- Sebastian Vettel glänzt vor der neuen Saison der Formel 1 mal wieder als meinungsstarker Fahrer.
- 2022 will der 34-Jährige nach zwei harten Jahren auch sportlich endlich wieder durchstarten.
- Von der kommenden Saison dürfte auch seine sportliche Zukunft abhängen.
Vettel hat den russischen Einmarsch in der Ukraine von Anfang an harsch kritisiert, mit offenen Worten, aber auch Taten wie einem angekündigten Boykott eines Russland-Rennens oder einem Helm mit klarer Botschaft: "No War!". Kurz gesagt: Vettel glänzt aktuell als Mahner und Friedensbotschafter.
Ein geschärftes Profil als meinungsstarker Spitzensportler hat sich Vettel schon länger erarbeitet, ab dem ersten Rennen am 20. März in Bahrain sollten endlich wieder die Leistungen auf der Strecke Schritt halten können. Denn Vettels Ergebnisse stehen seit zwei Jahren deutlich im Schatten seiner oft pointierten Aussagen zu Themen wie Rassismus, Umwelt, Nachhaltigkeit oder eben dem Ukraine-Krieg.
Sebastian Vettels letzter Sieg gelang 2019 im Ferrari
Die sportliche Durststrecke ist beachtlich. Seinen jüngsten Sieg fuhr Vettel 2019 ein, die Gesamtplätze 13 (2020 mit Ferrari) und 12 (2021 mit Aston Martin) sind die mit Abstand schlechtesten Bilanzen seit seiner ersten vollen Saison in der Königsklasse 2008. Die Folge: Die Rufe, dass er seine beste Zeit hinter sich habe, werden immer lauter.
Vettel geht die neue Ära der Formel 1 mit dem neuen Reglement, den neuen Autos und den damit verbundenen neuen Chancen für Teams wie Aston Martin trotzdem behutsam an. "Keiner weiß wirklich, wo er steht", sagte der Heppenheimer nach den insgesamt sechstägigen Testfahrten.
Traditionell wird bei diesen Tests geblufft und gemauert, tiefgestapelt und die Gegner stark geredet. Was auch daran liegt, dass das neue Reglement zu sehr unterschiedlichen Interpretationen geführt hat und eine Analyse der Auftritte tatsächlich schwerer fällt als sonst.
Die Autos sind schwerer, die Reifen größer, dazu wurden die Front- und Heckflügel vereinfacht und die Seitenkästen zur Spielwiese für die Designer. Die Hoffnung: Das Hinterherfahren soll so einfacher, die Rennen durch mehr Überholmanöver wiederum actionreicher und der WM-Kampf durch ein ausgeglicheneres Feld spannender werden.
Aston Martin hat ordentlich investiert
"Dieses Jahr geht alles um die neue Generation Autos. Jetzt können wir zeigen, was wir können. Daran sollten wir gemessen werden", sagte Vettel. Denn Team-Mitbesitzer Lawrence Stroll lässt sich den ehrgeizigen Fünfjahres-Plan mit dem angepeilten Titelgewinn 2025 einiges kosten, mit einer neuen Infrastruktur und neuen Team-Mitgliedern wie Teamchef Mike Krack. Den Luxemburger kennt Vettel aus seiner Zeit als Testfahrer bei Sauber. Krack war 2006 der Renningenieur.
Die Sehnsucht bei Vettel nach sportlichen Ausrufezeichen ist groß, er will es den Kritikern zeigen, aber auch sich selbst. "Es ist klar, dass ein vierfacher Champion nicht um die Plätze acht, zwölf oder 15 fahren will. Wir müssen ihm ein gutes Auto geben und ihm zeigen, dass wir eine funktionierende Struktur haben“, sagte Krack.
Er gibt zu, dass Druck da ist. Denn wer viel investiert, will gewinnen, und das recht schnell. Eine weitere Saison im grauen Mittelfeld dürfte eine Menge Unruhe auslösen. Denn die Chance für mehr, für Podiumsplätze oder auch Siege, ist durch das neue Reglement und die Budgetobergrenze theoretisch gegeben. Oder anders gesagt: Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Denn alle fangen diesmal mehr oder weniger bei Null an.
"Ja, wir wollen erfolgreich sein - wir müssen erfolgreich sein", stellte Krack klar: "Wenn man so viel Zeit und so viel Budget investiert, ist Zweiter werden nicht gut genug."
Für den früheren Formel-1-Fahrer Christian Danner ist Aston Martin allerdings noch nicht so weit. "Zum einen befindet sich das Team noch im Aufbau. Zum anderen bezweifle ich, ob die Investitionen wirklich alle so sinnvoll sind", sagte Danner im "AvD Motor & Sport Magazin" auf Sport1. Er glaubt sogar: "Vettel ist von einem Sieg genauso weit entfernt wie im vergangenen Jahr." Und das war meistens ziemlich weit.
Vettel selbst betont: Für ihn ist alles offen
Vettels Erfolg ist auch eng verbunden mit der Frage, wie seine Zukunft aussieht. Denn sein Vertrag bei Aston Martin läuft nach der Saison 2022 aus. Viel wird also von den Ergebnissen abhängen. "Sebastian ist ein intelligenter Typ", so Krack: "Er schaut nicht nur auf die aktuelle Leistung, sondern auf das Potenzial. Wenn wir ihm das richtige Paket bieten, dann bin ich überzeugt, dass wir ihn auch länger halten können."
Doch Vettels Zukunft ist völlig offen, das betont der Deutsche immer wieder. Noch ist er innerhalb des Teams über jeden Zweifel erhaben. Jemand wie Vettel soll schließlich nicht nur sein fahrerisches Können einbringen, sondern auch das Auto und das Team weiterentwickeln.
Diese Expertise ist während der aktuellen Findungsphase in einer neuen Ära besonders wichtig, um Auto und Mannschaft in die richtige Richtung zu bringen, um zu korrigieren und auch zu motivieren. Vettel kann dafür sorgen, dass das Team mitzieht. Denn neues Reglement hin oder her: Auch ein Fehlstart könnte mit den richtigen Entwicklungsschritten zum gewünschten Ergebnis führen - wenn alle an einem Strang ziehen.
Krack: "Müssen bei Vettel keine Zweifel haben"
"Er ist clever und weiß, wie man diese Erfahrung richtig einsetzt. Er sagt nicht einfach nur, dass etwas in der Vergangenheit anders gemacht wurde. Er weiß, was er braucht, um schneller zu werden. Er kann damit auch uns als Team helfen, die Entwicklung in die richtige Richtung zu steuern", sagte Krack. Und stellte klar: "Wir haben mit ihm fahrerisch einen Top-Mann, bei dem wir keine Zweifel haben müssen."
Trotzdem muss Vettel liefern, seine Vita alleine wird auch Aston Martin und Stroll nicht reichen, wenn die Resultate gemessen an den Möglichkeiten ausbleiben. "Ich gehe von einem wichtigen Jahr für Vettel aus", sagt Ex-Formel-1- Profi Danner: "In den letzten Jahren ist er nämlich nicht durch fahrerische Highlights aufgefallen, sondern eher durch Fehler." Deshalb wird es höchste Zeit für die sportliche Topform.
Verwendete Quellen:
- Pressekonferenzen
- AvD Motor & Sport Magazin auf Sport1
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