Kevin wer? Kevin Münch! Bis zum Sensations-Sieg über den englischen Ex-Weltmeister Adrian Lewis am Dienstagabend bei der Darts-WM kannten wohl nur eingefleischte Darts-Fans den Namen des Deutschen - vor allem, weil Münch vor einigen Jahren als eines der größten deutschen Darts-Talente galt. Aber erst jetzt spielt er es voll aus.
Im Jahr 2010 war Kevin Münch schon mal Deutscher Meister. Doch seitdem hat man nicht mehr viel von dem 29 Jahre alten Bochumer gehört.
Und nun das: Die Nummer sieben der deutschen Rangliste, ein Qualifikant, gewinnt gegen die Nummer sieben der Weltrangliste, einen Zweifach-Champion.
Das ist so, als wenn Tunesien in einem K.o.-Spiel der Fußball-WM England besiegen würde.
Kein Wunder, dass der Londoner Alexandra Palace, liebevoll "Ally Pally" genannt und seit zehn Jahren der Austragungsort der Darts-Weltmeisterschaft, Kopf stand.
Kevin Münch läuft Max Hopp den Rang ab
Noch vor einem Monat hätten die meisten Fans bei der Frage nach dem deutschen Profi, der es bei der WM am weitesten bringen würde, auf Max "The Maximizer" Hopp getippt.
Doch das derzeit bekannteste Gesicht, erst 21 Jahre jung und seit 2012 jedes Jahr in der Endrunde, scheiterte vor drei Wochen beim letzten Qualifikationsturnier des Jahres.
Dass aber ausgerechnet Kevin "The Dragon" Münch für Darts-Deutschland die Kohlen aus dem Feuer holen würde, daran war nicht im Traum zu denken.
Der Mann mit der gemütlichen Figur, die im Darts-Sport fast schon zur Grundausstattung eines Spielers gehört, hatte sich nach diversen Rückschlägen erst nach überstandener WM-Qualifikation entschieden, wieder ins Profigeschäft zurückzukehren.
Davor war er jahrelang als Amateur überwiegend bei kleinen Turnieren innerhalb Kontinentaleuropas unterwegs.
Kevin Münch gehörte in der Jugend zur Elite
Dass eigentlich mehr in ihm steckt, zeigte sich schon recht früh. In Herne in eine Darts-begeisterte Familie geboren, begann er schon als Fünfjähriger, mit kleinen Pfeilen auf Wurfscheiben zu zielen.
Alles lief zunächst nach Plan, in der Jugend gehörte er nicht nur zur nationalen, sondern auch zur internationalen Elite und erspielte sich 2011 erstmals die Chance, an der WM der Herren teilzunehmen.
Nachdem sein erster Gegner verletzungsbedingt aufgeben musste, scheiterte der Rechtshänder, der aber mit der linken Hand wirft, in der zweiten Runde.
Statt danach alles in die Profikarriere und ein professionelles Training zu investieren, konnte oder wollte er dieses finanzielle Risiko nicht eingehen und backte fortan kleinere Brötchen.
Womöglich hilft nun der Erfolg gegen Lewis, es doch nochmal professionell anzupacken, mit allem persönlichen Einsatz. Das Talent ist jedenfalls da und ein finanzielles Polster wohl auch.
Mit dem Einzug in die zweite Runde hat sich Münch schon rund 21.000 Euro Preisgeld erspielt. Als nächstes trifft er am 27. Dezember auf den Gewinner des spanischen Duells zwischen Cristo Reyes und Antonio Alcinas.
Wenn es Drachenreiter Münch schafft, eine ähnlich konzentrierte Leistung abzurufen wie gegen Lewis, wo er achtmal das Maximum von 180 Punkten warf (bisheriger WM-Rekord), dann sollte er auch diese Hürde meistern.
Weihnachten mit Currywurst
Auf alle Fälle will er Weihnachten bei seiner Familie feiern, mit Currywurst. "Die gönn' ich mir öfter mal", sagte er im Interview mit dem Sender Sport 1. "Schließlich sind wir Mental-Sportler, keine Hochleistungssportler."
Das heißt, man braucht vor allem Standfestigkeit und gute Nerven, um vor 3.000 Menschen in Party-Stimmung einen kühlen Kopf zu bewahren.
Am Mittwochabend um 22 Uhr steigt der zweite deutsche Teilnehmer in die WM ein: Der erst 21-jährige Martin Schindler, 75. der Weltrangliste, muss gegen den 48-jährigen Routinier Simon Whitlock, Zehnter der Weltrangliste ran.
Schindler wird bei seinem Landsmann Münch genau zugeschaut haben, wie man einen Favoriten aus dem Turnier wirft.
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