Lange wurde Hasan Salihamidzic als Gute-Laune-Bär verspottet, jetzt sitzt er sogar im Vorstand des FC Bayern. Wie schon damals als Spieler hat er auch hier seine Chance genutzt. Es sollte also Schluss sein mit der Häme.
Beim FC Bayern herrscht Krisenstimmung. Ergebnisse müssen her, um die brisante Tabellensituation zu ändern. Zwei Niederlagen in Folge in der Bundesliga. Nur Platz sieben nach 14 Spieltagen.
In der Champions League läuft es dagegen weiter rund. Es sind turbulente Wochen beim FC Bayern München. Doch es gibt spätestens seit dieser Woche auch einen großen Gewinner:
Am Montagabend beschloss der Münchner Aufsichtsrat dessen Beförderung zum Sportvorstand. Ab dem 1. Juli 2020 gehört der 42-Jährige dann dem wichtigsten Entscheidungsgremium des Clubs an. Er ist der zweite Sportvorstand des Clubs nach
Hasan Salihamidzic als Gute-Laune-Bär verspottet
Salihamidzic wurde vor zwei Jahren völlig überraschend für den Sportdirektor-Posten aus dem Hut gezaubert. Er galt als klassischer Kompromisskandidat, weil sich
Von Anfang an musste Salihamidzic vor allem öffentlich darum kämpfen, ernst genommen zu werden. Als "Maskottchen" wurde er spöttisch bezeichnet, weil er zuvor vor allem als Markenbotschafter des Vereins aktiv war und als Gute-Laune-Bär aus Veranstaltungen und Events bekannt war.
Das war von Anfang an ungerecht, doch es gehört zum Wesen des Profifußballs, dass Funktionäre häufig vor allem durch ihre öffentlichen Auftritte definiert werden und weniger über die Arbeit hinter den Kulissen, die für die meisten Beobachter unsichtbar und dadurch schwer zu beurteilen ist.
FC Bayern: Transferbilanz kann sich sehen lassen
"Brazzo" warf sich mit dem ihm typischen Engagement in die Aufgabe. Hört man sich im Umfeld des FC Bayern um, wird vor allem sein Fleiß und seine Umtriebigkeit immer wieder gelobt. Trotzdem brauchte er lange, um in der neuen Rolle anzukommen. Verunglückte Interviews und verpatzte Transfers wie der von Chelseas Callum Hudson-Odoi prägten lange das Bild.
Den jungen Briten wollte Salihamidzic Anfang des Jahres unbedingt nach München holen. Eine gute Idee, wenn man sich dessen Entwicklung anschaut, doch der zukünftige Bayern-Vorstand machte das Interesse viel zu früh öffentlich.
Aus einer guten Idee wurde so eine zähe Hängepartie inklusive öffentlicher Auseinandersetzung zwischen den Clubs. Hudson-Odoi kam am Ende nicht. Genauso wenig wie Leroy Sané und einige andere Hochkaräter, die in diesem Sommer gehandelt wurden.
Doch insgesamt kann sich die Transferbilanz in seiner Amtszeit durchaus sehen lassen. Viele Abgänge waren logisch und erzielten einen guten Preis. Neuzugänge wie
Nachholbedarf auf einigen Positionen
Mit Alphonso Davies entdeckten er und Chefscout Marco Neppe sogar ein Juwel und überzeugten ihn mit einem klaren Plan vom Schritt nach München. Einzig der als Toptransfer angekündigte Philippe Coutinho konnte bisher die Erwartungen noch nicht erfüllen. Gerade in der höchsten Kategorie werden die Münchner im kommenden Jahr nachlegen müssen, um den Anschluss zur europäischen Spitze wiederherzustellen.
Auch auf anderen Positionen gibt es für Sportchef Salihamidzic in den kommenden Monaten noch Handlungsbedarf. Es war ein Fehler, keinen spielgestaltenden Sechser verpflichtet zu haben, der Thiago im Spielaufbau und in der Absicherung unterstützt. Auch die Defensive ist nach dem Abgang von Mats Hummels etwas dünn aufgestellt.
Salihamidzic ist gut beraten, sich voll auf den Transferbereich zu konzentrieren, um sich damit auch langfristig einen Platz in der Münchner Führungsetage zu sichern. Denn auch hier steht mit der Ankunft von Oliver Kahn ein Umbruch bevor und auf die schützende Hand von Uli Hoeneß kann er sich auch nicht mehr verlassen.
Vorwürfe an die Bosse - nicht an "Brazzo"
Man kann es durchaus als Fehler betrachten, dass die Münchner Bosse nach dem Abgang von Matthias Sammer vor drei Jahren auf dieser Schlüsselposition keinen Hochkaräter als Nachfolger verpflichtet haben. Doch diesen Vorwurf muss man den Bossen machen - und nicht Salihamidzic.
Der hat seine Chance genutzt. Genau wie in seiner Zeit als Spieler, als ihm aus Hamburg kommend zur Jahrtausendwende kaum Chancen in München ausgerechnet wurden. Er setzte sich durch. Genau wie jetzt.
Mit der Häme für "Brazzo" sollte es deshalb ein für alle mal vorbei sein. Ab jetzt sollte man Hasan Salihamidzic an seiner Kernaufgabe messen: dem sportlichen Erfolg des FC Bayern.
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