Schon vor 150 Jahren schwärmte Theodor Fontane von der Landschaft an der Havel. Wir erkunden die Region heute auf dem Havel-Radweg und geben Tipps für eine gelungene Tour mit Wohnmobil und Fahrrad.

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Wer Richtung Havel reist, sollte das Fahrrad oder E-Bikes ins Wohnmobil oder den Wohnwagen packen. Oder auf den Fahrradträger spannen. Denn hier lässt sich die Flusslandschaft am besten im Sattel erkunden. Wie Sie das organisieren sollen? Müssen Sie nicht, haben wir schon für Sie gemacht und zeigen die besten Touren mit passenden Stellplätzen. Noch mehr Fahrrad-Touren mit Wohnmobil gibt es hier.

Havel und Region erkunden

"Nymphen, Schwäne, blinkende Segel – ob rote Ziegel, ob steinernes Grau, Du verklärst es, Havel, in Deinem Blau." Mit diesen Worten schwärmte Theodor Fontane im 19. Jahrhundert von den Landschaften und Orten entlang der Havel. So radle ich dem guten Theodor – sein Buch mit dem Titel "Reisen durch die Mark Brandenburg" natürlich im Gepäck – ein wenig hinterher. Ohne Fahrrad an die Havel? Hier gibts die besten Reise-Tipps.

Von der wunderschönen Flusslandschaft geht noch immer eine große Faszination aus, denn die Havel durchstreift dichte Wälder genauso wie sattgrüne Wiesen und verliert sich hin und wieder in einem der mehr als 40 traumhaften Seen. Dann ist oft nicht klar, wo die Havel geblieben ist. Doch irgendwo kommt sie wieder aus dem See heraus und strebt dem nächsten entgegen.

Tour 1: Waren an der Müritz bis Ankershagen

Ausgangspunkt meiner Radtour ist die kleine Binnenhafenstadt Waren an der Müritz. Vom Stellplatz "Blumen und Parken" führt der beschilderte Havel-Radweg am wunderschönen Nationalpark Müritz mit seiner einzigartigen Flora und Fauna vorbei. Bis zur Havelquelle am Mühlensee bei Ankershagen sind es nur 33 Kilometer. Die Quelle ist nicht besonders auffällig, dafür aber das große hölzerne "Trojanische Pferd" vor dem schmucken Heinrich-Schliemann-Museum im Ort. Das Museum ist eine Hommage an den Troja-Entdecker, der hier seine Jugend verbrachte.

Das Elternhaus – ein ehemaliges Pfarrhaus – präsentiert eine interessante Dauerausstellung, die die Entwicklung Schliemanns von seiner Kindheit in Mecklenburg über die Jahre als Handelskaufmann in aller Welt bis zu den Ausgrabungen in der Türkei und Griechenland verfolgt, inklusive der Originalfunde aus Troja und Nachbildungen aus dem "Schatz des Priamos". Im Jahre 2001 wurde das Schliemann-Museum in das Blaubuch der Bundesregierung aufgenommen und gilt damit als kultureller Gedächtnisort, der von besonderer nationaler Bedeutung ist.

Unweit von Ankershagen, in Kratzeburg, bringt mich der Zug samt Fahrrad in nur 16 Minuten wieder nach Waren zurück. Danach setze ich mein Reisemobil nach Neustrelitz um. Die sternförmig angelegte barocke Stadt ist einmalig in Europa. Vom Marktplatz aus gehen acht Straßen in alle Richtungen ab, gesäumt von barocken Gebäuden wie dem Rathaus, der gegenüberliegenden Stadtkirche sowie einem Ensemble zweigeschossiger historischer Häuser.

Weiter unten, am Ufer des Zierker Sees, befindet sich in der Nähe des Stellplatzes mit dem "Slawendorf" eine weitere Attraktion. Es ist die Nachbildung einer traditionellen Siedlung aus dem Mittelalter. Hier erkunde ich, wie die Slawen vor 1000 Jahren lebten, und darf dabei auch historische Handwerke wie Töpfern, Filzen oder Schmieden ausprobieren.

Tour 2: Radfahren und paddeln um Fürstenberg

Nach dem morgendlichen Besuch des Slawendorfs fahre ich mit dem Zug nach Kratzeburg und nehme von dort wieder die Route des Havel-Radwegs auf. Meine ersten Radkilometer verlaufen etwas abseits vom schmalen Havelbach, der sich durch zehn kleinere und größere Seen schlängelt. Hinter der Useriner Mühle geht es dann wieder zum Stellplatz nach Neustrelitz.

Nachmittags mache ich mein Reisemobil startklar und fahre nach Fürstenberg. Das ist in einer halben Stunde erledigt, sodass noch jede Menge Zeit für die Stadterkundung bleibt. Die dritte Etappe beginnt in Neustrelitz. Das bedeutet: Morgens mit dem Rad in den RE 5, der nur zwölf Minuten von Fürstenberg nach Neustrelitz braucht. Auf meiner heutigen Radetappe liegt das idyllische Wesenberg mit seinem liebevoll sanierten historischen Marktplatz.

Es folgt eine kilometerlange Holperstrecke auf unbefestigten Wegen durch das Walddickicht. Hin und wieder glitzert ein See durchs Laub, bis endlich Fürstenberg in Sicht ist. Die facettenreiche "Wasserstadt" ist umgeben von drei Havelseen, auf denen reger Schiffsverkehr herrscht. Hobbykapitäne steuern ihre schmucken Boote durch die schmale Havelverbindung vom Balensee zum Schwedtsee. Dieser herrliche Anblick lässt in mir den Wunsch aufkommen, auch mal für einen Tag Kapitän zu sein.

Also tausche ich tags darauf mein Rad gegen ein Kanu ein. Vom Wasser aus betrachtet, malen die von Buchen und Kiefern gesäumten Ufer ein Bild, wie es Theodor Fontane in seinem letzten Roman "Der Stechlin" stimmungsvoll beschreibt: "Rundum von alten Buchen eingefasst, deren Zweige, von ihrer eigenen Schwere nach unten gezogen, den See mit ihrer Spitze berühren." In Himmelpfort lege ich beim "Stolpseefischer" an.

Das malerisch am See gelegene Fischrestaurant ist ein Geheimtipp für leckeren fangfrischen Zander, der mit Bratkartoffeln garniert einfach köstlich schmeckt. In Fürstenbergs Ortsteil Ravensbrück befindet sich eine Gedenkstätte auf dem Gelände eines ehemaligen Konzentrationslagers, das 1939 zunächst nur für Frauen und Kinder errichtet worden ist. Eine Ausstellung erinnert an die Gräueltaten des NS-Regimes und mahnt zur Wachsamkeit aller Demokraten.

Tour 3: Mildenberg bis Zehdenick

Nach der Wasserwanderung schwinge ich mich tags darauf in Fürstenberg wieder in den Sattel und kurble dem nächsten Reisehöhepunkt entgegen. Es ist der Ziegeleipark Mildenberg, ein weitflächiges Industriedenkmal, das einst zu einem der wichtigsten Orte der Ziegelproduktion in Europa gehörte. Über hundert Jahre lang wurden in Mildenberg riesige Mengen an Ziegelsteinen für die Errichtung von Fabriken und Häusern hergestellt. Große Teile Berlins sind mit Ziegelsteinen aus Mildenberg aufgebaut worden. Der dafür benötigte Ton kam aus den Gruben der Umgebung.

Nach ihrer Stilllegung füllten sich die Tongruben mit Wasser, und es entstand eine urwüchsige Landschaft mit seltener Tier- und Pflanzenwelt, Heimat von Bibern, Ottern und Wasservögeln. Hinter den Tonstichseen komme ich nach Zehdenick, dem Etappenziel. Die Rückfahrt mit dem Zug nach Fürstenberg dauert diesmal etwas mehr als eine Stunde, dann erfolgt die Umsetzung des Wohnmobils nach Zehdenick. Für den Rest des Nachmittags ist gemütliches Relaxen am Wasser angesagt. Weiter flussabwärts, in Oranienburg, dominiert das Schloss mit seinem eleganten Weiß das Bild der Stadt. Es ist nur einen Katzensprung vom Stellplatz am Schlosshafen entfernt.

Als nächstes steht Berlin-Spandau auf dem Plan – auf die Hauptstadt freue ich mich schon wie einst Fontane: "Blaue Havel, Grunewald, Grüß mir beide, Grüß und sag, ich käme bald, auch in die Tegler Heide." Nicht weit von der Mündung der Spree in die Havel verschwindet der Fluss in einer schier endlosen Kette großer Seen. Der erste ist der Wannsee mit Stellplatz direkt am Wasser. Bei warmem Wetter und eingepackter Badehose eine gute Adresse für eine Schwimmpause.

Neuer Tag, neues Glück! Heute geht es mit dem Rad am Ufer entlang nach Kladow. Von dort aus setze ich mit der Fähre zur anderen Uferseite nach Berlin-Wannsee über. Richtung Potsdam unterquert die Havel die Glienicker Brücke, benannt nach dem gleichnamigen Schloss am Ufer. Berühmt geworden ist diese Brücke durch den regen Agentenaustausch, der an der ehemaligen innerdeutschen Grenze genau auf dieser Brücke stattfand.

Tour 4: Kultur pur in Potsdam

Hinter der Brücke beginnt Potsdam. Im 17. Jahrhundert von Friedrich Wilhelm I. gefördert, erfolgte schnell der Aufstieg zur Garnisonsstadt. Der "Soldatenkönig" ließ zahlreiche Prachtbauten errichten, wie das Schloss Sanssouci oder das Neue Palais und mehrere neue Stadttore. Friedrich Wilhelm I., der die Aufklärung schätzte, lud auch berühmte Philosophen wie Voltaire an seinen Hof ein. So entwickelte sich Potsdam mehr und mehr auch zu einem kulturellen Zentrum.

Da meine Tagesetappe nur 20 Kilometer lang ist, bleibt genügend Zeit für die Stadtbesichtigung. Für einen gemeinsamen Rundgang durch die Altstadt bin ich nachmittags mit Gästeführerin Regina Ebert verabredet. Wir wollen den Spuren folgen, die Fontane in Potsdam hinterlassen hat. Vom Alten Markt über das Holländische Viertel bis zum Park Sanssouci, überall wird Fontane lebendig. Ich erfahre, was er über die Havelschwäne schrieb und welche Freundschaften ihn mit Potsdam verbanden.

Am Neuen Markt bleiben wir vor dem Haus mit der Nummer 11 stehen. "In diesem Haus wohnte Karl Zöllner, den Theodor Fontane mehrfach besuchte. Zöllner war einer von seinen Freunden aus dem Berliner literarischen Verein ‚Der Tunnel über der Spree‘", erzählt die Gästeführerin. Vom Neuen Markt führt die Tour zum ehemaligen Standort der Garnisonskirche. Fontane bezeichnete diese Kirche in seinen "Wanderungen" als Hauptsehenswürdigkeit. Am Fuße des Pfingstberges schiebt sich die Villa Quandt ins Bild. "Hier im Fontane-Archiv lagern unter anderem die Original-Druckfahnen von Fontanes ‚Wanderungen durch die Mark Brandenburg‘", schwärmt Regina Ebert und erklärt auch, dass seine Arbeit, seine Person und sein Werk im Zentrum des Archivs stehen.

Nach dem höchst kurzweiligen Stadtrundgang setze ich einen Tag später meine Radreise entlang des Templiner Sees zur Blütenstadt Werder fort. Ein Ort, den Theodor Fontane insbesondere wegen seiner Kirschen liebte: "Blaue Havel, gelber Sand, Schwarzer Hut und braune Hand, Herzen frisch und Luft gesund, Und Kirschen wie ein Mädchenmund." Werder gefällt mir wirklich gut. Der Ortskern ist ein Hingucker und liegt auf einer Insel, umgeben von der seebreiten Havel. Rundum ist sehr fruchtbares Land und Obst- und Gemüseanbau stark vertreten. Im Frühjahr erstrahlen Stadt und Umland in üppiger Blütenpracht.

Tour 5: Werder, Rathenow bis Havelberg

Auf Werder folgt Ketzin mit dem nahe gelegenen Schloss Paretz. Hier hatte Königin Luise ihr Sommerparadies. Die Geschichten und Eskapaden, die sich dort zutrugen, hatten in Adelskreisen Aufsehen erregt. Fontane erfuhr Jahrzehnte später durch den Hofgärtner Georg Sulpizius davon und war hingerissen. Er schilderte Luises Glück im "Schloss-Still-im-Land" in seinen "Wanderungen". Auch hegte er eine Liebe zur Stadt Brandenburg. Fontane besuchte fast 20 Mal die Stadt an der Havel. Besonderen Gefallen fand er am denkmalgeschützten dreiflügeligen Schloss Plaue, das heute ein Sanierungsfall ist. Schön angelegt dagegen ist der Plauer Fontaneweg mit elf Stationen, die einen sichtbaren Bezug zu seinen Werken aufweisen.

Dem nächstgrößeren Ort Rathenow – auch "Stadt der Optik" genannt – haftet ein wenig das Flair einer Industriestadt an. Für eine Übernachtung ist sie aber eine gute Station. Der Stellplatz liegt direkt am Stadtkanal und ist ein idealer Standort für die Erkundung des Ortes.

Mittags wieder auf dem Rad, folge ich dem Weg durch die untere Flussniederung nach Havelberg. Schon von Weitem erkenne ich St. Marien auf dem Domberg. Da fahre ich hoch und bin überwältigt von dem grandiosen Blick über die malerische Hansestadt und den Fluss, auf dem kleine Hausboote Kurs auf die Mündung nehmen. Hinter mir das wuchtige Westwerk der Kirche, in der Architektur auch als "Sächsischer Westriegel" bezeichnet. Es gibt nur wenige vollständig erhaltene romanisch-frühgotische Anlagen dieser Art östlich der Elbe. Somit gehört auch dieses Bauwerk gegen Ende meiner Radreise zu den vielen kulturellen Höhepunkten.

Hinter Havelberg sind es noch 19 Kilometer, bis die Havel in die Elbe mündet. Ziel ist nun Wittenberge. Auf dem Weg dorthin streife ich noch das Storchendorf Rühstädt. Mit mehr als 30 Horsten beherbergt es die größte Storchenpopulation in Deutschland. Am Ende einer schönen Radreise entlang des Havel-Radwegs bin ich begeistert von dem Fluss mit seinen schwimmenden Ferienhäuschen. Auf dem Wasser ist manchmal mehr los als auf dem Radweg. Dafür ist das Radeln hier gemütlich, da der Fluss auf seinem gesamten Weg einen Höhenunterschied von nur gut 40 Metern aufweist.

Infos zur Havel-Radtour

Der Havel-Radweg beginnt in Ankershagen (Quelle) und hat eine Länge von 388 Kilometern. Meine Route beginnt in Waren an der Müritz, führt bis zur Elbe nach Wittenberge und ist mit 438 Kilometern um einiges länger als die reinen Flusskilometer. Ausschlaggebend für die Wahl dieser Streckenvariante ist die Anbindung aller Etappenorte ans Netz der Deutschen Bahn. Damit ist immer gewährleistet, dass man problemlos vom jeweiligen Etappenstart oder -ziel mit dem Zug zu seinem Wohnmobil zurückkommt. Bei den Zugfahrten, die in der Regel nur wenige Minuten dauern, ist die Fahrradmitnahme erlaubt.

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Viele der hier beschriebenen Radetappen sind in zwei bis drei Stunden bequem zu schaffen, da der überwiegend flache bis leicht hügelige Radweg größtenteils über asphaltierte Wege und ruhige Nebenstraßen verläuft. Bereits ab Waren ist der Havel-Radweg ausgeschildert. Der rechteckige Wegweiser zeigt ein geschwungenes hellblaues Band mit einem orangefarbenen Fahrrad und dem Schriftzug "Havel-Radweg" in Weiß auf dunkelblauem Grund. Gutes Kartenmaterial hilft zusätzlich bei der Orientierung.

Stellplatz-Tipps in der Region

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