht. © dpa
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