- Der Este Jüri Vips hat sich einen rassistischen Fehltritt erlaubt und ist von Red Bull Racing entlassen worden.
- In der Formel 2 geht er trotzdem weiter an den Start, denn sein Hitech-Team bekennt sich zu ihm.
- Die Rennserie selbst wiederum zeigt sich angesichts der Entscheidung überrascht. Die Fans sind gespalten.
Das Timing dürfte kein Zufall gewesen sein. Wenige Stunden, nachdem der Skandal um Nelson Piquet und seinen rassistischen Ausfall gegen Lewis Hamilton öffentlich wurde, schmiss Red Bull Racing den eigenen Nachwuchsmann Jüri Vips raus.
Schluss. Aus. Vorbei. Vips hat sich selbst brutal ausgebremst.
Der Este hatte im Rahmen eines Streams auf der Gaming-Plattform Twitch das N-Wort benutzt und die Farbe
"Nach der Untersuchung eines Online-Zwischenfalls, in den Jüri Vips verwickelt war, hat Oracle Red Bull Racing Jüris Vertrag als Test- und Reservefahrer gekündigt. Das Team duldet keine Form von Rassismus", hieß es in der Erklärung.
Jüri Vips entschuldigte sich
Dem 21-Jährigen half auch eine öffentliche Entschuldigung nicht, in der er betonte, dass die Sprache völlig inakzeptabel sei und nicht die Werte und Prinzipien widerspiegele, die er vertrete: "Ich bedauere meine Handlungen zutiefst und dies ist nicht das Beispiel, das ich geben möchte. Ich werde bei den Ermittlungen voll und ganz kooperieren", erklärte der Formel-2-Pilot, der seit 2018 zum Nachwuchsprogramm von Red Bull Racing gehörte.
Der von Piquet ebenfalls mit dem N-Wort beleidigte
Jüri Vips darf Saison bei Hitech zu Ende fahren
Auch in der Formel 2 ist nun eine emotionale Debatte entbrannt. Denn Vips darf trotz der Entgleisung und des Red-Bull-Rauswurfs die Saison bei Hitech zu Ende fahren. Der Rennstall stellt sich vor den 21-Jährigen. "Hitech GP beschäftigt eine integrative Belegschaft und hat nie Rassismus oder beleidigendes Verhalten in irgendeiner Form geduldet", erklärte Teamchef Oliver Oakes in einem längeren Statement.
Der von Vips genutzte Begriff sei inakzeptabel, er wisse auch nicht, warum Vips diese Aussage getätigt und warum er zu dem Zeitpunkt "Call of Duty" spielen und streamen musste. "Was ich weiß, ist, dass die Kündigung seines Vertrags durch Red Bull als Folge seiner Handlungen eine niederschmetternde Erfahrung für ihn ist, eine verdiente harte Strafe", betonte Oakes. Die Realität, erklärte der Teamchef weiter, sei aber auch, "dass es keine einhellige Meinung darüber gibt, ob diese Strafe ausreichend ist, und das ist völlig verständlich".
Vips soll Chance zur Rehabilitation erhalten
Er wolle Vips die Chance geben, sich zu rehabilitieren. Denn gleichzeitig fragte der Teamchef auch: "Wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der niemand einen Fehler machen, sich dann aufrichtig entschuldigen, die Chance zur Wiedergutmachung erhalten und daraus lernen kann – was sagt das über die Gesellschaft aus?"
Worte sind tatsächlich schnell gesagt und auch geschrieben, Vips kann nun ehrliche Reue zeigen, kann unter Beweis stellen, dass seine Aussagen ein Fehltritt waren und er daraus lernt. "Jüris Selbstrespekt, sein Ruf und seine Karriere liegen nun fest in seiner Hand", erklärte Oakes, der klarstellte: "Ich glaube, dass wir alle im Leben eine zweite Chance verdienen – aber niemals eine dritte."
Vor allem im Netz wird nun heftig diskutiert: Ist die Hitech-Entscheidung eine richtige? Ist sie ein Witz, eine Beleidigung, ein Fehlgriff, wie viele meinen? Oder ist sie fair, menschlich und angemessen? Oder darf es "2022 für einen Rassisten keine zweite Chance" geben, wie ein Twitter-User meint?
Der Scherbenhaufen einer Karriere
Die Verantwortlichen der Rennserie haben eine andere Meinung als der Rennstall. Für sie ist klar: Vips' Aussagen können nicht toleriert werden. "Die heutige Entscheidung von Hitech Grand Prix ist überraschend und wäre von uns nicht getroffen worden", erklärte die Formel 2 in einem Statement. Man werde "die Situation gemeinsam sorgfältig beobachten, um sicherzustellen, dass ein solches Verhalten angemessen geahndet wird".
Vips, der in dieser Saison beim Training in Barcelona sein Formel-1-Debüt feierte, seit 2020 in der Formel 2 fährt und in dieser Saison auf Platz sieben liegt, steht fraglos vor dem Scherbenhaufen seiner Karriere, am sportlichen Scheideweg. Hat der Nachwuchsmann eine zweite Chance verdient? Er darf die Frage in den kommenden Wochen selbst beantworten.
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