Der Weg zu einem Investoren-Einstieg bei der DFL ist frei. Oder? Denn bei der Abstimmung von Hannover 96-Geschäftsführer Martin Kind kommen Zweifel auf. Der sollte laut Weisung des Vereins gegen den möglichen Investoren-Einstieg stimmen, doch die Anzeichen mehren sich, dass er das nicht getan hat.
Es war knapp bei der DFL-Mitgliederversammlung am Montag: Mit 24 Pro-Stimmen erreichte der Antrag, dass die Deutsche Fußball-Liga Verhandlungen mit einem externen Investor aufnehmen soll, gerade so die nötige Zwei-Drittel Mehrheit. Zehn Vereine, darunter auch die Bundesligisten Köln, Freiburg und Union Berlin, stimmten dagegen, zwei weitere Klubs enthielten sich. Auch wenn die Abstimmung geheim war, haben sich mittlerweile alle zehn Erst- und Zweitligisten, die gegen den möglichen Investoren-Einstieg gestimmt haben, positioniert.
Nicht auf dieser Liste mit dabei war Zweitligist Hannover 96. Und das, obwohl der Stammverein von Hannover 96 Geschäftsführer Martin Kind per Weisung dazu aufgefordert hatte. Auch wenn das letztendliche Abstimmungsergebnis nicht einsehbar ist: Die Anzeichen mehren sich, dass Kind den Willen des Vereins einfach ignoriert hat.
Hannover 96: Verein will Aufklärung
Kind selbst wollte dies nicht bestätigen. "Ob die Vereine, die jetzt erklären, sie hätten mit Nein gestimmt, wirklich so abgestimmt haben, weiß keiner", erklärte der 79-Jährige bei "Bild". Seine eigene Entscheidung gab Kind aber ebenfalls nicht preis.
Dementsprechend wenig begeistert fallen die Reaktionen aus Hannover aus: "Sollte sich herausstellen, dass weisungswidrig gehandelt wurde, müssen wir uns intern Gedanken machen", sagte ein Vorstandsmitglied des Stammvereins am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Verein hat Kind mittlerweile dazu aufgefordert, sein Abstimmungsverhalten mitzuteilen - ohne Erfolg, obwohl dieser dem Verein gegenüber zur Auskunft verpflichtet ist.
Sebastian Kramer, Vorstandschef von Hannover 96, äußerte sich deutlich zu den Konsequenzen. Sollte Kind tatsächlich gegen die Weisung des Vereins gestimmt haben, fehle dem Beschluss der DFL damit die Legitimation, so Kramer in einem Interview mit "Bild". "Wir hatten die DFL über die Weisung und den fehlenden Austausch im Vorfeld informiert und angeregt, die Abstimmung zu verschieben, sollte nicht sichergestellt werden können, dass das Abstimmverhalten von Herrn Kind nachvollziehbar ist. Das Ergebnis sieht man ja nun."
Kind im Clinch mit eigenem Verein
Seit Jahren positioniert sich Kind als Gegner der 50+1-Regel, die den Stammvereinen mehr Macht gegenüber den ausgegliederten Spielbetriebsgesellschaften geben soll. Zwischen ihm und Vertretern des Vereins herrscht seit Jahren Streit. Der Mutterverein von Hannover 96 versuchte erst im Sommer 2022, Kind als Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH abzusetzen, scheiterte jedoch.
Ob die Wahl von Martin Kind auch Auswirkungen auf die DFL-Entscheidung für einen Investor haben könnte, bleibt offen. Dazu müssten andere Clubs die Entscheidung zunächst anfechten. "Selbst wenn wir eine Pflichtverletzung von Kind hätten, sehe ich keinen Schadenersatzanspruch", erklärte Sportrechtler Paul Lambertz auf DPA-Anfrage. "Mit den Investoren soll nun erstmal verhandelt werden und vermutlich kommt so auch mehr Geld zu den Clubs. Dadurch gibt es keinen Schaden."
Verwendete Quellen:
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