- Erling Haaland - und dann lange nichts: Borussia Dortmunds Kader fehlen die Sprinter-Typen.
- Das muss nicht zwingend ein Problem sein, für die Umsetzung einiger Stilmittel wäre etwas mehr Karacho aber durchaus von Vorteil.
Mit den Statistiken ist das ja immer so eine Sache. Da werden empirische Daten gesammelt und in Form gebracht. Im besten Fall lässt sich daraus eine Reihenfolge machen, die eine qualitative Einordnung ermöglicht.
In vielen Lebensbereichen sind Statistiken eine gute Sache - im Fußball aber immer auch mit ein wenig Vorsicht zu genießen. Einfachstes Beispiel: Die gerne genommene Zweikampfquote eines Spielers oder einer Mannschaft ist zwar immer noch recht populär, in ihrer Aussagekraft aber sehr beschränkt.
Der Datendienstleister OPTA hat am Montag ein paar Zahlen veröffentlicht, die für sich interpretiert auch nur einen Teil des Fußballspiels ausweisen - in einem bestimmten Kontext dann aber doch ganz interessant sind. Die schnellsten Bundesligaspieler der Hinserie wurden benannt und wie schnell sie - pardon - einfach nur geradeaus laufen können.
BVB: Nur Haaland unter den Top 30
Gewinner dieser Kategorie ist der Mainzer Innenverteidiger Jeremiah St. Juste, der mit wirklich sehr schnellen 36,63 km/h erfasst wurde. Dortmunds Torjäger Erling Haaland hat es immerhin auf Platz fünf geschafft, er ist damit aber auch schon der einzige BVB-Spieler unter den 30 schnellsten Bundesligaprofis. Donyell Malen folgt weit abgeschlagen als zweiter Dortmunder Spieler und überhaupt kann man konstatieren, dass der Kader der Borussia kein ausgesprochener Sprinter-Kader ist. Im Prinzip fehlt es in allen Mannschaftsteilen an flächendeckender Geschwindigkeit.
Das ist für Dortmunds Spiel mit dem Ball zunächst kein großer Malus, hat der BVB doch nach den Bayern ohnehin die längsten Ballbesitzzeiten gesammelt und spielt in der Regel gegen Mannschaften, die im Mittelfeld- oder Abwehrpressing agieren und kaum Raum hinter der letzten Linie für Tiefenläufe bieten. Allerdings beschränkt sich die Bedrohung eben jener Tiefe in der Regel auf Haalands Sprints hinter die Kette, mit allen anderen Spielern ist dieses Stilmittel schon deutlich schwerer umsetzbar.
Dortmunds Offensivansatz braucht weniger Tempo
Kaum überraschend stellt eine darauf spezialisierte Umschaltmannschaft wie Bayer Leverkusen gleich vier Spieler unter den schnellten 20 - allesamt Flügel- oder Schienenspieler. Dortmunds Außenbahn ist dank Thomas Meunier und Nico Schulz auch mit einer ordentlichen Geschwindigkeit bestückt, für einen Spitzenwert reichen die Sprinterqualitäten der beiden aber nicht.
Und Raphael Guerreiro, Dortmunds bester Außenverteidiger, steht quasi stellvertretend für den grundsätzlichen Ansatz der Mannschaft: Der soll Dynamiken durch schnelle Passfolgen und Positionsrochaden erzeugen, individuell generiertes Tempo ist dagegen kein Markenzeichen.
Gegen den Ball fehlen aber einige Optionen
Und auch gegen den Ball beschneidet die fehlende Geschwindigkeit den BVB einiger möglicher Variationen. Während etwa der FC Bayern dank seiner sehr schnellen Innenverteidiger und dem ultra-schnellen Alphonso Davies im Pressing und Gegenpressing mit der letzten Linie sehr hoch ins Feld und bisweilen sogar in die gegnerische Hälfte schieben kann, benötigt die Borussia eine andere Kontersicherung in der Abwehr.
Das erfordert sehr aufmerksame Innenverteidiger, die auf einen angedeuteten Tiefenball sofort fallen, um so ihre möglichen Nachteile im Sprintduell zu kaschieren. Oder aber der BVB schiebt mit der Restverteidigung nicht so nahe an die Mitspieler im Gehgenpresisng heran. Die Folge sind kleine, aber entscheidende Lücken, die gute Gegner zu nutzen wissen, sobald sie sich aus dem Druck in Ballnähe befreien können.
Im Sommer könnte ein kleinerer oder - je nach Ausgang dieser Saison - auch größerer Umbruch im Dortmunder Kader anstehen. Und vielleicht wird dann in der Neuausrichtung des Kaders auch das Thema Geschwindigkeit eine wichtige Rolle einnehmen.
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