Der Bundesliga-Restart steht bevor – und die Angst spielt mit. Ein Sportmediziner erklärt, welche Spieler und Betreuer möglicherweise ein erhöhtes Krankheitsrisiko eingehen.
Dortmund gegen Schalke, Union Berlin gegen Bayern München – am Wochenende rollt in der Bundesliga nach gut zwei Monaten Spielunterbrechung wieder der Ball. Einige Fußballprofis spielen dann nicht nur um den Sieg, sondern vielleicht auch gegen die Angst.
Alassane Pléa von Borussia Mönchengladbach sagt: "Einige Teamkollegen sind besorgt und haben Angst, sich mit dem Virus anzustecken, aber wir alle passen auf." Denn alle seien glücklich, die Meisterschaft weiterzuspielen: "Wir vermissen den Fußball, der ist unser Leben."
Sportler gehören nicht zur Risikogruppe – meistens
Welcher Gefahr sind die Spieler überhaupt ausgesetzt, sollte es zu einer Infektion kommen? "Die allermeisten Sportler gehören nicht zu den Hochrisikogruppen", sagt der Sportmediziner Wilhelm Bloch von der Sporthochschule Köln im Gespräch mit unserer Redaktion.
Doch es könnte Ausnahmen geben. Bloch erklärt: "Es gibt durchaus Leistungssportler, die zu einem Bluthochdruck neigen oder kardiovaskulär (Herz und Gefäße, Anm. d. Red.) nicht 100-prozentig aufgestellt sind – möglicherweise auch genetisch bedingt. Das könnte eine Risikokonstellation sein."
Ähnlich sei es bei Spielern, die Probleme mit ihrem Immunsystem haben. "Das ist bei Profisportlern allerdings unwahrscheinlich, weil sie durch den Sport ihr Immunsystem stärken", sagt Bloch.
Risikofaktor Asthma
Eher denkbar ist, dass Personen aus dem Fußball von Asthma betroffen sind. "Das ist eine Lungen-Vorerkrankung. Daher ist von einem erhöhten Risiko auszugehen. Kommt es zu einer Infektion, können akute und bleibende Schäden entstehen", sagt Bloch.
Und wie ist es mit Akteuren, die eine Krebserkrankung hinter sich haben? Heiko Herrlich, heute Trainer des FC Augsburg, hatte vor 20 Jahren einen Hirntumor. Marco Russ, Innenverteidiger von Eintracht Frankfurt, erkrankte vor vier Jahren an Hodenkrebs. Ist der Neustart für solche Personen ein gesundheitliches Risiko?
"Laut derzeitigem Wissensstand zählen Tumorpatienten nicht zu den Risikogruppen", antwortet Bloch. Allerdings gebe es Ausnahmen: "Krebserkrankungen, die das Immunsystem betreffen, haben ein erhöhtes Risiko. Das wäre zum Beispiel bei Leukämie und Lymphomen der Fall."
Sicherheit durch gesundheitliche Checks
Ein Vorteil für die Spieler: Im Gegensatz zu einem normalen Berufstätigen werden Leistungssportler regelmäßig durchgecheckt und wissen daher um ihren Gesundheitszustand.
"Natürlich sind die sportmedizinischen Untersuchungen von jungen Leistungssportlern nicht speziell darauf ausgelegt, alle Risiken darzustellen. Aber wenn es um das Herz oder die Lunge geht, werden die Athleten sehr gut betreut", sagt Bloch.
Das bedeutet: Wenn ein Spieler zur Risikogruppe gehört, weiß er das im Regelfall auch.
Spieler aus der Risikogruppe könnten Spielbetrieb fernbleiben
Und was wäre, wenn ein Spieler Angst hat und nicht am Spielbetrieb teilnehmen möchte?
Laut dem Sportjuristen Jörg von Appen gilt zunächst einmal: Ein Profisportler ist rechtlich dazu verpflichtet, den Training- und Spielbetrieb wieder aufzunehmen, wenn die Vereine alle hygienischen Vorschriften einhalten.
Für Menschen mit Vorerkrankungen könnte es allerdings Ausnahmen geben, wie er bei "Sport 1" erklärte: "Gehört der Spieler selbst einer Risikogruppe an oder gibt es in der häuslichen Familie Risikogruppen, muss man sich den Einzelfall ansehen."
Ohnehin haben einige Vereine wie der FC Schalke 04 und RB Leipzig ihren Spielern freigestellt, ob sie am Spielbetrieb teilnehmen möchten oder nicht.
Großes Risiko für übergewichtige Betreuer
Aber nicht nur die Spieler selbst könnten ein Risiko eingehen. Selbiges trifft auf die Mitarbeiter drumherum zu. Einer der größten Risikofaktoren ist laut Bloch Übergewicht.
Davon sind zwar nicht die Sportler betroffen, möglicherweise aber Personen aus dem Betreuerstab. "Wenn ein Betreuer bei einer Körpergröße von 1,75 Meter vielleicht 110 Kilogramm auf die Waage bringt, ist bei einer Corona-Infektion die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs groß", sagt Bloch.
Sportmediziner rechnet mit weiteren Mannschafts-Quarantänen
Der Sportmediziner betrachtet den Neustart der Bundesliga insgesamt kritisch: "Ich hätte mir gewünscht, dass man die Saison beendet und sich umso besser auf den Spielbetrieb in der kommenden Saison vorbereitet. Jetzt, wenn alles wieder aufgemacht wird, steigt das Infektionsrisiko automatisch."
Das bedeutet für Bloch: "Ich gehe davon aus, dass es weitere Fälle wie Dynamo Dresden geben wird." Heißt also: Er rechnet mit weiteren Infektionen und Quarantänen innerhalb des Profifußballs.
Dass Fußballspieler im Regelfall nicht zur Risikogruppe zählen, sei nicht als Entwarnung zu verstehen.
"Wir wissen zu wenig über die dauerhaften Schäden einer Corona-Infektion", sagt Bloch. Selbst Leistungssportler, die ein gutes Immunsystem und somit einen milden Krankheitsverlauf haben, seien nicht automatisch auf der sicheren Seite.
"Chronische Schäden an der Lunge und am Herzen könnten gleichbedeutend mit einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit sein", stellt Bloch klar. "Das könnte eine Karriere negativ beeinflussen."
Verwendete Quellen:
- Interview mit Sportmediziner Prof. Wilhelm Bloch von der Sporthochschule Köln
- Kicker.de, Risikopatient Bosz: "Ich habe keine Angst"
- welt.de, Die Angst der Spieler um ihre Gesundheit
- Sport1, Profis müssen zum Dienst erscheinen
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