Sophia Flörsch versucht sich in dieser Saison in den USA, wo sie in der Indy-Nachwuchsserie an den Start geht. Christian Danner sagt allerdings ganz klar: Eine Zukunft als Rennfahrerin habe die 24-Jährige auf lange Sicht nicht, wenn man die bisherigen Leistungen betrachte.
Aus ihrem großen Ziel hat Sophia Flörsch nie einen Hehl gemacht. In die Formel 1 wollte die 24-Jährige stets, denn natürlich ist die Motorsport-Königsklasse das große Ziel eines jeden Rennfahrers, der eine professionelle Karriere anstrebt. Doch 2025 ist die Formel 1 für Flörsch weit weg und weiterhin ein Traum, der sich wohl nie erfüllen wird.
Für den früheren Formel-1-Fahrer Christian Danner ist Flörsch "ein interessantes Phänomen im Motorsport. Sie hat eine enorme Social-Media-Präsenz und ist ohne Frage eine sehr sympathische Frau, die darauf beharrt, die Welt aus den Angeln zu heben, weil sie einfach schneller fährt als alle anderen. Das ist Sophia Flörschs Welt", so Danner im Gespräch mit unserer Redaktion.
"Meilenweit weg von einer Erfolgsgeschichte"
Das Problem: "Die Wirklichkeit ist eine ganz andere Welt und die hat immer wieder ganz klar gezeigt, dass Sophia Flörsch eine der langsamsten ist in jeder Meisterschaft, in der sie mitgefahren ist", sagt Danner. Sein Urteil: "Ich finde sie spitze als Motorsport-Influencerin."
Danner: Sophia Flörsch "meilenweit weg von Erfolgsgeschichte"

Vom Potenzial her als Rennfahrerin sieht er sie aber "meilenweit weg von einer Erfolgsgeschichte. Wenn man ihre bisherigen Leistungen betrachtet, sehe ich für sie als Profi-Rennfahrerin auf lange Sicht keine echte Zukunft. Sie ist schlichtweg zu langsam".
Die Zahlen bestätigen das. Flörsch fuhr zwischen 2018 und 2024 in diversen Formel-3-Serien, dazu 2021 ein Jahr lang in der DTM, daneben war sie dreimal bei den 24 Stunden von Le Mans am Start. Ein Rennsieg gelang ihr in keiner Rennserie, auch wenn es immer mal wieder kleinere Highlights gab wie Platz 13 in Le Mans 2020 oder ein zweiter Platz in der European Le Mans Series 2022.
In der FIA Formel 3 aber, die zum Unterbau der Formel 1 gehört, fuhr sie seit 2020 in drei Saisons durch einen siebten Platz 2023 sechs Punkte ein, mehr Zählbares gab es nicht. Ihre Gesamtplatzierungen: 29, 23, 29.
Zum Vergleich: Landsmann Tim Tramnitz hat in seiner ersten Formel-3-Saison 2024 ein Rennen gewonnen und stand viermal auf dem Podium. Zwar macht es einen Unterschied, in welchem Team man ist, allerdings wird mit Einheitsautos gefahren, ein Vergleich hinkt also nicht so sehr wie in anderen Rennserien.
Tramnitz wurde in der vergangenen Saison Gesamtneunter, Flörschs direkte Teamkollegen landeten auf den Plätzen zehn und 20. "Das zeigt deutlich, dass es hier einen qualitativen Unterschied gibt", betont Danner, für den das "Geschäftsmodell als Motorsport-Influencerin funktioniert", weil Flörsch für Aufmerksamkeit sorge und ein positiver Charakter für den Sport sei. "Aber als Rennfahrerin ist sie schlichtweg zu langsam – das zeigen die reinen Fakten."
Jede Menge Gegenwind
Tatsächlich setzt sich Flörsch vehement für mehr Gleichberechtigung im Motorsport ein. Dafür, dass Frauen nicht in reine Frauenserien abgeschoben werden, sondern sich mit Männern messen sollen. Dabei nimmt sie kein Blatt vor den Mund und geht in den sozialen Medien auch mal
Der siebenmalige Weltmeister hatte Ende vergangenen Jahres seine Traum-Aufstellung angegeben für den Fall, dass er in Zukunft mal sein eigenes Formel-1-Team hat. Der Brite nannte dabei auch die Mercedes-Juniorin Doriane Pin und betonte, "von Anfang an auf Diversität achten" zu wollen. Für ihren Kommentar "Lass deinen Worten Taten folgen" bekam Flörsch reichlich Gegenwind, da sich Hamilton seit Jahren bereits dafür einsetzt.
Kleinere und auch größere Shitstorms gab es für sie immer mal, man muss ihr aber zugutehalten, dass sie den Mund aufmacht, um etwas zu verändern. Ihr Einfluss ist bei über 830.000 Followern auf Instagram, knapp 90.000 bei YouTube oder 115.000 bei "X" nicht zu unterschätzen. Sie engagiert sich deshalb auch als Vorbild für den Nachwuchs, um mehr Frauen in einen Sport zu ziehen, der zwar inzwischen einen höheren weiblichen Anteil hat, allerdings weiterhin nicht in der Startaufstellung.
Ohne Erfolg nicht nachhaltig
Das generelle Problem: Sie hat selbst kaum sportlichen Erfolg. Und das sei in dem Zusammenhang "überhaupt nicht nachhaltig", sagt Danner. Der 66-Jährige ist davon überzeugt, dass Frauen im Motorsport absolut mithalten können und dass es das Beste wäre, was dem Motorsport passieren könnte, wenn es eine Fahrerin gäbe, die sich ins Cockpit eines Ferrari setzen und mit Hamilton oder Leclerc auf Augenhöhe kämpfen würde. Deshalb werde viel Geld investiert, denn der Wille, Frauen in die Formel 1 zu bringen, sei absolut da, sagt Danner.
"Bislang gab es aber einfach keine Fahrerin, die schnell genug war. Und bei Flörsch ist das besonders offensichtlich. Stattdessen wird immer wieder behauptet, sie stehe kurz vor dem Sprung in die Formel 1.
Ich sehe das nicht – weder jetzt noch in Zukunft. Ihre Leistungen rechtfertigen das schlichtweg nicht", sagt der RTL-Experte. Was Flörschs forsche Ziel-Formulierung Formel 1 angeht, ist es für Danner vor allem "eine Mischung aus Geschäftsmodell und ihrem natürlichen Grundoptimismus".
Alpine-Berufung "ein PR-Move"
Fakt ist aber auch: 2023 und 2024 gehörte sie zum Nachwuchsprogramm des Formel-1-Rennstalls Alpine, etwas Langfristiges hat sich dadurch aber auch nicht ergeben. "Solche Kader-Geschichten sind oft mit Vorsicht zu genießen", meint Danner: "In ihrem Fall würde ich sagen, es war eher ein PR-Move, um den weiblichen Anteil im Portfolio abzudecken."
2025 wagt Flörsch nun einen Neuanfang. Die gebürtige Münchnerin geht in die USA und startet in der Indy NXT, in der Nachwuchsserie der IndyCar. Und die ist wiederum die Formel 1 der USA. Kämpft man sich dort nach oben, kann das ein Sprungbrett sein, wenn man bedenkt, dass mit Cadillac ab 2026 ein weiteres US-Team in der Formel 1 an den Start geht, die Königsklasse in den Staaten einen großen Boom erlebt und ein paar US-Investoren bei Teams wie Williams oder McLaren die Finger im Spiel haben.
Sie habe das Gefühl gehabt, "dass man in Europa in dieser Blase und in dieser Spirale ist, in der man immer dieselben Leute trifft und keinen Neuanfang hat. Amerika ist ein kompletter Neuanfang", sagte sie auf der Website der Serie. "Außerdem sind die USA offener für Rennfahrerinnen, was mich für die Zukunft sehr optimistisch stimmt", erklärte sie zudem.
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Ein knallharter Wettbewerb
Beim Auftaktrennen in St. Petersburg fuhr Flörsch in einem 450 PS starken Dallara-Formelauto auf Platz zwölf unter 21 Fahrern. 13 Rennen folgen noch, Flörsch bekommt also genug zu tun und Möglichkeiten, sich zu entwickeln und zu beweisen. Um es den Kritikern vielleicht doch noch zu zeigen.
"Ich wünsche Sophia, dass sie auf die Füße kommt und sich dort durchsetzen kann, vielleicht sogar ein Rennen gewinnt und sich weiterentwickelt", meint Danner, der betont, dass es grundsätzlich eine tolle Zukunft in der IndyCar-Serie für Flörsch gebe. "Aber auch dort herrscht ein knallharter Wettbewerb", betont Danner: "Am Ende zählt nur die Leistung – und da muss sie liefern." Auch wenn es dann nicht für die Formel 1 reichen sollte.
Über den Experten:
- Christian Danner absolvierte zwischen 1985 und 1989 insgesamt 36 Rennen in der Formel 1, daneben fuhr der 66-Jährige unter anderem auch in der DTM und in der WEC. Seit 1998 ist Danner als Co-Kommentator und Formel-1-Experte für RTL im Einsatz.