Nach einer deutlichen Niederlage steckt Eintracht Frankfurt in der Krise und muss um einen der Europa-League-Plätze bangen. Im Jahr 2024 konnten die Frankfurter nur vier Spiele gewinnen.
Anfang März sah es tatsächlich mal so aus, als könne Eintracht Frankfurt in der Rückserie doch noch irgendwie die Kurve kriegen. Einem glücklichen Sieg in Heidenheim - Stichwort Maulwurf-Tor- folgte ein überzeugender gegen die TSG Hoffenheim, die allerdings am Ende gleich in doppelter Unterzahl spielen musste. Es war das zweite Mal, dass der Eintracht zwei Siege in Folge gelungen war. Wie schon in der Hinserie auch gegen Heidenheim und Hoffenheim.
Geblieben ist von der zarten Euphorie nur rund vier Wochen später nichts mehr. Nach nur zwei Punkten aus den vier Spielen seit dem Doppelschlag tritt Eintracht Frankfurt mal wieder auf der Stelle - sowohl tabellarisch als auch in seiner Entwicklung.
Die klare Niederlage in Stuttgart am Wochenende bildet dabei den vorläufigen Tiefpunkt einer schleichenden Talfahrt. Nicht nur das Ergebnis deutete einen Klassenunterschied gegen den VfB an, sondern auch die Leistung der Eintracht speziell in den ersten 45 Minuten. Wer bis dahin nicht verstehen wollte, wie weit die Frankfurter derzeit von der Spitze der Liga und auch ihren eigenen Ansprüchen entfernt sind: Die Partie in Stuttgart lieferte einen stichfesten Beweis.
Nur vier Siege im Jahr 2024
Lediglich vier von 15 Pflichtspielen haben die Frankfurter in diesem Kalenderjahr gewonnen, im Pokal ereilte die Eintracht das Aus gegen Drittligist Saarbrücken, in der Conference League in der ersten K.o.-Runde gegen den belgischen Vertreter Union Saint-Gilloise. Umso erstaunlicher mutet es da an, dass die Mannschaft den sechsten Platz in der Tabelle trotz aller Probleme bisher halten konnte und dass die Europa League immer noch aus eigener Kraft zu erreichen ist.
Was allerdings weniger mit der Frankfurter Stärke, denn mit dem regelrechten Schneckenrennen um die internationalen Plätze jenseits der Champions-League-Ränge zu tun hat. Die Konkurrenz ist ähnlich schwach unterwegs wie die Eintracht, die noch immer von ihrem Vorsprung aus der Hinserie zehrt und diesen womöglich auch ins Ziel rettet. So ganz sicher sollten sie sich in Frankfurt dessen aber nicht sein.
Immer noch in der Findungsphase
Die Eintracht-Saison wird nur noch durch das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs, im besten Fall der Europa League, zu retten sein. Ansonsten muss diese Spielzeit als eine verschenkte abgehakt werden. Statt der erhofften Weiterentwicklung der Mannschaft mit ihren vielen jungen, talentierten Spielern ist seit Wochen eine latente Unruhe rund um den Klub zu vernehmen.
Im Zentrum der Kritik stehen dabei wenig überraschend die sportlichen Verantwortlichen: Trainer Dino Toppmöller und Sportvorstand Markus Krösche. Frankfurts Mannschaft fehlt tatsächlich ein erkennbarer Kern, eine klar definierte Spielidee. Nicht erst in Stuttgart wirkte das Frankfurter Spiel wie in seiner Findungsphase, als würde da eine Mannschaft in der Vorbereitung auf eine Saison in einem Testspiel auflaufen.
Das hat natürlich auch mit einigen veritablen Personalproblemen zu tun, zuletzt fehlte eine halbe Mannschaft verletzt oder gesperrt. Und auch die Tatsache, dass die Eintracht nahezu die ganze Saison ohne echten Mittelstürmer bestreiten muss, kann als Erklärung dienen: Den späten Abgang von Torjäger Kolo Muani nach Paris wollte Krösche im Winter mit der Rückkehr von Sasa Kalajdzic in die Bundesliga kompensieren. In seinem fünften Spiel für die Eintracht verletzte sich der Österreicher aber erneut am Kreuzband.
Also rückte - wie schon in der Hinserie - Flügelspieler Omar Marmoush ins Angriffszentrum. Mehr als eine Verlegenheitslösung ist das aber auch kurz vor dem Ende der Saison nicht.
Was ist Frankfurts Markenkern?
Vielleicht ist es die überzogene Erwartungshaltung an eine Mannschaft "im Umbruch", wie Sportchef Krösche nicht müde wird zu betonen. Tatsächlich hatte sich auch Toppmöllers Vorgänger Oliver Glasner in den letzten Zügen seiner überaus erfolgreichen Amtszeit in Frankfurt über den Druck von außen beschwert. Die Liebesbeziehung ging auch deshalb einigermaßen brachial in die Brüche.
Dass Nachfolger Toppmöller nun aber zu großen Teilen der Fans gar nicht mehr durchdringt, mit seinen Ideen nicht mehr weiterkommt und die Unruhe immer noch größer wird, ist ein echtes Problem. Zwar wohl nicht mehr für diese Saison, in der die Eintracht noch mindestens zwei, besser drei Siege sammeln sollte, um den Einzug in den Europapokal zu sichern. Aber im Hinblick auf die kommende Spielzeit: Nach nun zehn Monaten des spielerischen Stillstands drängen sich Fragen auf. Die Stimmung dreht sich oder hat sich schon gedreht, der Markenkern der Mannschaft ausgehöhlt. Wofür die Eintracht fußballerisch steht, ist allenfalls in Ansätzen zu erkennen.
Neben einem guten Maß an Geschwindigkeit und Jugendlichkeit in vielen Mannschaftsteilen fehlen prägnante spielerische Eckpunkte, ein Korsett oder eine Basis, auf die sich die Spieler immer verlassen und berufen können - völlig egal, wer auf dem Platz steht.
Wenn dann auch noch die talentfreien Grundlagen fehlen, also Zweikampfhärte, Aufmerksamkeit, Laufbereitschaft, dann kommt eine erste Halbzeit heraus wie in Stuttgart. Und nährt fast automatisch die Zweifel am Trainerteam und dessen Ausrichtung der Mannschaft.
Emotionale Kehrtwende muss her
Noch hat die Eintracht fünfmal die Chance, die Saison nicht nur tabellarisch, sondern auch emotional zu einem guten Ende zu bringen, den verloren gegangenen Glauben der Fans wieder neu zu entfachen und mit einem positiven Gefühl in die Sommerpause zu gehen.
Ein erster Stimmungsaufheller bietet sich bereits am Freitag an, wenn die Eintracht den FC Augsburg im Waldstadion empfängt. Nach der Nichtleistung von Stuttgart sollte mit der Rückkehr einiger verletzter oder gesperrter Spieler die Mission klar sein.
Für die Mannschaft ist das mehr als ein Sechs-Punkte-Spiel gegen den schärfsten Verfolger im Kampf um Platz sechs. Es ist auch die große Chance, auf der Zielgeraden der laufenden Saison schon Aufbauarbeit für die kommende Spielzeit zu betreiben. Und Werbung für ihren Trainer.
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