Die Bekanntgabe des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall als neuer "Champions Partner" von Borussia Dortmund liegt nun schon fast ein halbes Jahr zurück, die Kritik an dieser Partnerschaft ist aber nicht kleiner geworden. Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Vereins verspricht das Thema nun neuen Zündstoff.

Christopher Giogios
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Christopher Giogios dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Gerade einmal drei Tage vor dem Champions League-Finale gegen Real Madrid gaben Borussia Dortmund und Rheinmetall in einer gemeinsamen Presseerklärung ihre Partnerschaft bekannt. Es ist nicht unüblich, dass in solchen Mitteilungen mal mehr, mal weniger glaubwürdig versucht wird, Gemeinsamkeiten zwischen einem Sponsor und einem Fußballverein zu konstruieren.

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"Taking responsibility" als gemeinsamer Slogan

In dieser Erklärung holte man jedoch ganz weit aus: Nicht weniger als "Sicherheit und Verteidigung" als "elementare Eckpfeiler unserer Demokratie" wurden hier vom Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bemüht. Gleichwohl war der Vereinsführung bewusst, dass der Deal große Kritik hervorrufen würde, weshalb Watzke sich zusätzlich damit zitieren ließ, Borussia Dortmund würde sich nun "ganz bewusst für einen Diskurs öffnen".

Diesen Diskurs bekam der Verein dann auch zu spüren: Bereits im Champions League-Finale wenige Tage später war aus der organisierten Fanszene ein Spruchband zu sehen, das den Kern der Sache adressierte: "Rheinmetall: Mit dem Fußball zum Saubermann-Image? Protecting BVB from sportswashing is our mission!". Das Argument liegt auf der Hand: Der BVB als zweitbekanntester deutscher Verein soll mit seiner Strahlkraft dafür sorgen, so die Kritik, dass das Rüstungsunternehmen Rheinmetall aus der Schmuddelecke in die Mitte der Gesellschaft rückt.

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Die Fans kritisieren das Unternehmen, vor allem aber ihren Verein

Die Argumente der Fans gehen in verschiedene Richtungen: Häufig wird auf das Unternehmen Rheinmetall selbst abgestellt und dabei etwa auf eine unzureichende Aufarbeitung der NS-Vergangenheit (zahlreiche Zwangsarbeiter waren an Rheinmetall-Standorten im Einsatz), Waffenlieferungen an Diktaturen, aber auch das problembehaftete Geschäftsfeld hingewiesen, welches nicht zu den Werten des Vereins passe.

Die Fans sind aber auch unzufrieden mit der Art und Weise, wie die Vereinsführung um Hans-Joachim Watzke und Marketing-Geschäftsführer Carsten Cramer den Deal bekannt gegeben haben. So steht weiterhin der Vorwurf im Raum, der Verein habe öffentlich zumindest suggeriert, dass es im Vorfeld eine Beteiligung von Fanvertretern gegeben habe. Wahr ist, dass im Rahmen des regelmäßig stattfindenden Fanrats, einem Dialogformat zwischen Fanvertretern und Vereinsführung, auf die Anbahnung des Sponsorings hingewiesen und ein Meinungsbild eingeholt wurde.

In den Medien sei aber durch den Hinweis des Vereins auf diesen Dialog der Eindruck entstanden, dass die Fans den Deal befürwortet oder gar abgesegnet hätten – was schon deshalb falsch ist, weil der Fanrat kein derartiges Mandat besitzt. Diese Gemengelage setzte sogar die offizielle BVB-Fanabteilung unter Druck, das öffentliche Missverständnis zu korrigieren.

Auch der Zeitpunkt der Bekanntgabe wird immer wieder kritisch hervorgehoben. Knapp einhundert Fanclubs, Ultragruppen und sonstige Organisationen der "Südtribüne Dortmund" warfen dem Verein in einer Stellungnahme vor, ganz bewusst wenige Tage vor dem Finale an die Öffentlichkeit getreten zu sein, damit "Reaktionen auf diese kontrovers diskutierte Entscheidung durch die Berichterstattung rund um das Champions League-Finale überstrahlt werden sollten".

Die Fanszene fürchtet eine Spaltung durch den Rheinmetall-Deal

Schließlich wird von Fans immer wieder vorgebracht, dass die zahlreichen Diskussionen für eine Spaltung der Fanszene gesorgt hätten. Es soll etwa Anfeindungen gegen Fans gegeben haben, die kritische Spruchbänder zu der Partnerschaft auf der Dortmunder Südtribüne ausgerollt haben. Auch zeigen sich in zahlreichen Diskussionen on- und offline, dass ganz unterschiedliche Ansichten darüber existieren, ob der BVB in der "Zeitenwende" die Aufgabe hat, das Image eines Rüstungsherstellers aufzupolieren.

In Anbetracht von über 200.000 Mitgliedern ist diese Meinungsvielfalt keine große Überraschung. Es ist offensichtlich genau der Diskurs entstanden, den der BVB bereits in seiner ersten Pressemitteilung erwartet hat – ob dieser den Verein beschädigt, bleibt weiterhin die große Frage.

Ein Ende der Auseinandersetzungen ist jedenfalls nicht in Sicht. Am Sonntag findet die alljährliche Mitgliederversammlung des eingetragenen Vereins statt. Auch hier wird Rheinmetall Thema sein: Ein Antrag eines BVB-Mitglieds möchte erreichen, dass die Mitgliederversammlung den Werbedeal missbilligt und eine Nichtverlängerung fordert. Sollte der Antrag eine Mehrheit finden, würde daraus zwar keine Rechtspflicht entstehen, allerdings hätte man der Vereinsführung einen klaren Auftrag mit auf den Weg gegeben. Ob der Antrag Aussicht auf Erfolg hat, ist schwer zu prognostizieren. Fakt ist aber, dass das Thema den BVB und seine Fans weiterhin beschäftigen wird.

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