Wenn die Formel 1 in die neue Saison startet, ist auch RTL wieder dabei. An sieben Rennwochenenden überträgt der Kölner Privatsender Qualifying bzw. Sprints sowie Rennen live, zusätzlich an fünf weiteren Samstagen Quali bzw. Sprints. Damit kehrt auch Reporter Kai Ebel in die Startaufstellung zurück.
Wir haben uns vor dem Auftakt in Bahrain mit ihm über die schwierige Situation der Formel 1 in Deutschland, Nachwuchs-Probleme, die Rolle von RTL und die sportliche Ausgangssituation unterhalten.
Kai Ebel: Ich finde, wir fühlen uns im Rahmen dieser Sky-Kooperation trotzdem immer noch als zu Hause der Formel 1, weil wir das viele, viele Jahre waren. Insofern kann man zumindest sagen, sie kommt wieder ins Wohnzimmer.
Wie sind denn die Reaktionen auf die Rückkehr?
Ich habe überall nur Positives gehört. Es hagelte sozusagen Glückwünsche. Es ist ein sehr, sehr, sehr und auch meine Erwartungen übertreffendes, positives Echo. In der Wucht hat mich das überrascht.
Wie wichtig ist es, dass die Formel 1 in Deutschland wieder im Free-TV gezeigt wird?
Die breite Öffentlichkeit bekommt das Ganze wieder mehr mit. Wenn ich beim Bäcker war, an der Tankstelle oder beim Friseur, dann haben die Leute im Juli gefragt, ob die Saison schon vorbei und wer Weltmeister ist. Die waren alle überhaupt nicht mehr auf der Höhe. Das könnte sich jetzt zumindest wieder ein bisschen ändern.
Interesse soll ansteigen
Kann man mit dem Umfang, den RTL überträgt, eine Trendwende einleiten?
Unser Interesse ist natürlich, dass das Interesse ansteigt. Ob das gelingt? Das kann ich nicht sagen, aber es sind sieben komplette Rennwochenenden, die wir zeigen, dazu fünf weitere Qualifying/Sprints, die wir am Samstag übertragen. Das ist schon eine Menge.
Warum steckt die Königsklasse in Deutschland in einem Loch?
Die Sehgewohnheiten haben sich verändert. Früher war es ein Ritual, alle 14 Tage die Formel 1 zu schauen. Dann waren die Deutschen aber nicht mehr ganz so erfolgreich, und dann schauten auch nicht mehr ganz so viele zu. Und jetzt fährt mit
Sie waren dabei, als teilweise bis zu sieben deutsche Fahrer dabei waren. Warum hat die Autonation Deutschland so ein Nachwuchs-Problem?
Wie hat es der frühere RTL-Chef Helmut Thoma anfangs gesagt: Die einzigen Deutschen, die es früher in der Formel 1 gab, waren die Zündkerzen von Bosch. Dann hat
Wie es heißt, wird für die Talente unter dem Strich ein zweistelliger Millionenbetrag fällig, vom Kart bis in die Formel 1…
Wer kann sich das leisten? Das geht nur, wenn die Unterstützung die richtige ist. Die Automobil-Hersteller haben im Moment aber ganz andere Probleme. Die stehen alle unter Druck. Und wenn man schon im Kerngeschäft nicht weiß, wie es weitergeht, dann stürzt man sich ja nicht in das Abenteuer Formel 1.
Das Image des Autos hat in Deutschland sowieso arg gelitten…
Man hat fast das Gefühl, dass das Auto etwas Böses sei. Als Erstes wird über den Verbrauch geredet, dann kommt der CO2-Ausstoß. Und die Besitzer der großen bösen SUV müssen jetzt viel mehr zahlen, weil sie viel Platz beim Parken wegnehmen. Die Fahrradwege werden immer breiter, Hauptsache, die Autos werden weggedrängt. Man hat das Gefühl, dass alles böse ist, was mit dem Auto zu tun hat. Und dann hat man eine Sportart wie die Formel 1, die die Königsklasse der Autos ist. Und die Firmen oder Sponsoren werden unsicher. Dürfen wir das noch? Ist das jetzt das geeignete Zeichen? Oder steht dann morgen die Deutsche Umwelthilfe vor der Tür? Das sind Unsicherheitsfaktoren, die dazu führen, dass man sich lieber im Fußball engagiert.
"Das Auto hat im Moment keine Lobby"
Was muss da passieren, damit sich da wieder was ändert?
Man muss sich entscheiden. Eine Deutsche Post müsste sagen: Wir lassen unser Nachwuchsprogramm wieder aufleben. Oder Audi sagt rund um den Einstieg 2026: Wir machen mal eine ganz eigene Kampagne und holen uns prominente Botschafter an Bord. Es muss ein richtiger Hype entstehen. Sehr helfen würde zum Beispiel auch, wenn Deutschland wieder als Automobilindustrie auftritt. Dann könnte es aufwärts gehen. Dazu gehört dann aber auch, dass man dafür kämpft, in Deutschland wieder ein F1-Rennen zu haben. Die Politik muss es wollen. Aber das Auto hat im Moment keine Lobby. Und ohne Lobby lässt sich nicht viel machen. Und dann kriegt man auch nicht die entsprechenden Akteure hinters Steuer. Und dann kommt auch kein Nachwuchs mehr. Weil alle sagen: Wir setzen doch nicht auf ein totes Pferd.
In den letzten Jahren ist viel passiert mit Drive to Survive, dazu kommt auch die Krise in Deutschland. Muss man die Formel 1 heute anders präsentieren? Oder gerade deshalb so wie früher?
Es hängt nicht alles an der Präsentation. Wir reden von einem Live-Sport-Event, und das steht und fällt mit dem Erfolg eines Local Hero. Bei den Italienern reicht es, dass Ferrari mitfährt. Aber die Deutschen wollen einen erfolgreichen Fahrer haben. Wenn Hülkenberg zu Mercedes wechselt und plötzlich ein Rennen nach dem anderen gewinnt, würden auch auf einmal die Fernseher wieder eingeschaltet werden. So einfach ist das.
Sie sind seit 1992 dabei. Wie sehr hat sich die Rennserie verändert?
Zwischendurch ist sie ja furchtbar deutsch geworden. Das hat wieder sehr abgenommen. Dafür sind es heute mehr Rennen. Die Fahrer sind im Durchschnitt jünger geworden. Ich halte es für eine erfreuliche Renaissance, dass auch ältere Kollegen wieder einsteigen. Wie Hülki, das ist schon witzig, dass man ihn schon zu den Älteren zählen muss.
Komplizierte Regeln
Welche Veränderung nervt am meisten?
Dass man so viel herumexperimentiert. Man versucht, die Sendezeiten auseinanderzuziehen, um eine künstliche Spannung zu erzeugen. Vielleicht wird manchmal ein bisschen zu viel initiiert. Liberty Media hat eine Menge bewegt. Aber es wird irgendwo der Formel 1 ein bisschen die DNA genommen, es geht mehr zum Popcornkino. Man müsste auch schauen, dass man nicht zu viele Dinge verändert. Die Regeln sind sowieso kompliziert genug. Der Zuschauer bekommt das oft gar nicht mit. Ihm muss man das aber peu à peu beibringen. Das geht aber auch nur dann gut, wenn man nicht ständig wieder was ändert.
Ein Vorwurf: Viele Stars heute haben nicht mehr viel zu sagen. Mit wem machen die Interviews heute noch Spaß?
Zum Beispiel mit Max Verstappen. Immer gut, immer lustig, sehr authentisch. Der sagt, was er denkt. Oder Nico Hülkenberg. Auch immer lustig. Das sind so meine Lieblingsgesprächspartner.
Wer war bislang der lustigste Interviewpartner?
Kimi Räikkönen. Weil er manchmal wortkarg war, manchmal hat er aber gar nicht aufgehört zu reden. Aber er hat alles mit dem gleichen Gesichtsausdruck erzählt. Egal ob er Weltmeister oder gerade ausgeschieden war. Das war überragend. Der war ein Original, manchmal schwierig zu knacken, aber authentisch.
Red Bull gilt nach den Tests mal wieder als Maßstab. Wie schafft man es, eine Rennserie, die so dominiert wird, interessant zu halten?
Sie ist aus sich heraus interessant. Und selbst wenn da jemand dominiert, ist es interessant. Dann muss man erklären, warum derjenige dominiert, wie er dominiert. Es kann spektakuläre Rennen geben, spektakuläre Überholmanöver. Man schaut sich ja auch ein einseitiges Fußballspiel an. Wenn Deutschland 7:0 gewinnt – auch wenn das schon länger her ist - dann schalten die Leute nicht bei 3:0 aus. Da bleiben dann trotzdem alle am Ball.
Formel 1 als Marathon
Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder ein Durchmarsch von Verstappen wird?
Der Weg zur WM führt auf alle Fälle über ihn. Ob der nun drei Rennen vor Schluss, ein Rennen vor Schluss oder im letzten Rennen den Titel holt, hängt an so vielen Dingen, da kann alles Mögliche passieren. Die Formel 1 ist kein Sprint, sie ist ein Marathon. Da muss man sich ganz langsam durcharbeiten. Aber logischerweise ist er der große Favorit.
Wie heiß wird es bei Mercedes nach dem angekündigten Wechsel von Lewis Hamilton zugehen?
Das ist eine sehr interessante Lage, weil man ja genau weiß, dass der Feind im Grunde bereits im eigenen Bett liegt. Ich weiß nicht, inwiefern Mercedes den Lewis bei der Entwicklung mit einbezieht, denn er hat nicht das Interesse, das Auto für die nächstjährige Konkurrenz zu entwickeln. Und auch das Team möchte nicht, dass er irgendwelche Geheimnisse mit zu Ferrari nimmt. Deswegen wird es sehr spannend, die Zusammenarbeit zu verfolgen. Ich habe da auch noch keine Vorstellung.
Und aus deutscher Sicht? Geht es für Nico Hülkenberg im unterlegenen Haas im Grunde darum, sich für ein neues Cockpit zu empfehlen?
Er befindet sich im Herbst seiner Karriere. Er fährt vor allem deshalb, weil er Spaß daran hat und er das Bestmögliche herausholen will. Doch wenn es nochmal eine Chance gäbe, in einem besseren Team zu fahren, würde er die natürlich nutzen. Deswegen wird er jedes Rennen alles geben. Er hat ein wahnsinniges Potenzial und wird mit Freude und Leidenschaft an die Saison herangehen.
Hat Mick Schumacher eine weitere Chance in der Formel 1 verdient?
Ja, das hat er. Ich glaube aber, dass es sehr schwer wird, weil viele Schlüsselpositionen besetzt sind. Wo soll er denn hin? Da muss ja schon richtig was frei werden. Toto Wolff hat durchblicken lassen, dass Mick nächstes Jahr eher nicht im Mercedes sitzt. Er fährt jetzt erstmal ein Jahr lang in der Langstrecken-WM. Vielleicht hat er dort großen Erfolg. Und möglicherweise hat er dann so viel Spaß, dass er sich dort festspielt.
Und Sebastian Vettel? Für wie wahrscheinlich halten Sie ein Comeback?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Der hat seine Entscheidung getroffen. Ich weiß nicht, wie sehr er sich jetzt gerade langweilt. Aber ich glaube eigentlich nicht, dass er zurückkommt. Es wäre natürlich schön aus deutscher Sicht, aber ich sehe es einfach nicht.
Über den Gesprächspartner: Kai Ebel ist seit 1992 eines der Gesichter der Formel-1-Übertragungen von RTL. Der 59-Jährige berichtet als Reporter von den Rennen der Motorsport-Königsklasse.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.